In Zeiten, in denen nahezu alle
jemals gespielten und einigermaßen bedeutsamen Schachpartien auf
Knopfdruck digital zur Verfügung stehen, und beliebig verästelte,
rechnergenerierte Analysen – inklusive weitreichender Kommentare – per
Mausklick abrufbar sind, schlägt dieses Buch einen anderen Weg ein: Den
Nachspielenden soll die Ästhetik des königlichen Spiels in
überschaubarer Art und Weise vor Augen geführt werden.
64 Unsterbliche Schachpartien ist eine
Sammlung schachlicher Kunstwerke aus 400 Jahren Schachgeschichte: Von
den alten Meistern aus der Zeit eines Ruy López im Spanien des 16.
Jahrhunderts – bis in die Gegenwart des aktuellen Weltmeisters Ding
Liren aus China findet man hier nachvollziehbar kommentierte Partien,
die allesamt Geschichte geschrieben haben.
Diese stammen nicht immer aus den
Wettkämpfen der Giganten des Schachsports, denn Glanzpartien wurden über
die Jahrhunderte nicht nur in den großen Turniersälen auf die Bretter
gezaubert. Aber selbstverständlich finden sich hier auch fast alle
Weltmeister der Geschichte, neben den weithin bekannten Heroen wie
Lasker, Capablanca oder Fischer auch die oft vom Vergessen bedrohten
Genies wie Anderssen, Morphy oder Steinitz.
Abgerundet wird die Sammlung durch
historische Abrisse der jeweiligen Schachepochen und Einblicke in die
Biographien der Meister und Meisterinnen hinter den Partien und an den
Brettern.
Die Autoren, Roland Voggenauer und
Carsten Peters, zählen sich zu der Masse der schachbegeisterten
Amateure, denen sie mit dieser Sammlung einen soliden Überblick über die
Perlen des Schachsports geben wollen.
220 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Die Rolle, die insbesondere jüdische
Meisterspieler, Problemkomponisten, Turnierorganisatoren, Verleger,
Autoren und Mäzene für die Entwicklung des Schachs in Deutschland
gespielt haben, ist bislang kaum systematisch zusammengefasst und
illustriert worden. Diesem Manko soll mit diesem Buch ohne Anspruch auf
Vollständigkeit ein wenig abgeholfen werden.
Der Autor – Ulrich Geilmann – war
bislang eher für belletristische Themen bekannt. Seine Einzelwerke
fanden ihre Leserschaft v. a. bei den Schachfans, die das königliche
Spiel einmal aus einer anderen Perspektive erleben wollten. Geilmann
spricht nun wieder den schachhistorisch interessierten Spieler an.
Ulrich Geilmann wurde 1963 in Essen
geboren und wohnt am Niederrhein. Er ist diplomierter Raumplaner und im
öffentlichen Dienst tätig. Als profunder Hobbyschachspieler und Mitglied
der Emanuel Lasker Gesellschaft kennt sich Geilmann in der deutschen
Schachszene gut aus. War er doch zwischen 2007 und 2016 Teamchef einer
Schachbundesligamannschaft und bis 2023 Vizepräsident des
Schachbundesliga e. V..210 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension
von Uwe Bekemann im August 2024
Mit
„Jüdische Schachmeister aus Deutschland“ begibt sich der Autor
Ulrich Geilmann, der seine Autorentätigkeit bislang vor allem auf
belletristische Werke konzentrierte, auf das Gebiet der Sachbücher
zum Schachspiel. Seine neue Arbeit ist 2024 im Joachim Beyer Verlag
erschienen.
Der
Leser erhält Kurzbiografien zu 35 Schachspielern mit deutschen
Wurzeln, soweit sie jüdischem Glaubens waren. Mit Schachspielern
sind dabei nicht nur meisterliche Könner auf den 64 Feldern gemeint,
sondern auch Turnierorganisatoren, Verleger, Autoren und Mäzene wie
auch Problemkomponisten. Sie alle haben die Entwicklung des
Schachspiels in Deutschland mehr oder weniger intensiv beeinflusst.
Zu den Porträtierten zählen sehr bekannte Persönlichkeiten wie
natürlich Emanuel Lasker, Siegbert Tarrasch, Johannes Zukertort,
Jacques Mieses oder Richard Teichmann, aber auch Schachenthusiasten,
deren Namen mir bisher unbekannt waren. Es ist der offenkundig
intensiven Recherchearbeit des Autors zu verdanken, dass auch für
die weniger bekannten Persönlichkeiten so viel Stoff
zusammengetragen werden konnte, dass sich zumindest eine
Kurzbiografie lohnte. Die verwendeten Quellen hat Geilmann jeweils in
Fußnoten bezeichnet, die einer breiten Palette zuzuordnen sind.
Ob
eine porträtierte Persönlichkeit nicht durchgängig in Deutschland
gelebt hat oder vielleicht auch zu einem anderen Glauben konvertiert
ist, spielte keine Rolle in den Aufnahmekriterien des Autors.
Soweit
die Quellenlage dies zuließ, hat Geilmann die Kurzbiografien um
Partien ergänzt, wobei die Kommentierung aus seiner eigenen Feder
stammt. Die Beschäftigung mit diesen Duellen, die teilweise schon
(mehrfach) in der Literatur abgebildet worden sind, dient der
Unterhaltung des Lesers, aber auch der Veranschaulichung, wie hoch
die Leistungen der alten Meister teilweise auch heute noch
einzuschätzen sind. Ebenfalls der Unterhaltung, aber auch der
Herausforderung des Lesers, dienen insgesamt 55 an diesen gerichtete
Schachaufgaben, die Geilmann aus dem Wirken des jeweils Porträtierten
abgeleitet hat. Entsprechend kommt auch die Beschäftigung mit dem
Schachspiel selbst in diesem Buch nicht zu kurz.
In
Ergänzungen werden dem Leser weitere Personen nähergebracht, für
die der Autor kein eigenes Kapitel einfügen konnte. Auch in diesen
Fällen wirkt er einem Vergessen in der Schachwelt entgegen.
„Jüdische
Schachmeister aus Deutschland“ ist kein politisches Buch, aber es
ist ein Buch, das der Politik näher kommt als die meisten anderen
Schachbücher. Ich habe oben schon erwähnt, dass Geilmann seine
Kurzporträts unabhängig davon erstellt hat, ob die Porträtierten
durchgängig in Deutschland gelebt haben oder den jüdischen Glauben
im Laufe ihres Lebens abgelegt haben. Diese Entscheidung ist
natürlich vollends nachvollziehbar, denn beispielsweise eine
Auswanderung oder auch eine Abkehr vom Glauben konnte allein die
Konsequenz aus Verfolgung, Entrechtung und Gefahr für Leib und Leben
der Menschen sein, die ihnen in Deutschland drohten. Nicht von
ungefähr fallen zahlreiche Auswanderungen in die Zeit des
(aufziehenden) Nationalsozialismus.
Ulrich
Geilmann hat ein sehr informatives und auch unterhaltsames Werk
geschaffen, das eine bisher in der Literatur klaffende Lücke
geschlossen hat. Und er sorgt dafür, dass die Anstrengungen und
Leistungen der jüdischen Schachmeister, denen das Schachspiel in
Deutschland sehr viel zu verdanken hat, in Ehren gehalten und nicht
vergessen werden.
Fazit:
Ich empfehle dieses Werk jedem Schachfreund, der auch
schachhistorisch interessiert ist.
Alexander Aljechin (1892–1946), der 4. Schachweltmeister, hat ein Leben voller Höhen und Tiefen durchlebt. Geboren als wohlhabender russischer Aristokrat, verlor er durch die Oktoberrevolution Hab und Gut und suchte – von brennendem Ehrgeiz getrieben – sein Heil auf den 64 Feldern des Schachbretts, wo er schon früh eine außergewöhnliche Begabung zeigte. Seine Genialität entlud sich in zahllosen brillanten Partien und glanzvollen – aber positionell untermauerten – Kombinationen, bis heute zählt er zu den überragenden Angriffsspielern der Schachgeschichte. Aber auch durch seine Kommentierungskunst hat er nachhaltige Zeichen gesetzt, seine Partiesammlungen und Turnierbücher bieten eine zu seiner Zeit erstaunliche Fülle an Analysen, die selbst heutige Leser noch zu faszinieren vermögen. Seinem schachlichen Genie stehen die menschlichen Schwächen gegenüber, er galt als egozentrisch und jähzornig, entwickelte eine verhängnisvolle Neigung zu Alkohol und Nikotin, und er kollaborierte mit den Nazis. Von der Schachwelt geächtet, starb er krank, verarmt und einsam in einem portugiesischen Seebad. Der Autor skizziert in diesem Buch die Vita dieser widersprüchlichen und schillernden Persönlichkeit, deren schachliche Leistungen die Zeiten zweifellos überdauern werden. 1. Auflage 2012, 128 Seiten, gebunden
Er hatte einen höheren Intelligenzquotienten als Albert Einstein und war die schillerndste Figur des Schachs. Kein Weltmeister beeinflusste das Spiel so wie Bobby Fischer. Gleichwohl war der Amerikaner auch umstritten wie kein anderer Schachspieler. Der Berliner Schachpublizist Dagobert Kohlmeyer beschreibt in diesem Buch die Glanzleistungen und verschiedenen Facetten des Genies. Er zeigt das Profil eines Menschen, der auf seinem Spezialgebiet Außergewöhnliches leistete und die größten Triumphe feierte, aber im normalen Leben nicht zurechtfand. In der Schacharena wurde Bobby Fischer bewundert, für sein eigensinniges Verhalten erntete er Kopfschütteln.Nach dem WM-Sieg 1972 tauchte Fischer unter, hatte Psychosen und schockierte die Welt mit bizarren politischen Äußerungen. Zeit seines Lebens war er auf der Flucht vor der Wirklichkeit. Eine Heimat hatte der Ruhelose nicht. Das bestätigten dem Autor viele Persönlichkeiten, die Fischers Weg kreuzten. Sein Zuhause war allein das Schach. Bobby Fischers wahres Testament sind seine genialen Partien.
190 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension:
Nicht nur Schachspieler halten Bobby Fischer (1943-2008) für die fähigste und zugleich kontroverseste Figur der jüngsten Schachgeschichte. Er gehört für immer zu den größten Stars des Sports wie Muhammad Ali, Björn Borg oder Mark Spitz. Genie und Wahnsinn zeichnen ihn aus und wie kaum ein anderer polarisiert er über seinen Tod hinaus bis heute die öffentliche Meinung. Der Autor legt eine fesselnd geschriebene Biografie vor, die die wichtigsten Stationen des Weltmeisters von 1972 von vielen Seiten beleuchtet. Ergänzt durch Erinnerungen einiger Zeitgenossen Fischers, z.B. von Boris Spasski. Der Autor webt hier wichtige Partien Fischers in seinen Ausführungen mit ein, die insbesondere aktiven Spielern einen Einblick in Fischers Virtuosität gewähren. Carl Münzel , im Juni 2013
Rezension:
Dagobert Kohlmeyer ist der bekannteste Schachjournalist im deutschsprachigen Raum und einer der fleißigsten. Jetzt hat er ein Buch über Bobby Fischer vorgelegt. Um es gleich vorweg zu sagen: Es ist ein großartiges Buch: facettenreich, spannend, teils tiefschürfend – teils locker erzählend, fehlerkorrigierend, klischeeabbauend und im unnachahmlichen Stil des Autors so geschrieben, dass das Lesen zum Genuss wird.
Mit diesem Buch wird das Leben des vielleicht größten, sicherlich aber faszinierendsten Schachspielers aller Zeiten durchmessen. Fischer war eine schillernde Figur mit großartigen Licht- aber auch gravierenden Schattenseiten. Beides, das Positive und das Negative seiner Persönlichkeit, wird im Buch herausgearbeitet. Fischer war einerseits auf geniale Weise extrem im Schach und andererseits auf erschreckende Weise extrem außerhalb des Schachs. Experten haben ihn als schizoid bezeichnet, ausgestattet mit übergroßer Ich-Bezogenheit und ausgeprägtem Verfolgungswahn. Manche seiner Meinungen konnte man nicht nur nicht teilen, sondern musste sie verabscheuen. So leugnete er etwa den Holocaust und applaudierte den Terroristen des 11. September.
Mit dieser ihm eigenen Mischung aus Fähigkeit und Exzentrizität schaffte es Fischer, Schach immer zu etwas Besonderem zu machen, er musste sich nur ans Brett setzen. Seiner Aura konnten sich auch jene nicht entziehen, die einen etwas entfernteren Bezug zum Spiel hatten. Das Buch geht auch der Frage nach, warum das so war.
Für mich war es Fischers 1972er Wettkampf gegen Spasski in Reykjavik, der die Grundlage für mein bis heute anhaltendes Interesse für das Schach in zahlreichen seiner Facetten legte, von Kunst und Wissenschaft bis Sport, Spiel und Spannung . Weltweit nahmen viele Menschen, und nicht nur Schachfans, an diesem Ereignis Anteil. Ein solches Echo fand dieser Zweikampf, dass die Berichterstattung über die Geschehnisse auf einer kleinen europäischen Insel in der New York Times zeitweise die Meldungen über den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf auf Seite 2 verwies. Es war die Goldene Ära des Schachs. Es war das, was Bobby Fischer mitnahm, als er ging.
Vorausgegangen war die aus heutiger Sicht nur als monumentaler Fehler zu bezeichnende Entscheidung der FIDE, Fischer 1975 den Weltmeistertitel abzuerkennen. Natürlich war die Entscheidung formal korrekt, bewirkte aber, dass die Schachwelt auf Jahrzehnte dem ausgefallenen Match zwischen Fischer und Karpow nachtrauerte. Ein Match, das laut Anatoli Karpow nicht normal hätte enden können „Entweder sie schleppen mich ins Krankenhaus oder ihn ins Irrenhaus.“ Das ist sicher übertrieben, zeigt aber doch, welch epische Titanenschlacht auch er erwartete.
Viele Weggefährten Bobby Fischers und andere, am Schachgeschehen Beteiligte kommen im Buch zu Wort und liefern auch bisher noch unbekannte Details, interessante Einschätzungen, unterhaltsame Episoden aus dem Leben Fischers im und außerhalb des Schachs. Das Buch profitiert hier enorm davon, ja es gibt ihm ein Alleinstellungsmerkmal, dass sein Autor mit den meisten herausragenden Persönlichkeiten des Schachs der letzten Jahrzehnte bekannt ist oder war, mit vielen sogar befreundet. So hat er auf dem kurzen Dienstweg oft leichten, jedenfalls aber überhaupt Zugang zu Personen, die über Bobby Fischer Lesenswertes beizutragen vermögen.
Zudem scheut sich D. Kohlmeyer bei Interviews nicht, fernab ausgetretener Pfade, unkonventionelle Fragen zu stellen. All das macht das Buch zu einem echten Kohlmeyer. Die Persönlichkeit des Autors schimmert an vielen Stellen erfreulich durch, da auch einige seiner Erlebnisse zur Sprache kommen.
Nach dieser Einschätzung, hier noch ein paar Fakten zum Buch im Kurzdurchlauf: Es enthält 48 Kapitel auf 190 Seiten, 51 Abbildungen in Schwarz/Weiß, 8 vollständige Partieanalysen von Fischers Partien gegen Byrne, Tal, Benkö. Petrosjan und Spasski, teils mit den immer lehrreichen Anmerkungen von Artur Jussupow.
Ferner gibt es ausführliche Interviews mit Fischer Biograph Frank Brady, dem kürzlich verstorbenen Fischer-Freund und Schachschiedsrichter des Jahrhunderts Lothar Schmid, dem Matchdirektor beim Fischer-Comeback Janos Kubat, Ex-FIDE-Präsident Fridrik Olafsson, sowie weitere Gespräche mit zahlreichen Zeitzeugen wie Jewgeni Wasjukow, Vlastimil Hort, Juri Awerbach, Anatoli Karpov nebst einschlägiger O-Töne von Viswanathan Anand, Peter Leko, Boris Spasski u.a.
Obwohl ich bereits viel über Fischer gelesen habe, konnte ich dennoch manches hinzulernen und fand insbesondere die Darstellung von Fischers Jahren im Untergrund, die Informationen über seine Mutter und Herbert Bastians erstaunliche Funde über Fischers berühmten und bisher als Patzer in die Schachgeschichte eingegangenen Läuferzug gegen Spasski faszinierend, um nur einmal drei Aspekte zu benennen.
Letztlich gilt gerade auch bei Bobby Fischer der Satz des Autors in seinen Danksagungen am Ende des Buches: „Selbst wenn man sich viele Jahre mit Bobby Fischer beschäftigt hat, überrascht er einen immer wieder aufs Neue. Ganz ergründen wird man das Wirken des 11. Weltmeisters der Schachgeschichte wohl nie.“
Diese Sätze münden in die letzten Worte des Autors im Buch: „Bobby, see you later.“
Sie sind berührend und sagen viel auf einmal.
Professor Christian Hesse, Im Mai 2013
Magnus Carlsen ist stärkster Schachspieler der Gegenwart. In überlegener
Manier gewann der Norweger Ende 2013 das WM-Match gegen Viswanathan
Anand und läutete damit eine neue Ära ein. Carlsens Spiel zeichnet sich
durch Originalität und Gedankentiefe, große Dynamik und Präzision aus.Noch
ehe der Großmeister mit 22 Jahren die Schachkrone eroberte, zählte ihn
das US-Magazin „Time" zu den hundert berühmtesten Menschen der Erde.
Garri Kasparow schrieb: „Ich hatte Gelegenheit, Carlsen zu trainieren.
Sein intuitiver Stil bewahrt das Geheimnisvolle des Schachs. Er ist
ebenso charismatisch und unabhängig wie talentiert. Wenn er die
Faszination für das Schach wiedererweckt, werden wir bald in der
Carlsen-Epoche leben." Diese Worte sind nun Realität.Der bekannte
Berliner Schachpublizist Dagobert Kohlmeyer beschreibt in diesem Buch
Magnus Carlsens Weg vom Wunderkind bis zum Weltmeister. Dabei zeichnet
er den kometenhaften Aufstieg eines jungen Schachspielers nach, der am
Brett gnadenlos, aber im normalen Leben durchaus freundlich sein kann.Fünfzig
ausgewählte Partiebeispiele belegen Carlsens meisterhaftes Können und
sein einmaliges Schachverständnis. Sie sind chronologisch geordnet: von
den Frühwerken bis zu allen WM-Begegnungen mit Anand sowie dem ersten
Turnier nach dem Titelgewinn. Etliche Spiele hat der Figurenkünstler
selbst erklärt, interessante Kommentare speziell für das Buch steuerte
Großmeister Artur Jussupow bei.
unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 2014, vormals ISBN 978-3-940417-57-2
240 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
1929 betritt Malik Mir Sultan Khan die Weltbühne und erspielt sich bemerkenswerte Turniererfolge. Der junge Mann, der zu dem Gefolge eines indischen Diplomaten gehört, zählt vorübergehend zu den zehn besten Schachspielern der Welt. Die erstaunliche Karriere endet abrupt im Jahre 1933. Khan kehrt zusammen mit seinem Herrn nach Britisch-Indien zurück. Er verstirbt dort im Jahre 1966, ohne dass er noch einmal international in Erscheinung trat. Dieses Buch zeichnet den außergewöhnlichen Lebensweg dieses Schachmeisters, soweit es die schmale Quellenlage zulässt, nach.
Ulrich Geilmann (Aljechin – Leben und Sterben eines Schachgenies, Aljechins Ring – Operation Botwinnik) wurde 1963 in Essen geboren und wohnt am Niederrhein. Er ist diplomierter Stadtplaner und im öffentlichen Dienst tätig. Geilmann ist Hobbyschachspieler, Vizepräsident des Schachbundesliga e. V. und Mitglied der Emanuel Lasker Gesellschaft. Er war Teamchef einer Schachbundesligamannschaft und berichtet mit einem launigen Erzählstil regelmäßig im Internet über seine Erlebnisse auf Schachturnieren und abseits der Bretter.224 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Jörg Palitsch im Juni 2018
Es gibt in diesem Buch ein Foto des Schachspielers Malik Mir Sultan Khan, das sich von allen anderen Fotos unterscheidet: Der Inder sitzt lächelnd vor einer Siegertrophäe. Auf den zahlreichen anderen Fotos sieht man ihn hochkonzentriert oder es sieht manchmal auch so aus, als ob er nie richtig dazugehört. Etwa auf einem Foto, das ihn mit Vera Menchik, Géza Maróczy und Alexander Aljechin zeigt, gegen den Sultan Khan mit den schwarzen Figuren spielt. Der Inder schaut etwas abwesend drein.
Das Lächeln auf dem Siegerfoto mag dagegen dadurch ausgelöst worden sein, dass Sultan Khan zu diesem Zeitpunkt, August 1932, die Britischen Meisterschaft mit 8,5/11 Punkten in London gewonnen hatte, vielleicht auch, weil er wusste, dass er seinen Zenit erreicht hatte. Tatsächlich war der Inder aber bescheiden, zuvorkommend und spielte nur für den Diplomaten Nawab Malik Sir Umar Hayat Khan Tiwana, zu dessen Gefolge er als Diener gehörte und der ihn mit nach England brachte.
Ulrich Geilmann hat nach zwei Büchern, in denen Aljechin im Mittelpunkt stand, ein drittes Buch über Malik Mir Sultan Khan geschrieben. Er rückt den Meisterspieler damit wieder in das Licht der Schachöffentlichkeit, die zum größten Teil nichts über den Inder weiß, der vorübergehend aber zu den zehn besten Schachspielern der Welt zählte und die Szene in England mit seinen Erfolgen kräftig durcheinanderbrachte.
Der Autor, unter anderem Vizepräsident der Schachbundesliga, greift, wie auch in seinen beiden Büchern zuvor, in „Der indische Meister Malik Mir Sultan Kahn, Leben und Wirken“ zu einem literarischen Trick. Er schlüpft in die Rolle eines Samuel Ian Bradshaw, der in der Ich-Form über eine Schiffsreise berichtet, auf der er Sultan Khan kennenlernt. Dieser befindet sich nach seinen Erfolgen in England auf der Rückreise in seine Heimat und damit sind die Grundlagen für die Geschichte gelegt.
Geilmann grenzt die Geschichte zeitlich sehr eng ein und beginnt sie zu erzählen als sie im Grunde schon vorbei ist. In einer Anmerkung zum Auftakt des Buches weist der Autor den Leser auch darauf hin, dass die Handlung frei erfunden ist und es sich bei dem Buch um reine Unterhaltungsliteratur handelt, die sich zwar auf historische Fakten berufen kann, gleichzeitig aber fiktive Elemente enthält. Dieser Kniff macht es einfach, Figuren auftreten zu lassen, die gar nicht existieren und Gespräche wiederzugeben, die gar nicht stattgefunden haben.
Der Verlauf der Story erleidet dadurch allerdings keinen Nachteil, ganz im Gegenteil. Es wird ein überaus sympathisches Bild von Sultan Khan gezeichnet, der, geboren 1905, in jungen Jahren zunächst die indische Schachvariante erlernte. Geilmann lässt dies die Hauptfigur geschickt selbst erklären, was durchaus authentisch wirkt. So kennt das indische Schach keinen Doppelschritt des Bauern von der Grundstellung aus. Ebenso kann der Bauer, wenn er die letzte Reihe erreicht hat, nicht beliebig umgewandelt werden, sondern immer nur in die Figur, die zu Partiebeginn auf dieser Linie stand. Sultan Khan musste sich also nicht nur auf das europäische Schach einstellen. Fremd waren ihm auch, so Geilmann in seiner Geschichte, die Notation, die Lehre der Eröffnungen und das Positionsspiel. Der Inder war vielmehr ein Meister des Endspiels, er spielte intuitiv und konnte eine für ihn verloren geglaubte Partie doch noch in einen Sieg wenden.
In England explodierte Sultan Khan förmlich. Im Tabellenteil lässt sich nachlesen, wie der Inder ab 1928 an die Spitze rückte und erste Plätze bei der Britischen Meisterschaft in Ramsgate 1929, in Cambridge 1932, in Hastings 1933 und 1935 in Delhi erzielte. So schnell und intensiv der schachspielende Diener auf sich aufmerksam machte, so schnell war er nach der Rückkehr mit seinem Herrn nach Britisch-Indien auch schon wieder vergessen. International trat Sultan Khan nie mehr in Erscheinung, er verstarb 1966.
Der Autor lässt den Leser mit der Geschichte nicht allein. Neben Partiefragmenten und Analysen gibt es eine umfangreiche Sammlung von über 180 Partien, die der Inder in der Zeit von 1928 bis 1935 gegen die führenden Schachspieler ausgetragen hat. Spielt man diese Partien nach, spürt man etwas von der Intuition Sultan Khans, der oft mit einem hoch aufgetürmten Turban am Schachbrett saß. Ulrich Geilmann bezieht am Ende auch Stellung. So habe der Weltschachverband 1950 offiziell 27 noch lebenden Weltklassespielern den Titel „Großmeister“ verliehen. „Khan hätte den Ehrentitel ebenfalls verdient“.
Fazit: Ulrich Geilmann hat die dürre Quellenlage über Malik Mir Sultan Khan gekonnt ausgeschöpft und daraus eine Geschichte im Plauderton gezimmert, ohne geschwätzig zu wirken. Lobenswert ist die Partien-Sammlung, die einem den vergessenen Schachspieler näherbringen und zeigen, wie schnell sich Khan mit den Spieltechniken auf der europäischen Schachbühne zurechtfand und Erfolg hatte.
Alexander Koblenz stellt in seinem Buch eine Reihe selbstloser Romantiker, ja glühender Fanatiker vor, die trotz der verächtlich herablassenden Haltung ihrer Umgebung, trotz der zermürbenden Kämpfe am Schachbrett und der im Alter drohenden Armut ihrem geliebten Beruf in einem jahrzehntelangen schweren Lebenskampf unverbrüchlich die Treue hielten.
Zu diesen Bekennern gehört auch der Autor des vorliegenden Buches. Als junger Mann verzichtete er auf eine ehrenvolle, gesicherte Laufbahn und wandte sich, von der Verständnislosigkeit seiner Umgebung begleitet, einer ungewissen Zukunft entgegen. Auf dem dornigen Lebensweg eines Berufsschachmeisters erfuhr er alle damit verbundene Unbill, zweifelte aber keinen Augenblick an der Richtigkeit seiner Wahl.
Vielseitig begabt und kämpferisch von Natur, hat Alexander Koblenz auch als Schachjournalist und Schachtrainer Hervorragendes geleistet. Er war es, der Michail Tal auf dem Weg von der Schulbank zur Weltmeisterschaft als Ratgeber begleitete. Gerade in seiner Eigenschaft als Pädagoge bewährte er sich ganz besonders – dank seiner Herzensgüte, seiner ständigen Hilfsbereitschaft und der seltenen Fähigkeit, ganz im Schüler aufzugehen.
244 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Uwe Bekemann im März 2015
Mit dem Namen Alexander Koblenz verbindet man als erfahrener Schachanhänger drei Dinge:
1.Starker sowjetischer Großmeister.
2.Autor mehrerer ausgezeichneter Schachbücher.
3.Langjähriger Trainer von Michail Tal.
In seinem Buch „Schach lebenslänglich“ kommt alles von dem zusammen. Das Werk ist jüngst in seiner 3. Auflage als Imprint des Schachverlags Ullrich im Joachim Beyer Verlag erschienen. Es trägt den Untertitel „Erinnerungen eines Erfolgstrainers“.
In seinen Vorauflagen habe ich das Buch nicht gekannt. Für mich waren seine Inhalte somit Neuland, soweit ich im Laufe der Jahrzehnte nicht aus anderen Quellen etwas dazu erfahren habe. Es gehört zu jenen Werken, die ich im Zuge der Vorbereitung dieser Rezension komplett durchgearbeitet habe, wobei aber nicht wirklich von Arbeit zu sprechen ist. „Schach lebenslänglich“ ist ein Lesebuch zum Schach, bereichert um etliche herausragende Beispiele aus der Turnierpraxis (im Wesentlichen Partieauszüge, in denen etwas ganz Besonderes passiert ist). Das Buch ist so interessant und fesselnd geschrieben, dass ich gerne alles daraus erfahren wollte.
Koblenz schildert zahlreiche Momente der Schachgeschichte, die er persönlich miterlebt hat. Kurioses, Witziges, Spannendes, Ärgerliches, Erstaunliches – alles findet seine Plätze im Werk. In den meisten Fällen war er Beteiligter oder Zeuge eines Vorgangs, sodass er dem Leser alles quasi aus erster Hand liefern kann.
Meine Lieblingsepisode hat er allerdings nicht als Zeitzeuge begleitet, sondern „nur“ selbst erfahren, und zwar von Eduard Lasker. Sie betrifft dessen Namensvetter, Ex-Weltmeister Emanuel Lasker. Ich möchte sie kurz schildern:
Während einer Atlantikreise forderte ein Fahrgast ihn (Anmerkung UB: Emanuel Lasker) zu einer Schachpartie auf. Lasker erzählte dem neuen Bekannten, auch er habe seinerzeit gern Schach gespielt.
„Dann gebe ich Ihnen eine Dame vor“, sagte der Reisegefährte, der das Interesse des Neulings wecken wollte. Lasker willigte ein und verlor zwei Partien nacheinander.
„Das Spiel ohne Dame“, sagte er darauf zu seinem Partner, „scheint gewisse Vorteile zu bieten, vielleicht deshalb, weil der König in der Ausgangsstellung nicht durch die Dame in seiner Bewegungsfreiheit behindert wird. Gestatten Sie, dass jetzt ich ohne Dame spiele!“
„Das ist ja lächerlich!“ antwortete der Passagier. „Ich habe Sie zweimal ohne Dame besiegt, und jetzt wollen Sie mir vorgeben! Das ist absurd!“
Lasker blieb jedoch bei seinem Vorschlag. Schließlich willigte der Partner ein, verlor einige Partien.
Diese Zeilen und deren Fortsetzung finden sich im Übergang der Seiten 198, 199.
Den klaren Schwerpunkt im Werk bilden die Erzählungen, die das Verhältnis und die Zusammenarbeit Alexander Koblenz / Michail Tal betreffen. Koblenz hat den auch in Deutschland sehr beliebten Ex-Weltmeister von jungen Jahren an betreut und ihm große Dienste geleistet, um Weltmeister zu werden sowie zahlreiche andere große Erfolge zu erzielen. Ein wenig erinnert die Beziehung zwischen beiden an ein Vater-Sohn-Verhältnis, Tal tituliert seinen Trainer respektvoll als „Maestro“. Als Leser spürt man, dass Koblenz emotional gebunden ist, wenn seine Erzählungen Michail Tal betreffen. Es ist wie eine schützende Hand, die er über seinen Schützling hält, selbst beim Schreiben von „Schach lebenslänglich“.
Emanuel Lasker, Eduard Lasker, Alexander Aljechin, Efim Bogoljubow, Leonid Bronstein, Juri Awerbach, Michail Botwinnik, Bobby Fischer, Paul Keres, Max Euwe – dies ist nur eine Auswahl der großen Namen der Schachgeschichte, zu denen der Leser viel erfährt, oft auch sehr Menschliches.
Die erwähnten Beispiele aus der Turnierpraxis betten sich durchgehend in den Text ein. So entsteht ein symbiotisches, ein inhaltlich sehr harmonisch gestaltetes Werk.
Und wenn Sie eine Vermutung haben sollten, wie die Beispiele aus der Praxis Michail Tals überwiegend aussehen: Ja, diese trifft zu! Spektakuläre Opferwendungen und Bewunderung auslösende Kombinationen, das Salz in der Suppe der besonderen Partien und eine Spezialität des Ex-Weltmeisters, in „Schach lebenslänglich“ finden sie eine neue Präsentationsplattform.
Fazit: „Schach lebenslänglich“ ist ein Werk, das gleichermaßen unterhält wie informiert. Es widmet sich in erster Linie Personen und Episoden der Schachgeschichte, mit einem besonderen Schwerpunkt zu Michail Tal. Die Gegenstände der Beschreibungen stammen zumeist aus dem persönlichen Erleben des Autors.
Auf den Punkt gebracht ist das Werk ein Schach-Lesebuch, in dem sich Beispiele aus der Spielpraxis in die Unterhaltung eingliedern.
Ich empfehle dieses Buch demjenigen zum Kauf, der Plaudereien mit historischem Hintergrund mag.
Paul Charles Morphy gehört, verglichen mit berühmten Zeitgenossen wie Adolph Anderssen oder Howard Staunton, eher zu den ,rätselhaften’ Spielerpersönlichkeiten der Schachgeschichte. Ein solches Schicksal bleibt zumeist jenen Größen vorbehalten, in deren Lebenslauf es früher oder später heißt: zeigte psychische Auffälligkeiten; kapselte sich zusehends ab; wurde schwermütig, ein Sonderling, ein Einzelgänger …
Kurz – all jenen, die höchst unfreiwillig die Volksweisheit zu nähren und sie somit am Leben zu erhalten haben, gemäß derer Wahnsinn und Genie dicht beieinander liegen.
Nun ist es nicht das Ziel dieses Buch, die mehr oder weniger obskuren Bereiche von Morphys Leben auszuleuchten, schließlich ist es keine psychologische Studie, sondern ein Schachbuch. Und in diesem soll keine Seelenforschung betrieben werden, sondern es soll einzig und allein um eine möglichst verlässliche Beantwortung der Frage gehen, was es denn nun mit dem Schachspieler Morphy tatsächlich auf sich hatte.
Zu diesem Zweck hat der Autor – ein Schachhistoriker, dessen Interesse schon immer speziell jenem amerikanischen ,Superstar’ des 19. Jahrhunderts galt, der wohl mit Recht als einer der ,ungekrönten Weltmeister’ angesehen werden darf – nicht nur 100 von dessen aussagekräftigsten Partien zusammengetragen, sondern auch sehr detailliert dessen Lebensweg nachgezeichnet – und zwar von der Entdeckung des Wunderkindes bis hin zu seinem frühen Tod.
Das Ergebnis ist ein überaus lebendiger Einblick in einen äußerst interessanten Abschnitt der Schachgeschichte, der es sicherlich nicht verdient hat, schlichtweg in Vergessenheit zu geraten.
148 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Jörg Palitzsch im April 2018
Der 1837 in New Orleans geborene und mit nur 47 Jahren an einem Schlaganfall gestorbene Paul Charles Morphy gilt als einer der größten Schachspieler. Er spielte in der kurzen Zeit seines Wirkens Partien, die zu den schönsten zählen. Der Autor Otto Dietze hat mit „Schachphänomen Paul Morphy“ ein stimmiges Bild über den Amerikaner geschrieben und einen Einblick in dessen Spielkunst gegeben. Im April 2017 feierte Dietze seinen 90. Geburtstag, er hat sich als Publizist und Übersetzer russischer und englischer Schachliteratur einen Namen gemacht. Im speziellen hat er sich mit Forschungen über Paul Morphy beschäftigt, was in dem Buch kenntnisreich zutage tritt. Zwar ist der Text in verkürzter Form bereits 1996 in der Rochade Europa erschienen, wurde aber für die erste Buchauflage von dem Schachbuchautor Lothar Nikolaiczuk überarbeitet und ergänzt.
Herausgekommen ist eine Lebensbeschreibung Morphys, die sich nicht allein an den biografischen Daten abarbeitet. Dietze verknüpft Fakten des Amerikaners mit 100 kommentierten Parteien. Ohne Effekthascherei, der man bei Paul Morphy schnell erliegen könnte, ist es eine spannende Erzählung über einen ungewöhnlichen Schachspieler, der als der „ungekrönte Weltmeister“ gilt. Morphys internationale Schachkarriere währte kaum sechs Monate, als er ab Juni 1858 in England und Frankreich alles besiegte, was Rang und Namen hatte. Darunter Adolf Anderssen, der ebenfalls als „ungekrönter Weltmeister“ galt. Das Ergebnis des Wettkampfes in Paris war deutlich. Morphy gewann mit 7:2 bei zwei Remis. Zu einem Duell mit Howard Staunton, der zwischen 1843 und 1851 als stärkster Schachspieler der Welt galt, kam es unterdessen nicht. Der Engländer ging ihm geschickt aus dem Weg.
So kehrte Paul Morphy im Mai 1859 nach New York zurück und ihm wurde einen triumphaler Empfang bereitet. Trotz allen Erfolges nahm er an keinen offiziellen Wettkämpfen mehr teil. Bis zu seinem frühen Tod wurde er schwermütig und litt an Verfolgungswahn.
Fazit: Eine von Max Euwe kommentierte Partie Morphys gegen De Riviére, eine von Morphy kommentierte Partie zwischen McDonnell und Labourdonnais sowie 20 Aufgaben über Schlusskombinationen des weltmeisterlich spielenden Amerikaner runden den positiven Eindruck des Buches ab.
Rezension von Heinz Däubler im Juni 2017Paul Morphy – Ein SchachphänomenIm Vorgriff auf die 180. Wiederkehr des Geburtstags des „ungekrönten Weltmeisters“ Paul Charles Morphy ist 2016 im Joachim-Beyer-Verlag Otto Dietze „Schachphänomen Paul Morphy“ erschienen. Der Verlag kann sich glücklich schätzen, mit dem Schachhistoriker Otto Dietze – ehrenamtlicher Schachtrainer, der schon 20 Schachbücher aus dem Russischen und Englischen übersetzt hat – einen Experten gewinnen zu können, dessen Interesse schon immer dem amerikanischen Schach-Superstar des 19. Jahrhunderts galt und sich als Mitglied des Förderkreises für Schachgeschichtsforschung speziell mit Forschungen über PaulMorphy beschäftigt hat.Das vorliegende Büchlein ist umso wertvoller, als es nur eine bescheidene Anzahl von meist vergriffenen Büchern gibt, die sich mit Leben und Spiel des genialen Amerikaners beschäftigen. Anhand von 100 augewählten Partien, die der bekannte Schachbuchautor Lothar Nikolaiczuk unter Nutzung moderner Schachprogramme kritisch durchleuchtet hat, wird das schachliche Vermächtnis Morphys und sein Leben abgebildet. Zur Klarstellung sei vermerkt, dass es sich hierbei nicht um eine psychologische Studie, sondern in erster Linie um ein Schachbuch handelt.Als Quintessenz der angebotenen Partien lassen sich einige Schlussfolgerungen ziehen, die für den Schachspieler von heute durchaus lehrreich sind. So kann festgestellt werden, dass die wunderbaren Kombinationen Morphys nicht aus dem Nichts kommen, sondern Ergebnis eines gediegenen Positionsverständnisses sind. Was dessen Klarheit anbelangt, war er seinen Zeitgenossen wohl 50 Jahre voraus. Dabei hat er Mittel angewendet, die auch heute zu beachten sind:- Rasche Figurenentwicklung- Eroberung des Zentrums- Einsatz von BauernhebelnFazit: Ein bemerkenswertes Buch über Leben und schachliches Wirken des besten Spielers des 19. Jahrhunderts und unbedingt lesenswert.
Rezension von Uwe Bekemann im Mai 2016
Mit „Schachphänomen Paul Morphy“ hat der Joachim Beyer Verlag als Imprint des Schachverlags Ullrich eine Neuerscheinung mit Alleinstellungspotenzial herausgebracht. Sein Autor ist der Schachhistoriker Otto Dietze, den schachlichen Teil hat der bekannte Autor Lothar Nikolaizcuk überarbeitet – überarbeitet deshalb, weil das Werk auf Material beruht, das die Zeitschrift Rochade bereits im Jahr 1996 veröffentlicht hat.
Das Werk ist eine lebendige und unterhaltsame Hommage an Paul Morphy, der vor rund 150 Jahren als weltbester Schachspieler angesehen wurde. Es bildet eine Einheit aus 100 Partien des Meisters, von denen sehr viele kommentiert sind, persönlichen und schachhistorischen Daten, narrativen Elementen und etwas Fotomaterial. Überwiegend sind die Partien mit Textkommentaren versehen, teilweise auch im Informator-Stil, also um Schachsymbole ergänzt, kommentiert worden.
Abgerundet wird der Inhalt um 20 an den Leser gerichtete Aufgabenstellungen, die er im „Morphy-Stil“ absolvieren soll. Auch dieses Element erfüllt in meinen Augen einen Auftrag zur Unterhaltung, ein Schulungsanspruch ist damit nicht verbunden.
Morphy, der schon in sehr jungen Jahren sein meisterliches Spiel zeigte und dem ein nur kurzes Leben von rund 47 Jahren beschieden war, zeigt sich im Porträt des Werkes als außergewöhnlicher Spieler, der in Sachen des positionellen Verständnisses den Kontrahenten seiner Zeit voraus war, und als angenehmer sowie ehrenhafter Mensch. Seine Sehnsucht nach einem Match gegen Howard Staunton, das ihm die Chance gegeben hätte, in den Augen der Öffentlichkeit als – allerdings inoffizieller, weil es den Titel noch nicht gab – Weltmeister angesehen zu werden, blieb unerfüllt.
Auch andere Größen der damaligen Zeit, darunter auch Staunton und Anderssen, werden im Werk charakterlich beschrieben. Staunton kommt dabei nicht allzu gut weg, Anderssen dagegen umso besser. Staunton hat sich wohl auf ein intrigierendes Taktieren verlegt, um einem Wettkampf gegen Morphy auszuweichen, den er offenbar als überlegen fürchtete.
Auch „Schachphänomen Paul Morphy“ kann nicht klären, warum Morphy sich nach einer Rückkehr nach einem von Schach geprägten Aufenthalt in Europa und schließlich vollständig vom Schachspiel abgewendet hat, will es aber auch nicht. Vielleicht gab es auch einen Zusammenhang mit der Enttäuschung über Stauntons Verweigerungshaltung, aber dies ist Spekulation.
Nur am Rande und damit auf eine sehr verantwortungsvolle Weise erwähnt Dietze, dass Morphy gegen Ende seines Lebens mit geistigen Problemen zu tun hatte.
Aus heutiger Sicht sind viele der abgebildeten Partien mit großen Fehlern belastet. Dies mindert ihren Unterhaltungswert in keiner Weise, kann ihn teilweise sogar dadurch steigern. Die Fehler sind im Kontext der Zeit zu würdigen. Erst die nachfolgend eingetretene enorme Entwicklung der Schachtheorie macht es uns möglich, viele der damaligen „Patzer“ so zu abstrahieren, dass wir sie nach positionellen Regeln etc. bewerten können.
„Schachphänomen Paul Morphy“ nimmt einen ungefährdeten Platz in der aktuellen Schachliteratur ein, der von keinem anderen Werk berührt wird. Wer, und dies besonders auf Deutsch, von Morphy mehr erfahren und wer von dessen Spiel bestens unterhalten werden möchte, macht mit dieser Neuerscheinung einen sehr guten Griff. Auf ein gleichartiges anderes Werk kann er nicht ausweichen.
Fazit: „Schachphänomen Paul Morphy“ ist aus meiner Sicht eine schachhistorisch wertvolle Arbeit mit einem zudem hohen Unterhaltungswert.
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 08
Alexander Aljechin, Schachweltmeister von 1927 bis 1935 und von 1937 bis zu seinem Tode 1946, zählt aufgrund seiner überragenden Schachkunst zu den größten und meist bewunderten Spielern der Schachgeschichte. Nachdem er die Schachkrone im Kampf gegen den übermächtig scheinenden Capablanca errungen hatte, beherrschte er die Turnierszene bis Mitte der 1930er Jahre fast nach Belieben. Heute gilt Aljechin als Pionier eines universellen Spielstils.
Aljechins Partien offenbaren eine überschäumende schöpferische Phantasie und einen seltenen Reichtum an originellen Ideen. Fulminante Attacken auf dem Brett tauchen scheinbar aus dem Nichts auf, aber sie sind positionell wohl begründet und vorbereitet. Aljechin verstand es, flexible und strategisch vorteilhafte Stellungen herbeizuführen, die ein merkliches Angriffspotenzial besitzen. Dieses pflegte der große Kombinationskünstler meisterhaft auszubauen und zu nutzen.
Aljechins Genialität manifestiert sich auch in seinem literarischen Werk. Die vorliegende Auswahl von 100 exzellenten Partien aus seiner ersten Schaffensperiode halten viele Experten für sein bestes Buch, und es gilt als mustergültig in der Kunst der Kommentierung: Strategische Konzepte und verwickelte taktische Situationen werden prägnant und klar erläutert und damit für den Leser verständlich.
Die Partiesammlung war erstmals 1927 im Vorfeld des WM-Kampfes erschienen, somit diente diese Arbeit Aljechin auch der Vorbereitung auf das wichtigste Match seines Lebens. Das Buch ist ein unvergänglicher Klassiker geblieben, der zur Pflichtlektüre jedes aufstrebenden Schachspielers gehört.
252 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension:
"Meine besten Partien 1908 - 1923" von Alexander Aljechin wird geschichtlich als eines der besten jemals geschriebenen Partienbücher angesehen. Das Werk ist jüngst in seiner 6. Auflage neu erschienen, als Imprint des Schachverlag Ullrich im Joachim Beyer Verlag. Für eine neue Herausgabe großer historischer Werke hat der Verlag die Serie "Meilensteine des Schach" aus der Taufe gehoben, in der nun das hier besprochene Werk neu herausgegeben worden ist.Um den Leser die Aura der Originalausgabe erleben zu lassen, hat der Verlag das historische Schriftbild erhalten. In einem neuen Gewand erscheinen nur die Diagramme, die im Buch übrigens als Stellungsbilder bezeichnet werden. Dies ist ein Beispiel für die Entwicklung unserer Sprache in der Zeit seit dem ersten Erscheinen des Buches bis heute. Sprache und Schriftbild zeigen sich als harmonische Einheit und sorgen so dafür, dass der Leser sich in alte Zeiten eintauchen fühlt.Aljechin hat in seiner Karriere eine immens hohe Zahl an Partien gespielt und dabei eine fast unglaubliche Erfolgsquote erreicht. Zahlen dazu findet der Leser ebenfalls in "Meine besten Partien 1908 - 1923", bis zu seinem Todesjahr 1946 aufgeführt. Dies zeigt schon, dass dieses Werk über die Auflagen hinweg Ergänzungen erfahren haben muss. So ist es auch, und diese Ergänzungen sind heute selbst schon wieder als historische Dokumente anzusehen. Dazu später noch etwas mehr. Zunächst einmal zu dem, weshalb es dieses Werk überhaupt gibt, den besten Partien Aljechins aus der Epoche 1908 bis 1923.Aljechin hat 100 Partien aus dieser Zeit, in die der 1. Weltkrieg fiel und seine Karriere unterbrach, als seine besten ausgewählt und meisterlich kommentiert. Unter "meisterlich" verstehe ich eine Kommentierung aus Texten und Analysen, die vor dem Leser die Geheimnisse der Partie ausbreitet, auch soweit diese sich als Möglichkeiten, Drohungen etc. jenseits der tatsächlich ausgeführten Partiezüge verstecken, und die dabei höchst unterhaltsam ist. Es bereitet wirklich Freude, die Partien nachzuspielen und über die Kommentare auf Entdeckungsreise zu gehen. Ich habe mir mehrere Partien gezielt vorgenommen, die mir aufgrund der Angaben dazu als besonders interessant erschienen, um mir ein fundiertes Urteil erlauben zu können. Mein persönlicher Favorit ist übrigens Partie Nr. 97. Diese ist von Aljechin und Sämisch geführt worden, beide Spieler haben blind gespielt. Aljechin hat seine Spielführung mit einem Opfer der Dame garniert, um dann eine den Sieg bringende Kombination spielen zu können. Es ist fantastisch zu sehen, was beide Spieler zu leisten vermochten, eben ohne das Brett dabei zu sehen. Vermutlich würden 99% von uns heutigen Spielern diese Möglichkeiten in der Partie auch sehend nicht erkennen, sodass das Nachspielen ganz klar so etwas wie Ehrfurcht bei mir ausgelöst hat.Kombinationen sind oft das Salz in der Suppe der im Buch abgebildeten Partien. Regelmäßig macht Aljechin besonders darauf aufmerksam. Taktische Kniffe, strategische Erwägungen, die Beschreibung von Stellungseinschätzungen sind weitere Elemente der Kommentierung, die Aljechin einsetzt. Nun könnte der Vorbehalt auftauchen, dass sich hinsichtlich der Schachtheorie, von der Einschätzung bestimmter Eröffnungen bis hin zur allgemeinen Strategie seit der damaligen Zeit so viel geändert hat, dass diese Ausführungen kaum noch Wert haben oder sogar schaden können. Das sehe ich nicht so. Immerhin denken wir auch nicht gleich mit der Logik eines William von Baskerville, nur weil wir "Der Name der Rose" von Umberto Eco gelesen haben.Zu den späteren Ergänzungen des Urwerkes gehört auch ein Beitrag von Kurt Richter mit dem Titel "Aljechins Eröffnungsbehandlung in moderner Sicht". Darin zeigt der 1969 verstorbene bekannte deutsche Spieler und Publizist in wesentlichen Beispielen auf, welche Entwicklung die Eröffnungstheorie seit dem ersten Erscheinen der Partiensammlung bis eben zum Zeitpunkt seines Beitrags genommen hatte. Seitdem aber ist erneut wieder rund ein halbes Jahrhundert vergangen und die Zeit ist auch wieder über diese Aussagen hinweggegangen, zumindest mit neuen und abweichenden Erkenntnissen in Teilen."Meine besten Partien 1908 - 1923" ist ein Werk, das eine ausgezeichnete Unterhaltung erlaubt. Und es lässt den Leser auch den nostalgische Gefühle provozierenden Blick in eine aufregende Zeit in der Geschichte des Schachspiels nehmen.Abschließend noch ein kurzer Hinweis auf den Aufbau des Werkes: Nach einer Einleitung mit dem Titel "Aljechins Schaffen" aus der Feder von Dr. Savielly Tartakower folgen drei Teile mit den Partien. Diese tragen die folgenden Überschriften:I. TurnierspieleII. Wettspiele, Gelegenheitspartien durch Briefwechsel, Bild- oder Simultanspiele usw.III. Wettpartien, Gastspiele, Beratungspartien, Simultan- und Blindlingspartien.Eine Eröffnungstabelle, mehrere Statistiken sowie der oben beschriebene Beitrag von Kurt Richter schließen das Werk ab.Fazit: "Meine besten Partien 1908 - 1923" ist ein weiteres wichtiges historisches Buch, das über eine Neuauflage in der Buchreihe "Meilensteine des Schach" erhalten und neuen Lesern zugänglich gemacht wird. Der Text ist optisch im Stil der damaligen Zeit erhalten geblieben. Die Kommentierung ist sehr unterhaltsam und lässt den Leser tief in die Partien eindringen. "Meine besten Partien 1908 - 1923" kann ich als ausgezeichnete Schachlektüre sehr zum Kauf empfehlen. Uwe Bekemann, Januar 2015
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 06
Der vierte Weltmeister der Schachgeschichte, Alexander Aljechin, gilt als einer der größten Kombinationskünstler unter den
Schachweltmeistern.
Ungezählte
Glanzpartien belegen seine schöpferische Kraft, die Dynamik seiner
Spielführung, die Tiefe seiner Berechnungen am Brett. Diese Fähigkeiten waren
es, die ihn an die Spitze der Schachwelt geführt haben, auch wenn er sich in
seinem WM-Kampf gegen Capablanca im Spielstil seinem großen Gegner angepasst
hat. Es spricht für sich, wenn spätere Schachweltmeister (wie z.B. Kasparow)
Aljechin zu ihrem schachlichen Vorbild erklärt haben.
Das
vorliegende Werk bietet eine Auswahl von 100 Partien aus dem Zeitraum
1923-1927, der entscheidenden Phase auf dem Weg zum Titel.
Es stellt die
Fortsetzung der Anthologie Meine besten Partien 1908-1923 dar und gehört wie
diese zu den Spitzenpublikationen in Aljechins literarischem Erbe. Der Bogen
spannt sich vom USA-Aufenthalt 1923/24 über Turniere in Europa und Argentinien
bis hin zum Wettkampf gegen Capablanca 1927, und auch ein Kapitel über
Blindpartien wurde aufgenommen. Bekanntlich war Aljechin ein überragender
Blindspieler, der mehrere Weltrekorde im Blindsimultan aufstellte (New York
1924, Paris 1925, Chicago 1933).
Die einzelnen
Kapitel werden jeweils noch durch einen aufschlussreichen Einführungstext
aufgewertet.
Dank Aljechins
Kommentierungskünsten gerät der Leser schnell in den Bann der Partien,
hierunter unvergessliche Bravurstücke – man denke nur an die brillante Partie
gegen Réti in Baden-Baden 1925, die auch Aljechin zu seinen besten Leistungen
zählte. Ein Lesestoff, der auch viele Jahre nach seiner Erstpublikation (1932)
den Schachfreund zu faszinieren vermag.
Ein
unverzichtbares Werk für jede Kollektion von Partiesammlungen.
228 Seiten,
kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 11
Diese Partiesammlung aus dem Jahre 1953, die sich dem Schaffen des Großmeisters Efim Bogoljubow (1889-1952) widmet, füllt eine Lücke in der Schachliteratur, denn es ist nach wie vor das einzige Buch in deutscher Sprache über den aus der Ukraine stammenden Weltklassespieler. Der Autor A. Brinckmann präsentiert nach einer kurzen Biografie und Charakterisierung seines Protagonisten sowie einer Auflistung seiner Match- und Turnierergebnisse eine (kommentierte) Auswahl von 50 seiner besten Partien. Weitere 14 unkommentierte Partien mit bemerkenswerten Spielzügen beschließen das Buch.
Bogoljubow war Berufsschachspieler, seinen größten Triumph feierte er in Moskau 1925 (1. Platz vor Lasker und Capablanca). Sein grundsätzlich gesunder Spielstil war vornehmlich positionell ausgerichtet, während seine großen taktischen Fähigkeiten sich insbesondere dann entfalteten, wenn er seine Gegner strategisch überspielt hatte. Nur seine allzu optimistische Grundhaltung und eine daraus erwachsene, zur Leichtfertigkeit neigende Spielweise kostete ihn manchen Punkt und war auch verantwortlich für schwankende Turnierresultate.
Wer indes seine besten Partien nachspielt, wird auf eine Quelle erbaulicher Unterhaltung und gehaltvoller Instruktion stoßen. Sie für nachfolgende Generationen verfügbar zu machen und damit ein Stück schachlicher Zeitgeschichte zu konservieren, ist das Anliegen dieses Buches.
Alfred Brinckmann (1891-1967), deutscher Schachmeister, IM-Titel 1953; Funktionär, Journalist und Autor zahlreicher Schachbücher (Lehrbücher, Biografien und Turnierbücher). Der 1. Platz in Berlin 1927 vor Bogoljubow, Nimzowitsch und Sämisch war sein größter Erfolg.
148 Seiten, kartoniert
Rezension:
Erst durch das Werk „Großmeister Bogoljubow“ ist mit bewusst geworden, dass ich von diesem großen Meister der Vergangenheit noch nie eine Partiensammlung oder eine Biografie in deutscher Sprache gesehen habe, obwohl ich mich schon über Jahrzehnte hinweg intensiv mit dem Schachspiel befasse. Der Rückentext des Buches stellt heraus, dass es nach wie vor das einzige deutschsprachige Buch über Bogoljubow ist.
Diese Partiensammlung stammt aus dem Jahre 1953, ist also gleich nach dem Tode Bogoljubows in 1952 erschienen. Der Käufer erhält das Werk, das von Alfred Brinckmann geschrieben worden ist, heute in einer neu bearbeiteten Auflage 2015. Erschienen ist es in der Reihe „Meilensteine des Schach“ im Joachim Beyer Verlag als Imprint des Schachverlags Ullrich.
Wenn ich „Großmeister Bogoljubow“ mit einem einzigen Satz charakterisieren sollte, so sähe dieser wie folgt aus: ein sehr unterhaltsames Werk aus kommentierten Partien, zahlreichen Erzählungen und Daten zur Geschichtsschreibung des Schachspiels. Auf den Punkt gebracht und auf das Wesentliche konzentriert ist das Buch genau das.
Einer kurzen Beschreibung mit der Überschrift „Der Meister und der Mensch“ zur Vita des Porträtierten schließen sich mehrere Seiten mit Ergebnisdaten zur Turnierpraxis Bogoljubows an. Dem folgt als dritter Teil und damit als Kernstück die Sammlung aus 48 kommentierten Partien des Meisters. 12 „Schnappschüsse und Momentaufnahmen“ schließen das Werk ab; bei ihnen handelt es sich um bemerkenswerte Züge, die Bogoljubow in weiteren Partien gespielt hat und die in Fragmenten abgebildet sind.
Bei der Betrachtung der Auflistung der Turniererfolge Bogoljubows fällt auf, dass er außerhalb der ersten Jahre seiner Karriere ganz überwiegend in Deutschland gespielt hat. Dies ist dadurch erklärlich, dass er hier seine Wahlheimat gefunden hat, wenn zu Beginn auch wohl nicht so ganz freiwillig. Er war Teilnehmer des Kongresses in Mannheim 1914 und wurde bei Kriegsausbruch kaserniert. In Deutschland fand er dann seine Frau, sodass der aus der Ukraine stammende gebürtige Russe seine Zelte dauerhaft hier aufschlug.
Die 48 Partien im Buch sind sehr unterhaltsam kommentiert. Alfred Brinckmann hat teilweise Originalkommentare verwendet, wie er schreibt, aber offenkundig auch selbst viel beigetragen. Er war Internationaler Meister, Journalist und Buchautor, was ihn zum Schreiben einer bemerkenswerten Partiensammlung befähigte. Die Kommentierung ist textlich geprägt. Analysen bleiben in einer überschaubaren Tiefe. Eingeleitet wird eine Partie mit einer kurzen Erzählung, die auf mich fast noch mehr Reiz ausgeübt hat als die Darstellung des Verlaufs. Brinckmann verwendet eine sehr blumige Sprache, er arbeitet viel mit Metaphern. Der damaligen Zeit dürfte es geschuldet sein, dass es hin und wieder leicht verschroben klingt. Das Werk ist eben authentisch, auch in den Formulierungen.
Nicht originalgetreu sind die eingearbeiteten Diagramme. Diese zeichnen sich durch eine zeitgemäße, eine moderne Optik aus. Hier also hat der Verlag dem Nutzen für den Leser Vorrang vor einem historischen Erscheinungsbild eingeräumt.
Wenn man ein Buch über Bogoljubow schreibt oder ein solches dann rezensiert, darf natürlich der vielleicht berühmteste Satz aus dem Mund des Meisters nicht fehlen. „Mit Weiß gewinne ich, weil ich Weiß habe. Mit Schwarz – weil ich Bogoljubow bin.“ Diese Aussage mag etwas überheblich klingen, ist aber eine feinsinnige Spielerei. Auf Russisch heißt „bog“ Gott und „ljubow“ heißt Liebe. Also …
Fazit: „Großmeister Bogoljubow“ ist ein Buch zur ausgezeichneten Unterhaltung im und zum Schach. Es setzt Efim Bogoljubow ein Denkmal, als Spieler und auch als einem sympathischen Menschen. Die aktuelle Neuausgabe 2015 erhält ein in meinen Augen sehr erhaltenswertes Werk für die Nachwelt und macht es für die Gegenwart erst wieder neu verfügbar.
Uwe Bekemann, September 2015
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 12
Siegbert Tarrasch (1862-1934), zu seiner Zeit apostrophiert als Praeceptor Germaniae (lat. Lehrmeister Deutschlands), hat durch seine Schriften weit über die Grenzen Deutschlands hinaus gewirkt, Generationen von aufstrebenden Schachspielern nachhaltig beeinflusst und erheblich zur Popularisierung des Schachs beigetragen. Sein wegweisendes Lehrbuch Das Schachspiel (1931) hat bis in die Gegenwart etliche Neuauflagen oder Bearbeitungen erlebt, und viele kleine und große Meister des Spiels hatten ihre schachlichen Wurzeln in der Tarrasch-Schule. Daher mag auch die im Buchtitel vorgenommene geografische Ausdehnung auf die gesamte Schachwelt weithin berechtigt sein. Obschon Tarrasch immer ein Amateur war und den größten Teil seines Lebens als Allgemeinmediziner in Nürnberg praktizierte, daher beruflichen Verpflichtungen häufig Priorität einräumen musste, gehörte er für rund 20 Jahre zu den vier besten Spielern der Welt. Den Zenit seiner Schachlaufbahn erreichte er mit den Turniersiegen in Wien 1898 und Monte Carlo 1903, in dieser Phase wurde er gar mit dem Prädikat „Turnierweltmeister“ bedacht.
Alfred Brinckmanns Kollektion der besten 63 Tarrasch-Partien, 1963 in erster Auflage erschienen, blieb für gut vier Jahrzehnte das einzige Werk über Tarrasch in deutscher Sprache. Die aktuell vorliegende Zweitauflage enthält nach wie vor die biografische Einleitung und eine Reihe kommentierter Endspiele (Manuskripte aus Tarraschs Nachlass), die den zentralen Partieteil einrahmen. Der letztere ist nun gründlich überarbeitet worden hinsichtlich der Kommentare und Varianten, die im Lichte heutiger Analysen vielfach umgeschrieben oder ergänzt werden mussten. Dafür wurden einige wenige Partien (Gesamtzahl nun 58) und das Kapitel „Lieder ohne Worte“ (mit 15 Partien ohne verbale Erläuterungen) gestrichen. Die so erneuerte Partiesammlung wird hoffentlich dazu beitragen, das Leben und Werk des großen, vielleicht größten Schach-Lehrmeisters nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
204 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension
„Siegbert Tarrasch, Lehrmeister der Schachwelt“ von Alfred Brinckmann war lange das einzige deutschsprachige Buch über den „Praeceptor Germaniae“, seine Erstauflage stammt aus dem Jahre 1963. In der Reihe „Meilensteine des Schach“ ist es vom Joachim Beyer Verlag als Imprint des Schachverlag Ullrich mit einer überarbeiteten Neuauflage 2015 herausgegeben worden.
Dieses auch schachgeschichtlich interessante Werk ist quasi runderneuert worden. Auf den ersten Blick fallen das moderne Schriftbild und die gleichfalls modern gestalteten Diagramme auf. Dem entsprechend ist ein neuer Schriftsatz erstellt worden, die Diagramme sind allesamt neu erarbeitet und eingefügt worden. Der Verlag hat dabei eine hohe Sorgfalt an den Tag gelegt, woran nichts ändert, dass ich auf Seite 198 einen kleinen Diagrammfehler entdeckt habe (eine weiße Dame kommt schwarz daher).
Im Vordergrund aber steht natürlich die inhaltliche Modernisierung. Aus den ehemals 63 enthaltenen Partien sind durch Streichung nun 58 geworden, die auch hinsichtlich der Aktualität der Kommentare angefasst worden sind. Leider gibt das Werk keine Auskunft darüber, wer diese Arbeit geleistet hat, aber er hat seine Sache gut gemacht. So fällt auf, dass auch kleinere Änderungsbedarfe erkannt worden sind, wie beispielsweise solche aufgrund des Übergangs vom 20. auf das 21. Jahrhundert.
Der Leser erhält fein kommentierte Partien, deren Kommentare nicht vom Dogmatismus beherrscht werden, für den der Name Tarrasch steht. Vielmehr ist die Kommentierung, die teilweise auch auf fremde Kommentare wie etwa solche von Tartakower zurückgreift, neutral gehalten. Sie nimmt Tarraschs Ansichten und Aussagen ergänzend auf.
Die kommentierten Partien unterhalten als solche, das Werk somit insgesamt als gut gemachte Partiensammlung. Zusätzlich interessant werden sie über eine teilweise feinsinnige Textunterhaltung, die sich vom schlichten Verlauf der Spiele loslöst. Tarrasch, dem nicht nur seine feste Position im Meinungsstreit über „das richtige Positionsspiel“ zugeschrieben wird, sondern auch eine erhebliche Arroganz, kommt nicht direkt zu Wort, sondern wird selbst zitiert. Gegenmeinungen, auch teilweise feinzüngig und pointiert geäußert, kommen auf die gleiche Weise zum Zuge. So ergibt sich ein insgesamt buntes Bild, das in Sachen Schach, Schachhistorie und Streit über die „richtige“ Spielanlage im Schach eine sehr kurzweilige Unterhaltung bietet.
Aus der Erstauflage erhalten geblieben ist eine biografische Einleitung, während ein Abschnitt mit unkommentierten Partien entfernt worden ist. Weiter erhalten geblieben sind mehrere Endspiele aus Tarraschs Nachlass, die sich an die kommentierten Partien anschließen. Abgeschlossen wird dieser Bereich durch die Komposition eines sogenannten Turmgambits, die dem Wiener Georg Marco zugeschrieben wird. Humoristisch ironisch werden die Extrempositionen von Tarrasch darin aufs Korn genommen. Dessen Namen erkennt man nur, indem man ihn als Teil aus einem orientalischen Fantasienamen herausliest. In dieser Fantasiepartie gewinnt Tarrasch mit u.a. einem Sextupelbauern, nachdem er sich in deren Verlauf fortwährend selbst bestätigt und widerlegt. Das nicht selten selbstgefällige Schwarz-Weiß-Urteil Tarraschs, das man heute vermutlich als etwas „verbohrt“ bezeichnen würde, wurde ihm so übersteigert als Spiegelbild vorgehalten.
Aus meiner ganz persönlichen Sicht zählt „Siegbert Tarrasch, Lehrmeister der Schachwelt“ zu den interessantesten Neuauflagen in der Verlagsreihe „Meilensteine des Schach“, so wie der Porträtierte selbst zweifellos zu den ganz großen und schillernden Personen der Schachwelt zu zählen ist. Das Buch ist sehr unterhaltsam und vermittelt auch ein Feeling des damaligen „Systemstreits“ in der Schachwelt, an dem Tarrasch prägend beteiligt war. Die Partiensammlung ist alles andere als „Museumsschach“; nicht zuletzt die moderne Überarbeitung macht das Werk zu einem interessanten Element der aktuellen Schachliteratur.
Uwe Bekemann, Januar 2016
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 03
Partien und Aufzeichungen
Es war auf dem Neujahrstag vor nunmehr 90 Jahren, als ein großes, vielleicht das größte deutsche Schachtalent (nach Lasker und Tarrasch) das Licht der Welt erblickte. Klaus Junge war indes nur ein kurzes Leben vergönnt. Am 18. April 1945 starb der 21-Jährige kurz vor Kriegsende einen sinnlosen Heldentod im Felde, bevor seine Schachlaufbahn ihren Zenit hätte erreichen können.
Bereits früh vom Vater schachlich geprägt und trainiert, war Klaus Junges Entwicklung im Schach rasant vorangeschritten. Er war erst 13, als eine erste Gewinnpartie von ihm in einer Hamburger Schachspalte erschien. Mit 18 hatte er Großmeisterstärke erreicht und wurde von einem Aljechin als der kommende Weltmeister gesehen. Gerühmt wurde auch seine frühe spielerische Reife, die sich vor allem im Endspiel zeigte. Eine komplexe Variante der Halbslawischen Verteidigung, später nach Botwinnik benannt, wurde von Klaus Junge in die Turnierpraxis eingeführt (Stammpartie gegen Rudolf Palme, Bad Elster 1941). Er berechtigte zu den allergrößten Hoffnungen, nur gegen das Schicksal war das Endspiel letztlich nicht zu gewinnen.
Bereits 11 Jahre nach seinem tragischen Tod, 1956, erschien dieses Buch über Klaus Junge. Es berichtet über den Lebensweg von Klaus Junge und enthält 40 ausführlich kommentierte Partien, in die auch Anmerkungen von Junge selbst eingeflossen sind. Zudem wurde eine Abhandlung von Klaus Junge „Fernschach – Brettschach“ aufgenommen, eine Übersicht über seine Schachlaufbahn sowie Turniertabellen beschließen das Buch. Durch die aktuelle Neuauflage wird eine gefragte Biografie (und Partiesammlung) der heutigen Schachgeneration wieder zugänglich, aber auch die Erinnerung wachgehalten an einen jungen Schachstern, der allzu früh verglühte im Feuer eines weltumspannenden Wahnsinns.
98 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 01
José Raúl Capablanca (1888-1942), das kubanische Schachgenie, gehörte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den Lichtgestalten der Schachwelt. Vielfach als Wunderkind gepriesen, begann seine kometenhafte Karriere im Turnierschach mit dem allseits unerwarteten Sieg im hochkarätig besetzten Turnier zu San Sebastian 1911. Die Serie seiner Erfolge resultierte im Gewinn des WM-Titels 1921 und nochmals im überwältigenden Sieg von New York 1927, aber auch nach seinem Titelverlust triumphierte er in diversen Turnieren, zuletzt in Moskau 1936 und (gemeinsam mit Botwinnik) in Nottingham 1936. Seine Partien manifestieren eine besondere Harmonie und Leichtigkeit, die Logik seines strategisch-planvollen Spiels wirkt bestechend, seine präzise Technik in der Umsetzung kleiner Vorteile beeindruckt. In der Verteidigung kaltblütig agierend und im Angriff beherzt zupackend, demonstrierte „Capa“ außerdem eine nahezu perfekte Beherrschung des Endspiels. Die vorliegende Partiesammlung (in der deutschen Fassung um 25 Partien reduziert gegenüber der englischen Erstausgabe von 1947) bietet eine chronologische Auswahl der schönsten Partien Capablancas, vom Wettkampf gegen Corzo 1901 bis zu seinen letzten Partien vor dem zweiten Weltkrieg. Die Partiekommentare wurden von Harry Golombek verfasst, während Jules du Mont einen Gedenkartikel beigesteuert hat. Mit dem aktuellen Nachdruck dieses lange vergriffenen Klassikers ist ein Buch wieder erhältlich, das Capablancas Erbe, die unvergänglichen Meisterwerke seiner Schachkunst, vor der Vergessenheit bewahrt. Es dürfte auch auf die heutige Generation der Schachspieler seinen tiefen Eindruck nicht verfehlen.
194 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Heinz Däubler im Mai 2019
Der Joachim-Beyer-Verlag ist bekannt dafür, dass er dem geneigten Schachfreund vergriffene historische Schachliteratur durch eine Neuauflage zugänglich macht. Etliche solcher Werke hat der Verlag mit der Serie „Meilensteine des Schachs“ zum Leben erweckt. Aus dieser Reihe stellen wir „J. R. Capablanca – 75 seiner schönsten Partien. Ausgewählt von H. Golombek“ als vierte unveränderte deutsche Auflage vor.
Das Kultbuch rückt den dritten Weltmeister der Schachgeschichte José Raúl Capablanca, dessen Geburtstag sich Ende letzten Jahres zum 130. Mal jährte, ins rechte Licht. Aufgelegt wurde die erste Ausgabe 1947 in englischer Sprache, die 100 der besten Capablanca-Partien enthielt. Mit der Herausgabe der ersten deutschen Übersetzung 1980 wurde die Partienanzahl auf 75 reduziert.
Für den Schachfreund von heute stellt sich die Frage, ob einem solchen Werk mehr als nur historische Bedeutung zukommt. Dies ist zweifellos der Fall. Meister von heute sind sich in der Beurteilung einig, dass auch Nachfolgegenerationen von alten Meister lernen sollten. Dies trifft in besonderer Weise auf die Ideenfindung im Mittelspiel sowie auf exakte Endspielführung zu.
Der Autor hat das Werk chronologisch aufgebaut. Es bettet die exzellenten Partien in die Beschreibung von Capablancas schachlichem Werdegang ein.
In den zehn Kapiteln „Die frühen Jahre“, „Schnelle Entfaltung“, „Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft“, „Weltmeister“, „Sieg und Niederlage“, „Versuche der Rehabilitation“, „1929 – Ein reiches Jahr“, „Prolog des Abschieds“, „Siegreiche Rückkehr“ und „Der letzte Akt“ zeichnet er Capablancas Leben und Wirken trefflich nach.
Was sonst noch gefällt:
– Übersetztes Vorwort aus 1. Englischer Auflage 1947
– Mehrseitige Gedenkrede auf Capablanca von J. duMont
– Ausführliche Kreuztabellen von Capablancas Turnieren
Fazit: Ein feiner Klassiker, der in keiner Schachbibliothek fehlen sollte, und absolut lesenswert.
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 15
Dr. Max Euwe, der holländische Schachweltmeister von 1935-37, trat zum letzten Mal 1960 bei der Schacholympiade in Leipzig für sein Heimatland am Turnierbrett an. Doch blieb er dem Weltschach verbunden und fungierte von 1970-78 als Präsident des Weltschachbundes FIDE. Hier bewies der Mathematikprofessor und Experte für Datenverarbeitung sein Verhandlungsgeschick, indem er die schwierige Aufgabe bewältigte, den Weltmeisterschaftskampf zwischen dem US-Amerikaner Robert James (Bobby) Fischer und dem Russen Boris Spasski über die Bühne zu bringen. Im November 1981 verstarb Max Euwe im Alter von achtzig Jahren.
Max Euwes Partien, die Phantasie und Logik vereinen, üben einen eigenartigen Reiz aus. Das Niveau des Wettkampfes um die Weltmeisterschaft 1935 zwischen Aljechin und Euwe gilt auch heute noch als unübertroffen. So versteht es sich von selbst, dass die neu aufgelegte Partieauswahl ihren Platz in der Schachliteratur gefunden hat. In diesem Buch lebt der große Schachmeister Max Euwe ebenso weiter, wie in seinen zahlreichen schachliterarischen Werken.
200 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Jörg Palitzsch im Oktober 2018
Dr. Max Euwe - Eine Auswahl seiner besten Partien
Der fünfte Schachweltmeister Dr. Max Euwe (1935 bis 1937) genoss nicht nur in seiner Heimat Holland Kultstatus. Als Fide-Präsident von 1970 bis 1978 verschaffte er sich auch auf internationaler Ebene großen Respekt. In seine Zeit als FIDE-Präsident von 1970 bis 1978 fiel im Jahr 1972 auch das Weltmeisterschaftsspiel zwischen Bobby Fischer und Boris Spassky in Reykjavik, in der er eine schwierige Vermittlerrolle übernehmen musste. Dabei kam dem Mathematikprofessor und Daten-Experte sein großes Verhandlungsgeschick zugute. Euwe trat aber vor allem als Autor unzähliger Schachbücher hervor, die bis heute als Lehrmaterial dienen. Dazu zählen seine umfangreichen Theorien über das Endspiel sowie seine Abhandlungen über das Positions- und Kombinationsspiel im Schach. In einer dritten Auflage ist jetzt in der Reihe „Meilensteine des Schach“ im Joachim Beyer Verlag eine Auswahl seiner besten Partien erschienen. Im Vorspann des Buches werden die Laufbahn Euwes und sein Weg zur Weltmeisterschaft beleuchtet, die mit dem Sieg in Hastings 1934/35 die Krönung brachte. In einem weiteren Beitrag schreibt Kurt Richter über Dr. Euwe und seine Freunde, die sich mit großer Bewunderung und Hochachtung über den außergewöhnlichen Schachspieler äußerten. So etwa Großmeister Dr. Ossip Bernstein: „Für mich gibt es keine Ex-Weltmeister.“ Es sei genauso wie es im Römischen Reich hieß: semel heres -semper heres, wer einmal etwas erbt, bleibe immer Erbe. Sprich Max Euwe werde stets Weltmeister sein.
Diesem Einstieg folgen vier Beiträge mit Partiebeispielen über Euwe. Tigran Petrosjan hat seine Erinnerungen mit „Ein Schüler schlägt den Meister“ und Dr. Mikhail Botwinnik „Ein unangenehmer Gegner“ überschrieben. Paul Keres erinnert sich an seine Begegnungen mit Euwe und Albric O'Kelly hat Partien ausgesucht, die Euwe als geschickten Taktiker und Psychologen zeigen. Im Hauptteil des Buches sind anschließend auf über 150 Seiten die besten Partien Euwes aufgeführt, die die herausragenden Leistungen des Holländers zeigen. Ein schwieriges aber trotzdem gelungenes Unterfangen, weil eine große Zahl an Euwe-Partien bereits veröffentlicht wurden.
Fazit: Die Partien Euwes komplett abzubilden ist unmöglich, das Buch bildet sein Spielspektrum jedoch in allen Aspekten ab.
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 14
Wenn es in der Schachwelt – wie in anderen Bereichen des Lebens – neben den 'leuchtenden Stars' so etwas gibt wie 'graue Eminenzen', so gehörte der Ungar Géza Maróczy zweifellos der zweiten Kategorie an. Womit – um Missverständnissen vorzubeugen – nicht etwa gemeint ist, dass er ein zweitklassiger Spieler war. Denn immerhin erreichte er zu seiner besten Zeit etliche Siege und Spitzenplatzierungen bei den stärksten Turnieren – z.B. den 2.Platz in Nürnberg 1896 – zwar hinter Lasker, jedoch vor Tarrasch, Pillsbury, Janowski und Steinitz; den 1. Platz in Ostende 1905 vor Janowski und Tarrasch; den geteilten 1. Platz in Barmen 1905 gemeinsam mit Janowski vor Marshall usw. Und so ist es kein Wunder, dass er neben Siegbert Tarrasch als würdigster Herausforderer des gelegentlich wankenden Weltmeisters Emmanuel Lasker gehandelt wurde. Dass es jedoch nie zu einem Weltmeisterschaftskampf kam, lag vor allem daran, dass Maróczy – im Gegensatz zu Lasker – berufstätig war und nur seinen spärlichen Urlaub zum Schachspielen nutzen konnte. Seine geringere Bekanntheit lag womöglich an seinem Stil, der nicht auf Glanz und Gloria ausgerichtet war, sondern auf positionelle Präzision und geschliffene Endspielführung – eine Definition, die interessanterweise in heutiger Zeit dem Stil von keinem Geringeren als dem amtierenden 'Super-Weltmeister' Magnus Carlsen zugeordnet werden könnte. Wie auch immer gelingt es dem Autor ganz vortrefflich, uns Géza Maróczy näherzubringen, und zwar nicht allein den Schachspieler und -lehrer, sondern vor allem auch den Menschen.
176 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Jörg Palitzsch im April 2018
Der deutsche Schachmeister Richard Teichmann hatte eine hohe Meinung über den ungarischen Großmeister Géza Maróczy. „Maróczy ist ein profunder Spieler und er spielt das Endspiel sehr gut. In seiner besten Form ist er ein sehr gefährlicher Gegner in dieser Art von Turnier“, sagte er 1911 am Rande des Internationalen Turniers in San Sebastián. Und José Raúl Capablanca, Schachweltmeister von 1921 bis 1927, erinnerte sich in einem Radiobetrag mit dem Titel „Lecciones elementales de ajedrez“: „Sein (Maróczys) positionelles Urteil, die höchste Qualität des wahren Meisters, war ausgezeichnet. Als sehr präziser Spieler und ausgezeichneter Endspielkünstler wurde er als Experte für Königinnenspiele berühmt.“ In der Serie „Meilensteine des Schach“ ist jetzt das 1971 erschienene Buch von Walter Árpád Földeák über den ungarischen Schachspieler Géza Maróczy in einer zweiten und überarbeiteten Auflage erschienen.
Géza Maróczy betrat 1895 in Hastings die internationale Schachbühne, er war damals 25 Jahre alt. Dieses Turnier dokumentiert bis heute in vielerlei Hinsicht einen Wandel im Schach. Weltmeister Wilhelm Steinitz hatte einige Zeit davor seinen Titel an den jungen Emanuel Laser verloren. Hastings war auch der Beginn von Kur- und Hafenstädten als Austragungsort von Turnieren, die bis dahin zumeist im Großstädten stattfanden. Auch die romantische Schachauffassung war in den Hintergrund gerückt, Strategie und Positionsspiel hielten Einzug.
Dies kam der schachlichen Rezeptur von Géza Maróczy sehr entgegen. Ihm war es möglich Schwächen zu überspielen, sie in eine Verteidigung zu drehen, die Initiative zu ergreifen und das Spiel so zu gewinnen. Er vertrat die Ansicht, eine solide Verteidigung könne dazu führen, dass der Gegner zu viele Risiken eingeht. Und Maróczy setzte auf Endspiele mit einer starken Dame, die ihm zeigte, welche Schwächen der Gegner hat. Als er 1905 das Turnier in Ostende gegen den Amerikaner Frank Marshall gewann, gaben ihm seine Zeitgenossen den Titel „Der Kaiser der Damenendspiele“.
In vielen Partien des Buches, die Autor Földeák zusammengetragen hat, lässt sich dieser Spielstil nachvollziehen. Géza Maróczy, so schreibt der slowenische Schach-Großmeister Milan Vidmar in seinen Schacherinnerungen, habe jedes Turnier mit dem Aufgebot all seiner Kräfte ohne zu wanken durchgekämpft und nur auf das Ziel, den ersten Preis, ausgerichtet.
So war es auch 1895 in Hastings: Für das Turnier wurden 22 Schachmeister zugelassen, um es zeitlich nicht zu lang werden zu lassen. Spielern, denen abgesagt wurde, spielten in einem parallel ausgetragenen Hauptturnier, das von Maróczy gewonnen wurde. 1924 setzte er sich in Hastings dann „regulär“ an die Spitze. Es wurde in zwei Gruppen gespielt. Mit Savielly Tartakower, der den Begriff der „Hypermodernen Schule“ prägte und Sieger der anderen Gruppe war, spielte Maróczy noch eine Partie, die remis endete.
Walter Árpád Földeák, der unter anderem 1952 das Buch „Hundert preisgekrönte Schachpartien“ vorgelegt hat, zeichnet in „Géza Maróczy – Leben und Lehren“ den schwierigen Lebensweg des Ungarn auf, der für kurze Zeit als ernstzunehmender Herausforderer des deutschen Weltmeisters Emmanuel Lasker galt. Nur war Maróczy, im Gegensatz zu Lasker, beruflich stark eingebunden und auch nicht mit den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet, die es ihm erlaubt hätten, sich ausschließlich auf das Schachspiel zu konzentrieren. Materielle Sorgen zwangen ihn, 1920 Ungarn zu verlassen, unter anderem verbrachte er die Zeit bis 1928 in Holland, Deutschland und Amerika. Inzwischen 50 Jahre nahm er immer noch an Turnieren teil, musste aber oft genug den jüngeren Spielern die ersten Plätze überlassen. 1928 kehrte er in seine Heimat zurück und unterstützte die ungarischen Meister bei den FIDE-Olympiaden und der Münchner Olympiade 1936. Danach zog sich Maróczy vom aktiven Spiel zurück und widmete sich seinen literarischen Tätigkeiten. Er führte Schachspalten in Zeitungen und analysierte dafür über 2000 Partien. Er veröffentlichte Schachbücher, darunter eine der besten Sammlungen der Spiele des amerikanischen Meisters Paul Morphy. Maróczy, Ikone des ungarischen Schachs und unermüdlicher Lehrmeister, starb 1951 mit 81 Jahren in Budapest. „Ich sterbe gern, denn die Welt ist so hässlich geworden“, soll er am Ende gesagt haben.
Der Beschreibung des Lebensweges schließt sich im Buch ein 73-seitiger Lehrteil mit rund 35 Partien an. Sie zeigen nicht nur die präzise Spielweise Maróczys, sondern auch seine analytische Urteilskraft über Partien, die er für die Zeitschriften Pesti Hirlap (Pester Journal) und Békés geschrieben hat.
Fazit: Géza Maroczy war um 1900 einer der besten Spieler der Welt. Das Buch von Walter Árpád Földeák beleuchtet die spielerische als auch menschliche Seite des großen Ungarns mit allem Respekt und wahrt so das Andenken an eine große Persönlichkeit.
Aljechin - Leben und Sterben eines Schachgenies:
Alexander Aljechin, der 4. und 6.
Weltmeister der Schachgeschichte, war ein widersprüchlicher Charakter.
Er wird als jähzornig und egozentrisch beschrieben, war Alkoholiker und
kollaborierte in seinem bewegten Leben opportunistisch sowohl mit den
Bolschewiki als auch mit den Nationalsozialisten.
Er galt andererseits als ein genialer
und überaus ehrgeiziger Mensch. Sein Schach war voller Dynamik,
überraschender Einfälle und komplexer Kombinationen, mit denen er seine
Gegner nicht selten überforderte. Er gilt als einer der brillantesten
Angriffsspieler aller Zeiten und produzierte fantastische Partien in
Serie.
Aljechin nahm an 87 Turnieren teil, von
denen er 62 gewann. Er spielte 1264 Turnier- und Wettkampfpartien, davon
gewann er 735 Partien, 127 verlor er und 402 endeten remis. Über viele
Jahre (1923-1925, 1933-1937) hielt er den Weltrekord im
Blindsimultanspiel.
Aljechin verstarb im Jahre 1946 in
Portugal. Die Todesursache konnte nie zweifelsfrei geklärt werden, und
es existieren hierzu diverse Verschwörungstheorien. Dieser Roman bietet
mit fiktionalen Elementen eine mögliche Auflösung.
Aljechins Ring:
Michail Botwinnik, Aljechins Nachfolger
auf dem Schachthron, wird vom KGB überraschend für einen
geheimdienstlichen Einsatz rekrutiert. Nur wiederwillig lässt sich der
prinzipiell linientreue Botwinnik darauf ein und macht gute Miene zum
bösen Spiel, wohl wissend, dass ihn andernfalls unerfreuliche
Vergeltungsmaßnahmen der skrupellosen Apparatschiks erwarten. Eine
besondere Note erhält das Unternehmen dadurch, dass Aljechins
Siegelring, der in den Besitz des KGB gelangt ist, nun an Botwinniks
Hand als Transport-Vehikel bei der Geheimoperation fungieren soll. Die
Handlung führt auf das Terrain des dekadenten westlichen Klassenfeinds –
der USA, wo die von langer Hand vorbereitete Aktion unter dem
Deckmäntelchen von offiziellen Schachveranstaltungen ablaufen soll. Wird
es Botwinnik, der selbst zu einer Schachfigur im Spiel des KGB geworden
ist, letztlich gelingen, seine Integrität zu wahren?
Mit einer Mischung aus historischen
Fakten und unterhaltsamer Fiktion hat der Autor eine realitätsnahe
Handlung entworfen, die einen Faden aus seinem ersten Schachroman
(Aljechin ‒ Leben und Sterben eines Schachgenies) aufgreift und
fortspinnt. Eine fesselnde Agentengeschichte im Schachmilieu, die sich
in der frühen Phase des Kalten Krieges abspielt und auch
Nichtschachspielern eine reizvolle Lektüre bietet.
226 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Alexander Aljechin, der 4. und 6. Weltmeister der Schachgeschichte, war ein widersprüchlicher Charakter. Er wird als jähzornig und egozentrisch beschrieben, war Alkoholiker und kollaborierte in seinem bewegten Leben opportunistisch sowohl mit den Bolschewiki als auch mit den Nationalsozialisten. Er galt andererseits als ein genialer und überaus ehrgeiziger Mensch. Sein Schach war voller Dynamik, überraschender Einfälle und komplexer Kombinationen, mit denen er seine Gegner nicht selten überforderte. Er gilt als einer der brillantesten Angriffsspieler aller Zeiten und produzierte fantastische Partien in Serie. Aljechin nahm an 87 Turnieren teil, von denen er 62 gewann. Er spielte 1264 Turnier- und Wettkampfpartien, davon gewann er 735 Partien, 127 verlor er und 402 endeten remis. Über viele Jahre (1923-1925, 1933-1937) hielt er den Weltrekord im Blindsimultanspiel.Aljechin verstarb im Jahre 1946 in Portugal. Die Todesursache konnte nie zweifelsfrei geklärt werden, und es existieren hierzu diverse Verschwörungstheorien. Dieser Roman bietet mit fiktionalen Elementen eine mögliche Auflösung.
Ulrich Geilmann wurde 1963 in Essen geboren und wohnt am Niederrhein. Er ist diplomierter Stadtplaner und im öffentlichen Dienst tätig. Geilmann ist Hobbyschachspieler, Vizepräsident des Schachbundesliga e. V. und Mitglied der Emanuel Lasker Gesellschaft. Er war Teamchef einer Schachbundesligamannschaft und berichtet mit einem launigen Erzählstil regelmäßig im Internet über seine Erlebnisse auf Schachturnieren und abseits der Bretter.
112 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Heinz Däubler im März 2017
Im Frühjahr brachte der Joachim-Beyer-Verlag mit Ulrich Geilmann „Aljechin – Leben und Sterben eines Schachgenies“ ein bemerkenswertes Buch heraus. In launigem Erzählstil bildet das Erstlingswerk des Autors – diplomierter Stadtplaner, Hobbyschachspieler, Vizepräsident des Schachbundesliga e. V. und Mitglied der Emanuel Lasker Gesellschaft – das außergewöhnliche Leben (und Sterben) des vierten und sechsten Weltmeisters der Schachgeschichte ab.
Bei dem Buch handelt es sich nicht um ein Schachlern- oder -lehrbuch, sondern um einen Roman. Deswegen werden auch Hobbyschachspieler und solche, die vom Schach nur wenig Ahnung haben, Freude daran haben.
Wie der erfolgreiche Großmeister Rustem Dautov in seinem Vorwort richtig schreibt, gehörte Dr. Alexander Aljechin sicher zu den schillerndsten Charakteren der Schachgeschichte. Doch nichts ist nur weiß oder schwarz, was sicher auch auf die ambivalente Persönlichkeit Aljechins zutrifft.
Dass Aljechin als Schachgenie zu betrachten ist, mag unumstritten sein. Doch wer steckt hinter dem Menschen Aljechin? Hier wagt der Autor – ausgehend von den nüchternen Lebensfakten – einen eigenen Erklärungsversuch.
In eine noch zaristische Zeitepoche hineingeboren kannte Aljechin als Kind begüterter Eltern keinerlei finanziellen Probleme. Dies gestattete ihm zunächst, sich neben Schule und Studium ganz dem Schachspiel zu widmen. In unterhaltsamem Plauderstil zeichnet der Autor die Zeitenwende nach der Oktoberrevolution nach, die Aljechin über Nacht mittellos macht, ihn in die Fänge des sowjetischen Geheimdienstes treibt und aus seiner Heimat auswandern lässt. Doch er wird auch Opfer des Zweiten Weltkriegs. Hier sollen nicht die Gründe vorweggenommen werden, die ihn zum Alkoholiker, Kollaborateur der Nazis und Opportunisten werden ließen.
In den Text sind siebzehn exzellente Kombinationen Aljechins eingebaut, deren Lösung sich im Anhang findet.
Michail Botwinnik, Aljechins Nachfolger auf dem Schachthron, wird vom KGB überraschend für einen geheimdienstlichen Einsatz rekrutiert. Nur wiederwillig lässt sich der prinzipiell linientreue Botwinnik darauf ein und macht gute Miene zum bösen Spiel, wohl wissend, dass ihn andernfalls unerfreuliche Vergeltungsmaßnahmen der skrupellosen Apparatschiks erwarten. Eine besondere Note erhält das Unternehmen dadurch, dass Aljechins Siegelring, der in den Besitz des KGB gelangt ist, nun an Botwinniks Hand als Transport-Vehikel bei der Geheimoperation fungieren soll. Die Handlung führt auf das Terrain des dekadenten westlichen Klassenfeinds – der USA, wo die von langer Hand vorbereitete Aktion unter dem Deckmäntelchen von offiziellen Schachveranstaltungen ablaufen soll. Wird es Botwinnik, der selbst zu einer Schachfigur im Spiel des KGB geworden ist, letztlich gelingen, seine Integrität zu wahren?
Mit einer Mischung aus historischen Fakten und unterhaltsamer Fiktion hat der Autor eine realitätsnahe Handlung entworfen, die einen Faden aus seinem ersten Schachroman (Aljechin ‒ Leben und Sterben eines Schachgenies) aufgreift und fortspinnt. Eine fesselnde Agentengeschichte im Schachmilieu, die sich in der frühen Phase des Kalten Krieges abspielt und auch Nichtschachspielern eine reizvolle Lektüre bietet.
Ulrich Geilmann (Aljechin – Leben und Sterben eines Schachgenies) wurde 1963 in Essen geboren und wohnt am Niederrhein. Er ist diplomierter Stadtplaner und im öffentlichen Dienst tätig. Geilmann ist Hobbyschachspieler, Vizepräsident des Schachbundesliga e. V. und Mitglied der Emanuel Lasker Gesellschaft. Er war Teamchef einer Schachbundesligamannschaft und berichtet mit einem launigen Erzählstil regelmäßig im Internet über seine Erlebnisse auf Schachturnieren und abseits der Bretter.
114 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Jörg Palitzsch im Dezember 2017
Während es unzählige Lehrbücher für alle Gebiete des Schachspiels gibt, fristet der Schachroman im Literaturbetrieb das Dasein eines Mauerblümchens. Der Autor Ulrich Geilmann, Vizepräsident des Vereins Schachbundesliga und Stadtplaner, ist in diese Lücke vorgestoßen. Nach seinem Buch „Aljechin – Leben und Sterben eines Schachgenies ist in kürzester Zeit im gleichen Verlag das zweite Buch „Aljechins Ring – Operation Botwinnik“ erschienen.
Dieser fiktive Roman, in den historisch belegte Ereignisse eingeflochten sind, knüpft – sozusagen als Fortsetzungsgeschichte – an das erste Buch an. Geilmann entführt den Leser in eine Intrige, in der Michail Botwinnik eine zentrale Rolle spielt. Der sowjetische Schachweltmeister wird im Rahmen eines Turniers zum Klassenfeind USA geschickt und soll dort, im Siegelring von Alexander Aljechin versteckt, für den KGB Informationen besorgen. Dem Leser begegnet in dem Buch der US-amerikanische Schachmeister Samuel Reshevsky, Weltmeister Bobby Fischer und dessen Adjutant William Lombardy, der nach seiner Schachkarriere katholischer Priester wurde.
Der Plot des Romans bietet alle Zutaten für einen Agentenkrimi, selbst eine handfeste Schießerei fehlt nicht. Eingebettet wird dies in eine Schachgeschichte, die mit Partiefragmenten und Analysen untermauert wird. Hinzu kommt: Die Verknüpfung des Schachspiels, der Schachhistorie und die Elemente des Krimis vertragen sich durchaus und geben der Geschichte im Zusammenspiel auf allen Erzählebenen den richtigen Drive.
Der Siegelring von Weltmeister Aljechin birgt übrigens auch in der Gegenwart immer noch ein Geheimnis. Ulrich Geilmann vermutet, dass sich dieser Ring, der auf Aljechin-Fotos an dessen kleinen Finger zu erkennen ist, in Deutschland befindet. Gesichert ist dies jedoch nicht. Geilmann selbst hat sich bei einer Schmuckdesignerin aus einem Erbstück einen ähnlichen Siegelring anfertigen lassen, den ein Springer schmückt.
Fazit: Die Bücher von Ulrich Geilmann sind aus Sicht des Lesers als auch aus Sicht des Schachspielers pure Unterhaltung. Geschickt können damit Menschen angesprochen werden, die sich zunächst einmal nicht für Schach interessieren. Nach der Lektüre kann sich dies ändern.
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 04
Richard Réti (1889–1929) war nicht nur ein herausragender Schachmeister, der sich am Brett mit den Besten der Welt messen konnte. Er war auch ein brillanter Autor und kreativer Studienkomponist, ein revolutionärer Theoretiker und führender Vertreter der hypermodernen Bewegung in den 1920er Jahren. Die mit seinem Namen verknüpfte Réti-Eröffnung hat er durch sensationelle Erfolge hoffähig gemacht. Seine Genialität im Blindspiel stellte er 1919 und 1925 unter Beweis mit Weltrekorden im Blindsimultan.
Die vorliegende Neuauflage enthält 70 der schönsten Réti-Partien aus dem Zeitraum 1907 bis 1928, ausgewählt und kommentiert von Harry Golombek sowie durchgesehen und bearbeitet von Großmeister John Nunn. Unvergängliche Partien wie die Siege gegen Capablanca, Aljechin, Rubinstein, Euwe und Bogoljubow haben in diese Sammlung Eingang gefunden.
Mit seinen Endspielstudien, in denen er stets einfache und partienahe Stellungen anstrebte, hat Réti gleichfalls dauerhaften Ruhm erworben. Das Buch präsentiert 20 dieser feinsinnigen Aufgaben, in denen Rétis Verständnis von Schach als Kunst den reinsten Ausdruck fand.
Ein Gedenkartikel zu Réti sowie eine Einführung von John Nunn vervollständigen diesen Auswahlband, der das Schaffen eines großen Meisters würdigt und vor dem Vergessen bewahrt. Auch dem heutigen Leser werden die Partien und Studien dieses höchst originellen Schachkünstlers vielfach Vergnügen bereiten.
219 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Viele, nicht mehr zu zählende
Schachpartien habe ich in meinem bisherigen Leben ausgetragen, ob bei
Wettkämpfen, Turnieren, Simultanen oder im privaten Umfeld. Jede für
sich habe ich ernst genommen und bis zum Ende gespielt.
Aber es gibt einige, die mir bis
heute noch im Kopf herumschwirren, die mich nicht zur Ruhe kommen
lassen, die mein Schachleben schicksalhaft beeinflusst haben. In stillen
Augenblicken sehe ich die Situationen, die Partien und vor allem die
Gegner auch heute noch deutlich vor mir, wie in Stein gemeißelt.
Nun, mittlerweile im 80sten Lebensjahr, glaube ich, ist es höchste Zeit, einen Teil dieser Partien aufs Papier zu bringen.
In diesem Buch finden Sie neben
meiner liebsten Partie „Hort-Minic“, auch die unglückliche, auf Zeit
verlorene gegen Spasskij, die mich den Einzug ins Kandidaten-Halbfinale
kostete. Dabei ist auch meine Partie gegen Hug in Skopje, die von der
dortigen Jury zur besten der Olympiade gekürt wurde. Ich liebe auch die
Partie gegen Lobron, in der seine weiße Dame auf h1 von seinen eigenen
Figuren eingemauert, zur Bewegungsunfähigkeit verdammt ist. Dagegen, für
die Partie gegen Gligorić, schäme ich mich noch heute, weil ich mehr
Glück als Verstand gehabt habe.
Was wären all die Partien, gäbe es
nicht auch die lustigen, traurigen und seltsamen Ereignisse rund um die
Bretter, die die Welt bedeuten? Berühmte Staatsmänner wie Fidel Castro,
Tito und auch Che Guevara habe ich noch persönlich getroffen. Eine
kleine Anekdote, Geschichte oder Einführung zu einigen Partien darf
darum nicht fehlen!
Vierzig Jahre meines Lebens habe
ich im Sozialismus verbracht, die anderen vierzig Jahre in Deutschland,
deshalb habe ich die Auswahl der Partien auf 40 beschränkt.
Heute frage ich mich oft, wie ich meinen Schachstil bezeichnen könnte?
Weder war ich ein guter
Angriffsspieler noch ein Verteidiger. Mit der Theorie habe ich mich
niemals so ausführlich beschäftigt, wie das heute bei den jungen
Schachspielern im Zeitalter des Internets der Fall ist. Ich kannte mich
also in der Theorie nicht gut aus, dennoch konnte ich mit Weiß und
Schwarz praktisch sämtliche Eröffnungen spielen. Das war ein Plus, denn
so konnten sich meine Gegner nicht speziell auf mich vorbereiten.
Kurzum, ich hatte immer Überraschungen parat. Gerne fischte ich im
Trüben, das sah ich als die wirkliche Denk-Herausforderung an. Besonders
liebte ich es, die Gegner zu Fehlern zu verführen, was wahrscheinlich
meiner Schwejkschen Herkunft geschuldet ist.
Mit Schach habe ich jedenfalls die Welt kennengelernt und viel Schönes erleben dürfen. Dafür bin ich überaus dankbar!
Den Lesern und Schachfreunden wünsche ich viel Vergnügen beim Eintauchen in längst vergangene Schachzeiten!
Herzlichst Ihr
Vlastimil Hort
Eitorf, im Januar 2023
Vlastimil Hort hat viele, nicht mehr zu zählende Schachpartien in seinem
bisherigen Leben ausgetragen, ob bei Wettkämpfen, Turnieren, Simultanen
oder im privaten Umfeld. Jede für sich hat er ernst genommen und bis
zum Ende gespielt.
Aber es gibt einige, die ihm bis heute noch im Kopf herumschwirren, die
ihn nicht zur Ruhe kommen lassen, die sein Schach-Leben schicksalhaft
beeinflusst haben.
Nun, mittlerweile im 80sten Lebensjahr, ist es höchste Zeit, einen Teil
dieser Partien aufs Papier zu bringen, so Vlastimil Hort.
160 Seiten, gebunden, Nava Verlag
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 13
Tigran Petrosjan (*1929 †1984) wurde 1963 durch seinen Sieg über den Giganten Mikhail Botwinnik zum neunten Weltmeister in der Geschichte des Schachspiels. Er wehrte eine Herausforderung des deutlich jüngeren Boris Spasski ab, bevor er im Jahr 1969 die Krone an diesen abtreten musste. Über drei Jahrzehnte hinweg gehörte er zur absoluten Weltspitze und belegte noch zwei Jahre vor seinem allzu frühen Tod beste Platzierungen bei Spitzenturnieren. Mit nur 55 Jahren verstarb Tigran Petrosjan in Moskau an einem Krebsleiden.
In diesem einzigen deutschsprachigen Buch über den herausragenden Armenier wird nicht nur sein Lebensweg und seine Schachkarriere nachgezeichnet, sondern 70 seiner Partien werden in großer Ausführlichkeit analysiert und kommentiert. Dabei wurde eine Auswahl von 20 eher positionellen und 20 eher taktischen Beispielen getroffen und durch 30 weitere seiner berühmtesten Partien ergänzt.
Nach der Lektüre wird der Leser vielleicht nachvollziehen können, warum selbst Botwinnik, der ja seine Gegner auch schachpsychologisch zu durchleuchten verstand, es letztlich nicht vermochte, mit Petrosjans einzigartigem Stil zurechtzukommen.
Dieses Buch mit seinen vielen kommentierten Partien ist eine Fundgrube für jeden Spieler – sei es zum Lernen oder Üben, sei es, um sich besser mit der Schachgeschichte vertraut zu machen, oder sei es, um ganz einfach nur bestens unterhalten zu werden.
In der Reihe Meilensteine des Schach bewahrt der Beyer-Verlag lange vergriffene Bücher über große Meister des Schachspiels und bedeutende Turniere der Vergangenheit vor dem Vergessen, um sie auch für kommende Generationen von Schachspielern zu erhalten.
140 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Reihe: "Meilensteine des Schach" Band 02
Akiba Rubinstein gehörte ein Vierteljahrhundert, von 1907 bis 1931, zur Weltklasse im Schach. Neben den Weltmeistern Lasker, Capablanca, Aljechin und vielen berühmten Großmeistern, zählte auch er zu den leuchtenden Sternen am Schachhimmel. Dieses Buch will den großen Schachspieler und Schachkünstler der Vergangenheit entreißen und ihm erneut ein ehrendes Denkmal setzen. Einige seiner schönsten und berühmtesten Partien, darunter auch Niederlagen, zahlreiche Partiestellungen, Turniertabellen und Turnierergebnisse sollen dem Leser einen Eindruck von dem schachlichen Wirken Rubinsteins vermitteln.
110 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
19,80 €*
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