Über Magnus Carlsen gibt es schon so viel Literatur. Warum hat der Autor
dem noch ein weiteres Buch hinzugefügt? – Weil er den Gedanken hochinteressant
fand, das strategische Spiel eines Genies durch die Brille des sogenannten
'Modells der vier Spielertypen' zu betrachten. Und im Ergebnis ist es ihm
tatsächlich gelungen, sowohl die herausragenden Stärken als auch die
Universalität des 16. Weltmeisters deutlich herauszuarbeiten.
Aber selbst wenn sich der Leser nicht unbedingt für diesen Ansatz
interessiert, kann er das Buch ebenso gut als äußerst nützliches 'Lehrbuch der
Strategie' ansehen, so instruktiv sind die Partien von Magnus Carlsen. Denn
seinem Stil gemäß beherrscht er viele strategisch unverzichtbare und effektive
Methoden (beispielsweise aktive Prophylaxe, strategisches Druckspiel usw.) wie
kein Zweiter.
Zur Vertiefung hat der Autor zahlreiche anschauliche und aussagekräftige
Faustregeln zu den verschiedenen Themen formuliert. Dabei versäumt er allerdings
nicht den Hinweis, dass es im Schach nicht darauf ankommt, diese oder jene Regel
auswendig zu kennen, sondern dass es vielmehr von entscheidender Bedeutung ist,
seine Intuition dahingehend zu schulen, möglichst sicher zu erkennen, wann es
sich um einen Regelfall und wann um eine Ausnahme handelt. Und da Magnus
Carlsens Fähigkeiten auch in dieser Beziehung als absolut genial bezeichnet
werden können, versteht es sich von selbst, dass jeder Leser, der sich etwas
eingehender mit Carlsen-Partien beschäftigt, sehr viel über die Feinheiten des
Schachspiels von einem der besten Spieler aller Zeiten lernen kann.
Jedes Kapitel wird mit themenbezogenen Aufgaben abgerundet. Und praktische
QR-Codes erleichtern das Nachspielen direkt am Smartphone, wenn gerade mal kein
Brett zur Hand ist.
156 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension
von Christian Höthe im Juli 2023
Magnus
Carlsen - Die Schach-DNA eines Genies
Das
neue Buch aus der Feder von Karsten Müller hat den mittlerweile
Ex-Weltmeister Magnus Carlsen und einmal mehr die Besonderheiten
seiner praktischen Spielweise zum Thema.
Dabei
ist dem Autor selbstverständlich klar, dass es über Carlsen eine
Fülle an Literatur gibt. So fragt der Hamburger Großmeister im
Vorwort selbst, welchen Mehrwert ein weiteres Buch über Carlsen für
den interessierten Schachliebhaber haben sollte.
Wer
sich gern mit Schachliteratur beschäftigt, dem wird nicht entgangen
sein, dass sich Karsten Müller in einigen seiner jüngsten Titel
schon mehrfach mit dem Modell der vier „Spielertypen" nach
Großmeister Lars Bo Hansen befasst hat. Man kann zweifelsfrei und
ohne jede Übertreibung behaupten, dass Müller dabei die
maßgeblichen Inhalte und Resümees des dänischen Autors nicht nur
in den Details intensiviert und präzisiert hat, sondern dass es ihm
somit gelungen ist, das gesamte Spielertypen-Modell auf ein neues
Level zu heben. Und genau das ist ja etwas, was auch Carlsen mit dem
Schachspiel an sich getan hat.
Müller
gelingt es im vorliegenden Werk auf vorbildliche Weise, die
praktische Spielweise Carlsens unter dem Aspekt des
Spielertypen-Models genauer zu betrachten. Dabei ist es keinesfalls
einfach, die Stärken eines so universellen Spielers wie Carlsen
besonders herauszuarbeiten.
Spezielle
Kapitel befassen sich mit dem Spiel gegen Schwächen, der Ausnutzung
eines Raumvorteils, dem Spiel mit dem Läuferpaar, dem richtigen
Abtausch, Prophylaxe usw. Es fiel mir schwer, aus der Fülle von
instruktiven Beispielen einige gesondert hervorzuheben, dennoch
möchte ich es versuchen. Besonders wuchtig fand ich Carlsens Partien
gegen Ivan Sokolov (Wijk aan Zee 2013), Peter Leko (Nanjing 2009) und
Levon Aronian (Saint Louis 2017), die Müller allesamt
nachvollziehbar gut kommentiert.
Wie
auch in seinen vorangegangen Büchern sieht GM Müller sich dabei
nicht nur in der Position des Lehrers, der seine Leser unterhält.
Nein, der Schüler wird wiederholt anhand von Aufgaben dazu animiert,
sich selbst aktiv einzubringen und sich die Lösungen selbst zu
erarbeiten, was selbstverständlich den Lerneffekt ungleich erhöht.
Damit
der Leser die Inhalte des Buches auch auf Reisen oder anderweitig
„unterwegs“ genießen kann, werden QR-Codes bei jedem Diagramm
verwendet, die bei Müllers Büchern längst zum Standard gehören.
Fazit:
Die Beispiele sind hochgradig instruktiv und auf den Punkt gebracht.
Nach dem Studium dieses Buches versteht man die „Schach-DNA"
Carlsens insbesondere unter dem Aspekt des Spielertypen-Modells noch
besser!
Rezension
von Jörg Palitzsch im Mai 2023
Es
gibt unzählige Bücher über Magnus Carlsen und noch viel mehr, in
denen seine Partien analysiert werden. Kein Lehrbuch, keine Sammlung,
in der der Schachweltmeister (von 2013 bis 2023) und aktueller
Weltmeister im Schnell- und Blitzschach nicht vertreten wäre. Somit
stellt sich die Frage, warum der Autor, Großmeister Dr. Karsten
Müller, der bereits zahlreiche Schachbücher geschrieben hat, nun
noch ein weiteres Buch über Carlsen vorlegt. Müller gibt die
Antwort selbst. Weil er das Spiel des Weltmeisters unter dem „Modell
der vier Spielertypen“ betrachtet. Dieses Modell geht auf den
Wirtschaftsfachmann und dänischen Großmeister Lars Bo Hansen
zurück, der unter dem Oberbegriff „Human Resources“ die
menschliche Typologie auf Schachspieler übertragen und sie in
Gruppen eingeteilt hat. Autor Müller räumt zwar ein, dass dieses
„Schubladendenken“ Gefahren mit sich bringt, denn das Ziel sollte
immer sein, am Brett so universell wie möglich zu sein.
So
sind die vier Spielertypen – die einem in Schachbüchern immer
wieder begegnen – der Aktivspieler, zu denen sich der Autor selbst
zählt, die Theoretiker, wie Hansen, die Reflektoren, wie Magnus
Carlsen, und schließlich die Pragmatiker wie der neue
Schachweltmeister Ding Liren. Karsten Müller zählt unter anderem
die Stärken und Schwächen, als auch die Risikobereitschaft und
typische Eröffnungen auf, was dem Leser bereits einen großen
Einblick in die Spieltechniken bekannter Schachmeister gibt. Der
Autor bezeichnet sein Werk selbst als ein „Lehrbuch der Strategie“.
Über anschauliche Beispiele zu den verschiedenen Themen wie etwa der
Nutzung offener Linien, Vorteile im Raum und mit dem Material,
Abtausch, Verteidigung und Endspiel, gelingt es auch festzustellen,
zu welchem Spielertyp man selbst neigt – einer der großen Vorteile
des Buches. Wenn man dies auch noch quasi über den Weltmeister
Carlsen vermittelt bekommt, ist dies ein echter Gewinn. Wie sollte es
anders sein, ist auch das vorliegende Buch nicht nur Leselektüre.
Karsten Müller hat themenbezogene Aufgaben eingestreut, die einen
stärken können, aber auch die Genialität von Magnus Carlsen vor
Augen führen. Inklusive der Möglichkeit, die Partien über einen
QR-Code nachzuspielen.
Man verrät nichts Neues mit der Feststellung, dass die meisten Spieler bei
Weitem lieber angreifen, als sich zu verteidigen. Auch ist es nicht
verwunderlich, dass sich verschiedenste Autoren schon seit mehr als einem
Jahrhundert in etlichen Büchern dem populären Thema 'Angriff' gewidmet haben.
In diesem Buch versucht der Autor nunmehr, die stets wiederkehrenden
Mechanismen des Angriffsspiels so kompakt wie möglich darzustellen, indem er
sich auf eine begrenzte Anzahl wichtiger Motive sowie die Beschreibung typischer
Bausteine der Angriffsstrategie beschränkt. Zur Vertiefung werden zahlreiche
anschauliche und aussagekräftige Faustregeln zu den verschiedenen
Themenbereichen formuliert.
Mit Blick auf die Praxis wird dabei allerdings der Hinweis nicht versäumt,
dass es im Schach nicht darauf ankommt, diese oder jene Regel auswendig zu
kennen, sondern dass es vielmehr von entscheidender Bedeutung ist, seine
Intuition dahingehend zu schulen, möglichst sicher zu erkennen, wann es sich um
einen Regelfall und wann um eine Ausnahme handelt.
Behandelt werden beispielsweise solch unverzichtbare Themen wie:
'Ungleichfarbige Läufer bevorteilen den Angreifer', 'Abtausch von
Angriffspotenzial vermeiden', 'Typische Angriffsstrukturen', 'Angriff auf einem
schwachen Felderkomplex'. Sodann wird in einem eigens einem der größten
Angriffskünstler aller Zeiten gewidmeten Kapitel Michail Tals diesbezügliches
Genie anhand einiger seiner ebenso markanten wie pointierten Zitate dargestellt
– wie beispielsweise „Zentralisiere und opfere!", "Greift der Gegner eine deiner
Figuren an, greife zwei von ihm an!"
Ein Kapitel zum Mattangriff im Endspiel, ein Blick auf einige
eindrucksvolle Angriffssiege des Autors sowie allerlei themenbezogene Aufgaben
zu den einzelnen Kapiteln runden das Ganze ab. Außerdem ermöglichen praktische
QR-Codes das Nachspielen direkt am Smartphone, wenn gerade mal kein Brett zur
Hand ist.
142 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension
von Christian Höthe im Juli 2023
"Angriff
- Faustregeln für die Praxis"
Es
ist kein großes Geheimnis, dass die meisten Schachspieler lieber
angreifen als sich zu verteidigen. Das erklärt auch das deutliche
schachliterarische Ungleichgewicht im Hinblick auf Angriff und
Verteidigung.
Angreifen
macht einfach mehr Spaß! Unter Anwendung bestimmter geläufiger
Prinzipien wird eine Schwäche in der gegnerischen Stellung als
Angriffsziel ausgemacht (beispielsweise eine ungedeckte Figur oder
eine Bauernschwäche) – und schon kann der Angriff losgehen! Wobei
der Spaßfaktor ungleich höher ausfällt, wenn man den gegnerischen
König ins Visier eines Mattangriffs nehmen kann. Unter dem Einsatz
von Bauern- oder gar Figurenopfern werden die Verteidiger aus dem Weg
geräumt, der gegnerische König wird seines Schutzes beraubt, ins
Freie getrieben und dort im Idealfall mattgesetzt. Ja, so wünscht
man es sich nur zu oft!
Die
Realität aber sieht leider häufig anders aus: Man schleudert
unternehmungslustig 1.e4 aufs Brett und der Gegner stellt sich
unverzüglich als unkooperativer Spielverderber heraus, indem er die
solide Caro Kann Verteidigung wählt. Um sich im Dschungel der
strategischen Langeweile nicht frühzeitig zu verirren, entsinnt man
sich eines Spruches des Angriffs-Genies Mischa Tal: „Es gibt zwei
Arten von Opfern – korrekte und meine". Also opfert man für
nebulöse Kompensation einen oder gleich zwei Bauern mit der Aussicht
auf einen etwaigen Königsangriff, bloß um nach wenigen Zügen
festzustellen, dass Schwarz die ja nur gutgemeinten Angriffsabsichten
mit beneidenswerter Leichtigkeit abprallen lässt und sich den vollen
Punkt angelt. Ernüchternd, aber doch sehr vertraut, oder?
Nun
eilt der Hamburger Großmeister Karsten Müller mit seinem neuen Buch
„Angriff – Faustregeln für die Praxis" zu Hilfe, wobei es
ihm darum geht sicherzustellen, dass Ihre (und natürlich auch meine)
Angriffe zukünftig eben nicht mehr im Sande verlaufen, sondern dass
man konkret anhand bestimmter „Faustregeln" erkennen kann, wie
erfolgversprechend die Angriffsabsichten wirklich sind.
Die
Themen befassen sich dabei mit einem bunten Mix des taktischen
Einmaleins wie beispielsweise: „Alle Figuren in den Angriff
einbeziehen", „Der Angreifer tauscht kein Angriffspotenzial",
„Die Öffnung von Angriffsrouten", „Typische Angriffsmotive"
oder „Ungleichfarbige Läufer, die den Angreifer begünstigen".
Dabei
beschäftigt sich Großmeister Müller in jedem dieser Oberthemen
detailliert mit vielfältigen Unterkapiteln und liefert einprägsame
Beispiele und eben auch konkrete Faustregeln für die Praxis jedes
Angreifers.
So
befasst sich das Thema „Typische Angriffsstrukturen" mit
typischen Methoden beim Angriff mit dem Isolani, mit dem schwarzen
Königsflügelangriff im klassischen Königsinder, dem
königsindischen Angriff aus weißer Perspektive und der Frage, wie
man dem Winawer-Franzosen (1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Lb4) Blößen
zufügen kann, die einen anschließenden Angriff unwiderstehlich
machen.
Weitere
für mich besonders spannende Kapitel behandeln das Angriffsspiel auf
einem Farb- bzw. Felderkomplex, die Aufrechterhaltung des
Angriffspotenzials sowie die Kernkompetenz von Karsten Müller: das
Endspiel. Teilweise überraschende Mattangriffe in der Schlussphase
runden das Werk auf instruktive Weise ab.
Fazit:
Hier findet sich jede Menge Inspiration für alle eingefleischten
Angriffsspieler und solche, die es werden wollen!
Rezension
von Uwe Bekemann im Juli 2023
Eine
Faustregel besagt, dass man die Entfernung eines Gewitters in
Kilometern ermitteln kann, indem man ab dem Blitz die Sekunden bis
zum Donner zählt und diese durch 3 teilt. Bei der Prüfung, wann und
wie man im Schach seine Kräfte wie einen Blitz in die gegnerische
Stellung einschlagen lassen kann, so dass der Gegenüber wie vom
Donner gerührt auf das Brett starrt, hilft diese Faustregel
natürlich nicht. Dafür gibt es aber etliche andere, die der Spieler
kennen und anzuwenden wissen sollte.
In
seinem Buch „Karsten Müller – Angriff“, 2023 als Erstauflage
im Joachim Beyer Verlag erschienen, stellt der deutsche Großmeister
etliche „Faustregeln für die Praxis“ vor. Er zeigt dabei auf,
wann sie helfen und wann nicht, und wie auf sie gestützt der
Angreifer vorgehen kann.
In
10 Kapiteln, die Überschriften wie „Möglichst alle Figuren in den
Angriff einbeziehen“, „Der Angreifer vermeidet den Abtausch von
Angriffspotenzial“ oder auch „Angriff mit ungleichfarbigen
Läufern“ tragen, bereitet er den Stoff auf. In einer zumeist
kurzen, ausnahmsweise auch etwas längeren Einleitung führt Müller
den Leser in das jeweilige Thema ein. Es folgen mehrere
veranschaulichende Beispiele aus der Praxis, entweder als
vollständige Partie oder als Fragment aufgenommen. Dem schließen
sich vom Leser zu lösende Aufgaben zum im Kapitel behandelten Stoff
und die Lösungen dazu an.
Natürlich
kann Müller in einem rund 140 Seiten umfassenden Buch nur auf
ausgewählte Faustregeln und die Situationen, in denen sie eventuell
angewendet werden können, eingehen. Hierauf macht er auch
ausdrücklich zum 4. Kapitel („Typische Angriffsmotive“)
aufmerksam. „Allein die Fülle der gängigsten Angriffsmotive
bietet offenbar genug Material für ein eigenständiges Buch“,
führt er aus.
„Karsten
Müller – Angriff“ richtet sich meines Erachtens vor allem an den
Spieler auf Klubniveau, der schon Knowhow zur Theorie der
Angriffsführung aufgebaut hat. Diesem sind die Regeln und
Empfehlungen zum Angriff im Schach grundsätzlich bekannt. Diese
werden ihm mittels Faustregeln in Erinnerung gerufen, verbunden mit
einer Schärfung des Verständnisses und des Auges für die Situation
in der eigenen Partie. Müller verbindet in den Beispielen die
Theorie mit der Praxis und benutzt dabei Faustregeln als Brücke.
Unterhaltsam geschrieben ist das Werk nebenbei auch.
Die
Beispiele sind zumeist der Meisterpraxis entnommen, aber nicht nur.
Auf Seite 69 beispielsweise findet sich ein Auszug eines Duells von
Spielern mit der Kragenweite 1532 bzw. 1828. Das gelungene Handeln
nach einer geeigneten Faustregel setzt keine meisterliche
Spielfertigkeit voraus.
Müller
hat eine bei Chessbase erschienene eigene DVD als Grundlage für sein
Buch genutzt. Dies hat die Chance eröffnet, das Buch mit der DVD
online zu verbinden. Zu den Beispielen im Buch wird jeweils ein
QR-Code angeboten. Über diesen wird der Leser ins Onlineangebot
geleitet, wenn er ihn mit Smartphone oder Tablet einscannt, wo er den
Stoff bequem am virtuellen Brett behandeln kann.
Fazit:
„Karsten Müller – Angriff“ ist ein empfehlenswertes Buch, das
wichtige Faustregeln zur Angriffsführung aufgreift und zur Anwendung
in der Praxis aufbereitet. Es richtet sich besonders an den
Klubspieler, der sich schon ein gewisses theoretisches Rüstzeug zum
Thema aufgebaut hat.
Rezension
von Jörg Palitzsch im Mai 2023
Es
ist kein großes Geheimnis, dass die meisten Schachspieler lieber
angreifen, als sich zu verteidigen. Das erklärt auch das deutliche
schachliterarische Ungleichgewicht im Hinblick auf die Themen
'Angriff' und 'Verteidigung'.
Angreifen
macht einfach mehr Spaß! Unter Anwendung bestimmter geläufiger
Prinzipien wird eine Schwäche in der gegnerischen Stellung
ausgemacht oder provoziert – und dann angegriffen. Dies kann
beispielsweise eine ungedeckte Figur oder eine Bauernschwäche sein.
Wobei der Spaßfaktor ungleich höher ausfällt, wenn man den
gegnerischen König ins Visier eines Mattangriffs nehmen kann. Unter
dem Einsatz von Bauern- oder gar Figurenopfern werden die Verteidiger
aus dem Weg geräumt, der gegnerische König wird seines Schutzes
beraubt, ins Freie genötigt und dort im Idealfall matt gesetzt. Ja,
so wünscht man es sich nur zu oft!
Die
Realität aber sieht leider allzu oft anders aus: Man schleudert
unternehmungslustig 1.e4 aufs Brett und der Gegner mutiert innerhalb
von wenigen Minuten zum größten aller Spielverderber, indem er die
solide Caro-Kann Verteidigung wählt. Um sich im Dschungel der
strategischen Langeweile nicht frühzeitig zu verirren, entsinnt man
sich eines Spruches des Angriffs-Genies Mischa Tal: „Es gibt zwei
Arten von Opfern – korrekte und meine“. Also opfert man für
nebulöse Kompensation einen oder gleich zwei Bauern in der Hoffnung
auf etwaigen Königsangriff, um allerdings nach wenigen Zügen
festzustellen, dass Schwarz die ganzen schönen Angriffsabsichten mit
beneidenswerter Leichtigkeit zunichtemacht und den vollen Punkt
einsackt. Ernüchternd, aber doch sehr vertraut, oder?
Nun
eilt der Hamburger Großmeister Karsten Müller mit seinem neuen Buch
„Angriff – Faustregeln für die Praxis“ zur Hilfe. Damit die
Angriffe seiner Leser zukünftig eben nicht mehr im Sande verlaufen,
sondern sie anhand bestimmter „Faustregeln“ ganz konkret erkennen
können, wie erfolgversprechend die Angriffsabsichten wirklich sind.
Dabei
befassen sich die Themen mit einer bunten Mischung aus dem taktischen
Einmaleins – wie z.B. „Alle Figuren in den Angriff einbeziehen“,
„Der Angreifer tauscht kein Angriffspotenzial“, „Die Öffnung
von Angriffsrouten“, „Typische Angriffsmotive“ oder
„Ungleichfarbige Läufer, die den Angreifer begünstigen“.
Im
Rahmen dieser Oberthemen beschäftigt sich Großmeister Müller in
vielfältigen Unterkapiteln mit allerlei Details, liefert jeweils
einprägsame Beispiele und eben auch konkrete Faustregeln für die
Praxis des Angriffsspielers.
So
befasst er sich beispielsweise beim Thema „Typische
Angriffsstrukturen“ mit charakteristischen Methoden beim Angriff in
Isolani-Stellungen, mit dem schwarzen Königsflügelangriff im
klassischen Königsinder, dem königsindischen Angriff aus weißer
Perspektive und der Frage, wie man dem Winawer-Franzosen Schwächen
zufügen kann, die einem anschließenden Angriff nicht mehr
standhalten.
Weitere
für mich besonders spannende Kapitel behandeln das Angriffsspiel auf
einem Farbkomplex, die Erhaltung des Angriffspotenzials sowie die
Kernkompetenz von Karsten Müller: das Endspiel. So runden häufig
überraschende Mattangriffe im Endspiel das Werk auf instruktive
Weise ab.
Fazit:
Hier findet sich jede Menge Inspiration für alle Angriffsspieler –
und zwar auch für die zukünftigen!
A comprehensive work about the magic world of endgames.
For starters, 100 interesting and instructive examples on important endgame
topics are thoroughly analyzed and extensively commented. Especially those in
which not only many useful rules of thumb are ex- plained and illustrated, but
above all their not uncommon exceptions.
In the chapter 'Practice makes perfect', 100 exercises give the readers the
opportunity to check their previous knowledge and what they have learned in the
first part.
In the following 100 exciting studies, it was ensured that they do not show
any artificial constructs, but positions that could well have come from
practical games and whose solutions are clearly comprehensible.
You can either tackle the given exercises under tournament-like conditions,
or you can use the book as a pure textbook and deal directly with the solutions,
because even with this approach you can enrich your existing knowledge with many
typical endgame motives.
Readers can rest assured that the magic from the realm of endgames will
cast its spell over them and that they will enjoy the fascination of the final
phase of the game.
322 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
It's not revealing anything new that most players prefer to attack rather
than defend. It's also not surprising that various authors have devoted a number
of books to the popular topic of 'attack' for more than a century.
In this book, the author tries to present the constantly recurring
mechanisms of attacking play as compactly as possible by limiting himself to a
few important motives and describing typical elements of the attacking strategy.
Numerous clear and meaningful rules of thumb are formulated for the in-depth
study of the various subject areas.
With regard to practical play, however, the point is not neglected that in
chess it's not so important to know this or that rule by heart, but rather to
train your intuition to recognize as reliably as possible in which case you are
dealing with a rule and in which case with an exception.
Among the topics discussed are, for example, such indispensable as:
'Opposite-colored bishops favor the attacker', 'The attacker should not exchange
attack potential', 'Typical attack structures', 'Attack on a complex of weak
squares'.
One of the chapters is devoted to Mikhail Tal, one of the greatest
attacking artists of all time, whose genius in this regard is illustrated by
reference to some of his striking and pointed quotes – such as 'Centralize and
sacrifice', 'If the opponent attacks one of your pieces, attack two of
his!'
And last but not least there's a chapter on the mating attack in the
endgame, a look at some of the author's impressive attacking victories and all
sorts of topic-related exercises for the individual chapters. In addition,
practical QR codes enable you to replay the game directly on your smartphone if
there's no board at hand.
140 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Since there is already so much literature about Magnus Carlsen, one wonders
why the author added yet another book. – Because he found it extremely
interesting to look at the strategic play of a genius through the lens of the
so-called 'model of the four types of players'. And as a result, he actually
managed to illustrate both the outstanding strengths and the universality of the
16th world champion.
But even if the reader isn't necessarily interested in this approach, he
might as well consider the book an extremely useful 'textbook on strategy' given
how instructive Magnus Carlsen's games are. Because according to his style, he
masters many strategically indispensable and effective methods (for example
active prophylaxis, strategic pressure play, etc.) like no other.
In order to go deeper, the author has formulated numerous clear and
meaningful rules of thumb on the various topics. However, he does not fail to
point out that in chess, knowing this or that rule by heart is not the most
important thing. Rather, it's crucial to train your intuition to recognize as
reliably as possible when you are dealing with a standard case and when with an
exception. And since Magnus Carlsen's skills can also be described as absolutely
brilliant in this respect, it goes without saying that any reader who delves a
little deeper into Carlsen's games can learn a great deal about the subtleties
of chess from one of the greatest players of all time
Each chapter is rounded off with topic-related exercises. And practical QR
codes make it easier to work directly on your smartphone whenever there's no
board at hand.
156 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Together with his longtime trainer Matthias Krallmann, GM Matthias Blübaum describes his path from his early youth to the title of European champion. According to his own statement, he particularly benefited from the 'Group of Princes' of the German Chess Federation, which was founded in 2008 by national youth coach IM Bernd Vökler. In this actually not so long journey of an outstanding young talent to the German top player, the reader is not only taken along, but he can also learn a lot for his own practice 'on the way' and is offered all kinds of instructive tips and tricks. In his foreword, IM Bernd Vökler writes: "...a special highlight has been achieved: Renowned endgame guru, Dr. Karsten Müller, dissects selected endgames by Matthias Blübaum ... A double delight for the reader! – In the next part, a look into the treasury of every grandmaster is granted, namely into his opening repertoire. Matthias Krallmann notes that even former world champion Alexander Khalifman once praised Matthias' complete and self-contained repertoire. – The following chapter offers some of Matthias Blübaum's games against the top stars of the scene, annotated by himself. It's mouth-watering! – At the end, the reader is once again challenged himself. The big tactics test invites you to puzzle and calculate. Matthias Krallmann and Matthias Blübaum don't offer easy reading! Typically East Westphalian, labour-intensive, exhausting, honest and straight – the portrait of the chess worker, the chess grandmaster, the chess practitioner Matthias Blübaum. You don't become number one in Germany in a sprint, but in a marathon!"304 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Spielstile im Schach sind ein wichtiges und entsprechend oft diskutiertes Thema. GM Dr. Karsten Müller und GM Luis Engel greifen ein auf 4 Spielertypen beruhendes Modell von GM Lars Bo Hansen auf – und zwar 'Aktivspieler', 'Pragmatiker', 'Theoretiker' und sogenannte 'Reflektoren'. Deren jeweilige Stärken und Schwächen werden anhand vieler Beispiele erläutert und durch zahlreiche Aufgaben ergänzt, anhand derer der Leser versuchen kann, sich dem einen oder anderen Spielertypus zuzuordnen.
„Im Rahmen der Vorbereitung auf meinen nächsten Gegner ... spielen immer wieder bestimmte Charakterzüge eine Rolle, die ich diesem Spieler zuzuordnen versuche. ... Hier kann es hilfreich und zeitsparend sein, beispielsweise durch gespielte Eröffnungen Rückschlüsse auf den Spielertypus und damit auch auf Stärken und Schwächen zu ziehen – oder über bekannte Spielereigenschaften Hinweise auf die Wahrscheinlichkeit betreffs der Wahl bestimmter Eröffnungsvarianten zu bekommen.
Diese und zahlreiche weitere Überlegungen werden in dem vorliegenden Buch gebündelt und systematisch dargestellt. Die Einteilung in vier prototypische Spielernaturen ist ausgesprochen hilfreich bei der Beantwortung von Fragen, die nicht nur die Partievorbereitung betreffen, sondern beispielsweise auch die Bestimmung der eigenen Charakteristik als Schachspieler. Darüber hinaus gibt das Werk Amateuren und Schachinteressierten einen hilfreichen Leitfaden an die Hand, um sich ein eigenes Bild von diesem oder jenem Spieler machen zu können."
(Auszüge aus dem Vorwort von GM Vincent Keymer)
248 Seiten, gebunden, Leseband, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Christian Hoethe im Februar 2021
Im Jahr 2005 stellte Großmeister Lars Bo Hansen in seinem beachtenswerten Buch „Foundations of Chess Strategy“ sein Konzept der „Spielertypen“ vor. Darin unterteilte er Schachspieler in sogenannte Aktivspieler, Reflektoren, Pragmatiker und Theoretiker. Er beschäftigte sich damit als Erster intensiv mit der Frage, wie sehr der individuelle Spielstil Einfluss auf unsere Entscheidungsfindungen am Brett hat.
Hansen nannte das „The role of the human factor in chess“ und forderte seine Leser auf, den eigenen Schachstil anhand persönlicher Charakteristika und Vorlieben analog seiner Vorgaben zu definieren. Diese Eigenschaften wurden entsprechend der jeweiligen Spielertypen in den Kapiteln mit konkretem Inhalt gefüllt, so dass man sich letztlich selbst einem bestimmten Spielertyp zuordnen konnte. Ich fand dies damals durchaus aufschlussreich und hilfreich.
Dieses schachtheoretisch und -philosophisch vernachlässigte Thema interessiert mich seitdem weit mehr als so manche Eröffnungsvariante oder Mittelspielkombination.
Deshalb nahm ich mit Begeisterung zur Kenntnis, dass sich die Großmeister Dr. Karsten Müller und Luis Engel dieser Thematik in ihrem neuen Buch „Spielertypen – Ihre Stärken und Schwächen“ aus dem Joachim Beyer Verlag intensiv annahmen.
Müller und Engel greifen das 2005 von Hansen vorgestellte Konzept auf und erweitern es umfangreich anhand zahlreicher Beispiele aus dem Schaffen solcher Schwergewichte wie Tal, Kasparow, Carlsen, Kramnik, Anand usw. Denn sobald ich selbst erkannt habe, welcher Spielertyp ich bin, möchte ich doch schließlich auch wissen:
– welches sind die Stärken und Schwächen der jeweiligen Spielertypen?
– wie und gegen wen hebe ich die Stärken besonders hervor bzw. wie kaschiere ich die Schwächen am besten?
– wie spiele ich idealerweise gegen Vertreter anderer Stile oder gar gegen Vertreter des eigenen?
– wie konzentriere ich mich stärker auf meine Stärken und werde insgesamt zu einem schachlichen „Allrounder“?
Es sind insbesondere diese Fragen, die Müller und Engel zum Herzstück ihrer Arbeit machen.
Hier finden sich detailliert zahlreiche Stärken und Schwächen der einzelnen Spielertypen. Seien es beispielsweise anhand von Beispielen untermauerte Thesen wie „Aktivspieler rechnen gut bzw. wertschätzen Initiative höher als strukturelle Schwächen“ als auch solche für das Spiel gegen den jeweiligen Spielertypus bzw. für dessen relative Verteidigungs- und Endspielschwächen, wie dies zum Beispiel in der Partie zweier Aktivspieler Polgar-Anand zur Geltung kam.
Ich bin mir nach langem Zaudern noch immer unsicher, wie thesenkräftigend es ist, in einem Buch, das gerade die verschiedensten Spielweisen und Herangehensweisen thematisiert, Aufgaben zu stellen, die nur eine einzige, nicht Spielertyp-individuelle Lösung verlangen.
Widerspricht das nicht dem eigentlichen Thema des Buches? Und bedeutet das nicht, es gäbe nur den einen richtigen Weg, wenn man gerade aufzeigen möchte, wie unterschiedlich die Wege doch sein können, die zum selben Ziel bzw. Sieg führen sollen?
Natürlich verstehe ich die Absicht der Autoren dahinter: es ermöglicht es beispielsweise einem Pragmatiker, sich in die Denkweise eines Theoretikers hinein zu versetzen und sich dessen Herangehensweise anzueignen. Andererseits suggeriert eine Aufgabenstellung wie „Tal entkorkte 16. Dd4 - War das korrekt?“ (auf Seite 18), dass es eben doch nur eine richtige Lösung – und zwar unabhängig vom Spielertyp – gibt. Dies mag natürlich auf reine Taktikaufgaben zutreffen, gibt jetzt aber nicht Aufschluss darüber, wie unterschiedlich Fischer, Euwe und Botwinnik beispielsweise dieselbe Mittel- oder Endspielstellung behandeln würden. Hier wäre es womöglich interessant gewesen zu erfahren, wie unterschiedlich unsere Autoren Müller und Engel – je nach persönlichen Vorlieben und Spielertyp – eine identische Stellung gegen CM-, IM- oder GM-Gegnerschaft behandeln würden. Würden sie hier unterschiedlich vorgehen und woran würden sie sich orientieren? Eine für mich durchaus interessante Fragestellung.
Ich erinnere mich an eine Aussage des großen Einstein-Freundes Emanuel Lasker, der, auf einen eher fragwürdigen und letztlich doch zum Sieg führenden Zug angesprochen, weise antwortete: „Gegen Schlechter wäre dieser Zug ein grober Fehler gewesen, gegen Tarrasch allerdings war es der richtige.“ Zeigt nicht insbesondere diese Aussage anschaulich, wie man den konkreten Spielertyp des Gegners am besten ins Kalkül einbezieht und schließlich bekämpft?
Vielleicht hätte ich mir auch ein paar derartiger Beispiele wie jenes von Lasker gewünscht als Taktikaufgaben, aber das ist eine persönliche Präferenz.
Immerhin hat mich das Buch – wie zuvor schon das von Hansen – wieder sehr dazu inspiriert, mich auch mehr mit derartigen inhaltlichen, ja fast hochgradig schachphilosophischen Fragestellungen abseits von Eröffnung, Mittel- und Endspiel auseinander zu setzen.
Last, but not least ein kurzer Verbesserungsvorschlag für eine mögliche nächste Auflage:
Das für meinen Geschmack zu knapp gehaltene Inhaltsverzeichnis finde ich etwas verwirrend. Dafür ein Beispiel: Das Kapitel 1 beschäftigt sich mit "Aktivspielern", weitere Unterkapitel finden sich hier nicht gelistet. Liest man sich dann jedoch schließlich in das entsprechende Kapitel ein, finden sich hier doch Unterkapitel wie „1.1 Hyperaktiv-Spieler“, „1.2 Aktivspieler“ mit weiteren Unterkapiteln wie „C) Initiative für strukturelle Schwächen“, die man doch gern im Inhaltsverzeichnis aufgeführt gesehen hätte.
Ähnliches gilt für die Struktur der einzelnen Kapitel. So finden sich auf Seite 11 die „Stärken“ der Aktivspieler, auf Seite 19 der Punkt „1.2 Aktivspieler“ mit A) Opfer für den direkten Königsangriff und auf Seite 43 erneut ein „A) Stärken von Aktivspielern“. Hier wäre es sicherlich möglich gewesen, die Stärken und Schwächen in einem Kapitel zusammenzufassen und dies im Inhaltsverzeichnis entsprechend zu listen, damit sich der Leser einfacher orientieren kann.
Von dieser Kleinigkeit abgesehen: Insgesamt ein tolles Buch zu einer sträflich vernachlässigten Thematik, von dem ich problemlos noch zahlreiche Folgebände studieren könnte! Im Gegensatz zu Jonathan Rowson´s „Die sieben Todsünden des Schachspielers“ jedoch – wie Großmeister Sadler seinerzeit kritisierte – nicht nur rein theoretisch-philosophischer Natur, sondern vorliegend mit einer starken praktischen Komponente, die es jedoch selbständig zu ergründen gilt!
Nach Munzerts „Schachpsychologie“, Webbs „Schach für Tiger“ und oben genannten Titel von Rowson endlich wieder ein deutschsprachiges Buch, das sich der menschlich-psychologischen Komponente widmet und sich nicht nur auf die reinen Züge beschränkt. Müller und Engel erklären anschaulich, warum welcher Spieler(typ) auch zu welcher Vorgehensweise tendieren würde und welches die diesbezüglichen Vor- und Nachteile in der konkreten Spielsituation sein können.
Ich denke, wem daran gelegen ist, sein Spiel auf allen Ebenen runder im Sinne von „vollkommener“ zu gestalten, sollte zu dem neuen Buch von GM Müller und Engel greifen. Hier findet sich sowohl das theoretische Rüstzeug, mit dem man seinen eigenen Stil auch schachphilosophisch auf Effizienz hinterfragen kann und sicherlich die eine oder andere vorhandene Schwäche auf der spielpraktischen Ebene in eine Spielertypische Stärke verwandeln zu können! Und ich bin mir sicher, diese Anschaffung lohnt sich weit mehr als der Blick in die neueste Eröffnungsmonographie!
Rezension von von Dariusz Gorzinski im Dezember 2020
Inspiriert durch das 2005 erschienene und bereits vergriffene Buch von Lars Bo Hansen „Foundations of Chess Strategy“, haben Karsten Müller und Luis Engel uns Schachspielern mit dem vorliegenden Werk „Spielertypen im Schach – Ihre Stärken und Schwächen“ ein Werkzeug in die Hand gelegt, das es uns erleichtert, strategische Entscheidungen zu treffen.
Lars Bo Hansen nutzt bereits weit entwickelte Elemente aus der Wirtschaftsstrategie, die er auf das Schach überträgt. Er geht davon aus, dass es in einer Partie nicht nur einen einzigen Plan gibt, sondern eine Kette von aufeinanderfolgenden Plänen, bei denen auch die Reaktionen des Gegners berücksichtigt werden müssen. In seinem Modell möchte er diese Abhängigkeit daher so gering wie möglich halten, indem er die Faktoren „äußere Randbedingungen (environmental factors)“, „Materialverhältnisse“, „Spielereigenschaften (the human factor)“, „Stellungsbewertung (positional factors)“ und „Initiative“ charakterisiert, welche seiner Meinung nach die Schachstrategie formen.
Anders als bei Lars Bo Hansen, haben Karsten Müller und Luis Engel das Thema „human factor“ aus dem Komplex des Strategiemanagements isoliert und diesem ein eigenständiges Buch mit dem Titel „Spielertypen im Schach“ gewidmet, um so die Bedeutung der Thematik nochmals besonders hervorzuheben. Während Lars Bo Hansen die Rolle der vier Spielertypen anhand von vielen Partien diskutiert, gehen Karsten Müller und Luis Engel einen Schritt weiter und binden den Leser aktiv in den Prozess mit ein. Anhand von Aufgaben wird dieser nicht nur dazu ermuntert, das Verständnis des Gelernten zu überprüfen, um selbst Spieler charakterisieren zu können, sondern vielmehr erhält er die Möglichkeit, beim Lösen der Aufgaben seine eigenen Sympathien oder Antipathien sowie eventuelle Stärken und Schwächen für bestimmte Partiesituationen zu erkennen und sich durch diese Reflektion entsprechend einem oder vielleicht sogar mehreren Spielertypen zuzuordnen. Die so gewonnene Erkenntnis kann dann entweder als Vorbereitung auf den nächsten Gegner oder als Trainingsmotivation zur Korrektur der eigenen Schwächen bestens genutzt werden.
Wie ich finde, haben die Autoren uns Amateurspielern mit dem vorliegenden Werk Zugang zu einem Thema verschafft, das uns bisher eher selten vor Augen geführt worden ist.
Die Fans von Karsten Müller müssen zum Kauf dieses Buch wohl kaum überredet werden. Es ist wie immer ein Muss! Sonst ist die Lücke im Regal zu sehr sichtbar.
Luis Engel als Co-Autor und junger GM (der sich übrigens zu dem Spielertypus Pragmatiker zählt) erhält hier eine Möglichkeit, Einblicke in seine bisheriges schachliches Schaffen zu gewähren. Die Analysen und die Aktualität seiner Partien bzw. Fragmente verleihen dem Thema Frische und stellen den Bezug zur Praxis her. Auf weitere herausragende Leistungen von Luis kann man gespannt sein.
Und sollte der eine oder andere Leser an der Theorie der Spielertypen Zweifel hegen, so kann das Buch trotzdem als kurzweilige Lektüre empfohlen werden, zumal es in gewohnter Müllerscher Qualität viele Beispiele zum Thema „Elemente der Schachstrategie“ bietet – wie z.B. intuitive Opfer, Variantenberechnung, Dominanz und Restriktionsmethoden und viele mehr.
Zusammengefasst: Alle Daumen hoch (5/5) und Kaufempfehlung!!
Rezension von Jörg Palitzsch im Dezember 2020
Es ist Gold wert, wenn man weiß, was für ein Spielertyp der jeweilige Gegner ist. Herausfinden kann man dies durch das Studium seiner Partien und durch Beobachtungen im Wettkampf. In dem aufschlussreichen Buch „Spielertypen – Ihre Stärken und Schwächen“ stellt das Autorenduo GM Karsten Müller und GM Luis Engel vier Spielertypen mit ihren jeweiligen Stärken und Schwächen vor. Dem Leser eröffnen sich dadurch ganz unterschiedliche Zugänge, wobei die Autoren darauf hinweisen, ein gewisses „Schubladendenken“ gelegentlich überbetont zu haben, weil dies zu klareren Bildern führt. In vier Kapiteln werden die Spielertypen vorgestellt, auf die man in der Schachgeschichte immer wieder stößt: Aktivspieler, Theoretiker, Reflektoren und Pragmatiker. Aufschlussreich wird nicht nur beschrieben, wie es bezüglich ihrer Risikobereitschaft, ihrer Trainingsoptionen und Eröffnungsvorlieben aussieht, sondern auch, wie man als ihr Gegner auf sie eingehen sollte. Auch einem „Ausreißer“ widmen sich die Autoren - dem jungen Hyperaktiv-Spieler Michail Tal, der seine spannende Spielweise auf einfache Formeln brachte wie z.B.: „Greift der Gegner eine deiner Figuren an, so greife zwei von seinen an!“
Ganz anders die Theoretiker, zu denen in dem Buch Wilhelm Steinitz, Michail Botwinnik und Wladimir Kramnik gezählt werden. Sie sehen Schach als konkretes Spiel an, in dem ausschließlich Varianten berechnet werden. Ein Einwand bleibt allerdings: Keine Theorie ist auf Dauer ganz überzeugend, denn sonst würde das Königliche Spiel ja auf einen Teil der Mathematik reduziert.Im Unterschied dazu stehen die sogenannten Reflektoren (oder „Nachdenker“) wie etwa Weltmeister Magnus Carlsen und Ex-Weltmeister Anatoli Karpow. Sie zeichnet ein tiefes Spielverständnis aus, gepaart mit einem Gespür für Harmonie und Koordination. Ihre Hauptschwäche besteht darin, dass der Gegner sie mit dynamischem Spiel konfrontieren kann, dem zu begegnen viel Zeit kostet. Bleiben Pragmatiker wie Bobby Fischer, die von Anfang an auf konkretes Spiel aus sind und dieses schon in der Eröffnungsphase strategisch vorantreiben.
Mit Partieausschnitten und vom Leser zu lösenden Aufgaben werden die einzelnen Spielertypen weiter charakterisiert und vertiefend dargestellt.
Fazit: Das Werk „Spielertypen“ ist für jeden Leser wirklich wertvoll, egal in welchem Typus er sich selber wiederfindet. Es ist ein nützliches Lehrbuch zur Erweiterung des eigenen Spektrums.
Sein Weg zum EuropameistertitelGemeinsam mit seinem langjährigen Trainer Matthias Krallmann schildert GM Matthias Blübaum seinen Weg von der frühen Jugendzeit bis zum Europameistertitel. Dabei hat er laut eigener Aussage besonders von der ‚Prinzengruppe' des Deutschen Schachbunds profitiert, die 2008 von Bundesnachswuchstrainer IM Bernd Vökler ins Leben gerufen wurde. Bei dieser eigentlich gar nicht so langen Reise eines herausragenden jungen Talents zum deutschen Spitzenspieler wird der Leser nicht nur mitgenommen, sondern er kann ‚unterwegs' auch vieles für seine eigene Praxis lernen und bekommt allerlei didaktische Tipps und Kniffe geboten.
Zu alldem heißt es im Vorwort von IM Bernd Vökler:
„... ein besonderer Clou gelungen. Der Endspiel-Guru, Dr. Karsten Müller, seziert die Endspiele von Matthias Blübaum. Ein doppelter Genuss für den Leser! – Im nächsten Abschnitt wird dann Einblick in die Schatzkammer eines jeden Großmeisters gewährt – nämlich in sein Eröffnungs-Repertoire. Matthias Krallmann merkt an, dass selbst Exweltmeister Khalifman das komplette und in sich geschlossene Repertoire von Matthias Blübaum einst ausdrücklich gelobt hat. – Es folgen kommentierte Partien gegen die Topstars der Szene: Das Kapitel ist zum Zunge schnalzen! – Und zum guten Schluss muss der Leser selbst ran. Der große Taktiktest lädt zum Knobeln und Rechnen ein.
Matthias Krallmann und Matthias Blübaum liefern keine leichte Kost! Typisch ostwestfälisch, arbeitsintensiv, anstrengend, ehrlich und gerade – das Portrait des Schacharbeiters, des Schachgroßmeisters, des Schachpraktikers Matthias Blübaum. Der Weg zur Nummer eins in Deutschland ist kein Sprint, sondern ein Marathon!"
308 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Raymund Stolze im August 2022
Wenn man Lektor und/oder Autor ist, dann sind faire Rezensionen wahrlich nicht leicht. Wichtig ist ganz sicherlich, dass es unbedingt zu vermeiden ist, sein eigenes noch nicht geschriebenes Buch zum vorliegenden Thema zu, Maßstab zu machen, was ja die Lektüre sicher herausfordern kann.
In jedem Fall sollte spürbar sein, dass der Rezensent eine echte Beziehung zum Stoff hat. Fehlt diese, dann geht einem ein Verriss leicht von der Hand und findet sogar bei den Lesern Beifall. Aber ein solches Herangehen, sich quasi auf Kosten anderer zu profilieren, finde ich mehr als unfair.
Hauptautoren des Mitte Juli im Joachim Beyer Verlag erschienenen Bandes Schachtraining mit Matthias Blübaum – Sein Weg zum Europameistertitel sind Matthias Blübaum und sein langjähriger Trainer Matthias Krallmann.
Klar ist, dass die schachsportliche Entwicklung des inzwischen 25-jährige Großmeister im Mittelpunkt steht, die er mit Platz 1 bei der EM 2022 im slowenischen Terma Cadez vorerst krönte. Er war bislang in der Chronik dieser Titelkämpfe der erste deutsche Schachspieler, dem dies gelungen ist.
Der Titel signalisiert dem Leser, dass er chronologisch diesen für das Schach hierzulande keineswegs typischen Aufstieg verfolgen kann. Das ist auch insofern interessant, weil es ganz persönliche Einblicke in eine zehn Jahre andauernde Zusammenarbeit zwischen Matthias Blübaum und seinem Trainer gibt, die 2017 plötzlich endete. Hier wäre es fraglos interessant gewesen, von seinem Schützling zu erfahren, was ihn beeinflusst hat, nach fünf erfolgreichen Jahren Werder Bremen zu verlassen und zu den SF Deizisau zu wechseln. Mag sein, dass Matthias dazu keine Aussage machen wollte und konnte, weil er eine Verschwiegenheitsklausel unterschrieben hat.
Dass Matthias Krallmann zwischen 2005 und 2015 ein sehr gutes Schachtraining geleistet hat, beweist die Bilanz. Begonnen hat alles mit einer DWZ von 1385, zehn Jahre später war Matthias Blübaum bei 2632 angelangt im Ergebnis von ca. 600 Trainingsstunden am Brett und Computer. „Ich kann mich an keine einzige Erinnern, in der er keine Lust auf Schach gehabt hätte“, wird der Trainer zurückblicken.
Unbedingt erwähnt werden muss, dass die vom Bundesnachwuchstrainer Bernd Vökler ins Leben gerufene „Prinzengruppe“ des Deutschen Schachbundes ihn leistungssportlich enorm gefördert hat, zu der ja auch Rasmus Svane, Dennis Wagner und Alexander Donchenko gehörten. Sie alle haben das vorgegebene ehrgeizige Ziel erreicht, den Großmeistertitel verliehen zu bekommen.
Ein sehr gutes Schachbuch lebt selbstverständlich von seinem Partinteil. Und der ist ziemlich umfangreich. So werden im ersten Kapitel 66 Partien und Partiefragmente von Matthias Krallmann vorgestellt, in denen alle wichtigen Themen behandelt werden, die in praktischen Partien anzutreffen sind wie beispielsweise Königsangriff, Materialopfer, Leichtfigurenkampf, Figurenaktivität, Bauernführung, Kombinationen und Endspiele. In Kapitel 4 kommentiert dann Matthias Blühbaum fünf eigene Gewinnpartien, darunter gegen Exweltmeister Wladimir Kramnik und den WM-Herausforderer Jan Nepomjaschtschi. In Kapitel 7 schließlich sind Blübaum und Krallmann das Kommentatorenduo von EM-Partien 2022. Vielleicht wäre es hier ratsamer gewesen, zumindest die Reihenfolge einzuhalten und das alles entscheidende Remis in Runde 11 gegen Ivan Saric deshalb wegen der Dramatik an den Schluss zu setzen.
Konzeptionell gelungen finde ich, dass das Autorenteam mit den Kapiteln Endspieltraining (II), Matthias Blühbaums Eröffnungsvarianten (III) und Dem großen Taktiktest (V) in die für den gebürtigen Lemgoer typische Spielweise tiefere Einblicke gibt. Unbestritten ist das Endspieltraining - dafür konnte vom Autorenduo Großmeister Karsten Müller gewonnen werden - das beste Trainingsmaterial, weil es sehr gut gegliedert ist und dazu einen Aufgabenteil enthält. Das trifft nicht ganz so auf die Eröffnungsvarianten zu. Hier wäre es sicherlich übersichtlicher gewesen, wenn man zwei Teile als Ausgangspunkt genommen hätte, beispielsweise: Matthias mit Weiß Geschlossene Eröffnungen/Katalanisch (E04) mit Weiß 1. d4 d5 2. c4 e6 3. Sf3 Sf6 4. g3; Matthiasmit Schwarz Halboffene Eröffnungen/Französisch (C11) nach 1. e4 e6 2. d4 d5 3. exd5 exd5 4.Sf3 Sc6 (C01); 1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 Sf6 4. e5 Sfd7 5. f4 c5 6. Sf3 Sc6 7. Le3 Le7 (7...a6 8. Dd2 b5) 8. Dd2 sowie Geschlossene Eröffnungen/Slawisch (D12) nach 1. c4 c6 2. Sf3 d5 3. e3 Sf6 4. d4 Lf5 bzw. Halbslawisch (D48) nach 1.d4 d5 2. c4 c6 3. Sc3 Sf6 4. Sf3 Sbd7 usw. Sehr zu loben ist jedoch zweifellos das den erwähnten Eröffnungen zugeordneten Partiematerial.
Ein anregenden Baustein in einem guten Schachbuch sind sicherlich Textbeiträge. Die steuert im konkreten Fall Matthias Krallmann auch mit Interviews bei, wobei das so mit dem Vater seines Schützlings besonders hervorzuheben ist. Vielleicht wäre Krallmanns Überlegungen „10 Jahre Schachtraining mit Matthias Blübaum – eine Bilanz“ von seinem Schutzbefohlenen „10 Jahre Schachtraining mit Matthias Krallmann – meine Bilanz“ eine originelle Antwort gewesen.
Sein Vorwort „Matthias Blübaum – Primus inter Pares“ beendet Bernd Vökler, der seit zwei Jahrzehnten Bundesnachwuchstrainer ist, wie folgt:
„Ernest Hemingway schrieb einmal:‘Ein klassisches Werk ist ein Buch, das die Leute loben, aber nie lesen.‘ – In diesem Sinne hoffe ich für das Autorenduo, dass das Buch kein Klassiker wird, sondern dass es eifrig gelesen, bearbeitet und studiert werden möge.“
Diesem Urteil kann ich in jedem Fall zustimmen, denn das Portrait des Schacharbeiters, Schachgroßmeisters und Schachpraktikers Matthias Blübaum ist zu empfehlen!
Rezension von Christian Hoethe im Juli 2022
Sechs Jahre ist es her als der Salzgitter-Schachverein im Juni 2016 die vierte Auflage seines Schnellturniers im Helios Klinikum gab, das stets gut organisiert und besucht wurde - und konstant einhundert Teilnehmer anlockte.
In der vierten Runde bescherte mir die Auslosung den relativ frisch gebackenen, 19jährigen Großmeister Matthias Blübaum mit den weißen Figuren. Nach seinem üblichen Eröffnungszug 1. d4 landeten wir recht zügig in einem h3-Benoni. Die Stellung blieb bis zum 20. Zug recht ausgeglichen bis mein junger Gegner seine Dame optimistisch für 2 Türme und einen Bauern gab.
In der Folge erhielt ich zu meiner eigenen Überraschung eine überaus aktive Stellung und konnte mit meinen Türmen über die offene a-Linie auf die zweite Reihe gelangen. Just jedoch als ich die Chance zu einem Remis mittels Dauerschach bekam, haderte ich und wollte mehr. Großmeister Jonathan Rowson nennt es "Wollen", andere nennen es "Größenwahn". Und so kam es wie es kommen musste: der Punkt ging verdientermaßen an Matthias Blübaum, der das Turnier letztlich auch mit 7,5 aus 9 gewann. Ich landete mit 6,5 Punkten immerhin u.a. mit GM Epishin auf den geteilten 7. bis 11. Platz und war alles andere als unzufrieden.
Das war meine durchaus prägende Begegnung mit der heutigen deutschen Nummer 1, deren Karriere ich seitdem mit einer gewissen Faszination verfolge.
Entsprechend groß war deshalb auch meine Begeisterung als ich hörte, dass der renommierte Joachim Beyer Verlag ein Buch über den schachlichen Werdegang des neuen Europameisters 2022 mit dem Titel "Schachtraining mit Matthias Blübaum - sein Weg zum Europameistertitel" herausgeben würde.
Zusammen mit seinem langjährigen Trainer Matthias Krallmann und dem Endspiel-Experten Karsten Müller zeichnet Blübaum auf mehr als 300 Seiten seinen Weg von der frühen Jugendzeit bis zum Europameistertitel nach. Das ist für mich spannende Lektüre!
Blübaum, der Jahrgang 1997 ist, wurde mit 15 Jahren internationaler Meister und schon 2015, nur knapp drei Jahre später, Großmeister. Nach eigener Aussage profitierte er dabei insbesonders von der sogenannten 'Prinzengruppe' des Deutschen Schachbunds, die 2008 von Bundesnachswuchstrainer IM Bernd Vökler ins Leben gerufen wurde.
Zum Inhalt des Buches schreibt IM Vökler dazu selbst im Vorwort:
"Der Endspiel-Guru, Dr. Karsten Müller, seziert die Endspiele von Matthias Blübaum. Ein doppelter Genuss für den Leser! - Im nächsten Abschnitt wird dann Einblick in die Schatzkammer eines jeden Großmeisters gewährt - nämlich in sein Eröffnungs-Repertoire. Matthias Krallmann merkt an, dass selbst Exweltmeister Khalifman das komplette und in sich geschlossene Repertoire von Matthias Blübaum einst ausdrücklich gelobt hat. - Es folgen kommentierte Partien gegen die Topstars der Szene: Das Kapitel ist zum Zunge schnalzen! - Und zum guten Schluss muss der Leser selbst ran. Der große Taktiktest lädt zum Knobeln und Rechnen ein."
Wem die Partien von GM Blübaum weniger geläufig sind, dem sei gesagt, dass er mit Weiß üblicherweise geschlossene, strategische Systeme bevorzugt.
Im Kapitel zu seinen LIeblingsvarianten finden sich u.a. die Gligoric-Variante gegen Königsindisch, der Nimzo-Inder mit 4. e3 und frühem Ld2, sowie natürlich auch Katalanisch. Mit Schwarz verteidigt er sich gegen geschlossene Spielweisen üblicherweise klassisch-orthodox, gegen 1. e4 ist er als absoluter Französisch-Experte bekannt, spielt gern aber auch Caro Kann und in letzter Zeit auch Russisch.
Ich muss gestehen, dass mich dieses Kapitel zum Eröffnungsrepertoire besonders brennend interessiert hat. Hier hätte ich mir trotz der Fülle der Beispiele tatsächlich noch mehr persönlichen Input von Blübaum gewünscht, zum Beispiel warum er welche Stellungstypen bevorzugt, welches seine präferierten Mittelspielideen sind und wie er sich konkret auf seine GM-Kollegen vorbereitet, welche Fragestellungen er dabei berücksichtigt und welchen Stellenwert der Trainer dabei ausfüllt - vielleicht ein Wink für eine zweite Auflage?
Der Klappentext verrät ehrlicherweise, dass die Autoren ihren Lesern keine leichte Kost liefern, sondern das ehrliche Portrait eines reinen Schacharbeiters, des Schachgroßmeisters und Praktikers Matthias Blübaum. Dieser Charakteristik möchte ich mich freimütig ohne Einschränkungen anschließen. Der Taktiktest am Ende des Buches ist umfangreich und hat es in sich! Auch geübte Taktiker werden hier ausreichend gefordert!
Blübaum, dessen Schwestern und Vater selbst starke Verfechter des königlichen Spiels sind, steht nach dem Gewinn des Europameister-Titels vor der gewichtigen Frage, welchen Stellenwert er dem Werdegang zum Mathematiker gegenüber eine möglichen Profi-Schachkarriere einräumen möchte. "Aktuell ist meine Tendenz schon, es zumindest für ein, zwei Jahre einfach zu versuchen als Voll-Profi Schach zu spielen", wird er vom WDR zitiert.
Wollen wir Schachspieler es hoffen! Damit uns schon bald ein Folgeband in Form einer Biographie und noch umfangreicheren Partiensammlung vorliegt - ich bin gespannt!
Insgesamt ein tolles Buch über einen starken und interessanten Spieler, von dem wir zukünftig sicherlich noch sehr viel mehr hören werden!
Rezension von Jörg Palitzsch im Juli 2022
Ein ehrliches Bekenntnis ist für jeden Schachspieler wichtiger, als die Beschreibung von Wolkenkuckucksheimen. Deshalb sollte man sich den Satz, der auf den 1997 in Lemgo geborenen Großmeisters Matthias Blübaum zutrifft, zu Herzen nehmen: „Der Weg zur Nummer eins in Deutschland ist kein Sprint, sondern ein Marathon.“ Blübaum, ausgestattet mit einer ELO-Zahl von 2674, bekleidet die Spitzenposition in der deutschen Schachrangliste. Er kommt aus einer schachbegeisterten Familie, sein Vater Karl-Ernst hat schon einige Profis besiegt, die älteren Schwestern Bettina und Johanna waren in ihrer Jugend bei den deutschen Mädchenmeisterschaften meist in der Spitzengruppe dabei. So liegt das Schachspiel in der Familie, Vergleiche zur schachbegeisterten Familie von Weltmeister Magnus Carlsen sind durchaus berechtigt. Mit der Aufnahme in die „Prinzengruppe“, die Bundesnachwuchstrainer Bernd Völker ins Leben gerufen hat, entwickelte sich Blübaum schachlich weiter. „Wichtig war, dass innerhalb der Gruppe bis zu den Eltern die Chemie stimmte und für ein gutes Umfeld gesorgt hat“, so Vater Blübaum in einem Interview mit Krallmann.
Sein Wissen in der Vorbereitung, seinen Spielstil, seine Taktik und sein Kombinationsvermögen teilt Matthias Blübaum jetzt mit Lesern des Buches „Schachtraining mit Matthias Blübaum“. Mitautor Karsten Müller nimmt die Endspiele des Großmeisters unter die Lupe, Matthias Krallmann ist langjähriger Trainer Blübaums und steuert Kommentierungen zu Partien bei. Etwa zu einem Spiel aus dem Jahre 2017 gegen Magnus Carlsen bei den Chess Classic Karlsruhe, ein Höhepunkt der Spielerkarriere von Blübaum. Im Vorfeld sprach er über die Partie: „Es ist auf jeden Fall etwas Besonderes für mich, gegen Magnus Carlsen zu spielen. Ich bin gespannt wie die Partie läuft, und erhoffe mir dadurch zu sehen, wie groß der Spielstärkeunterschied ist.“ Nach 59 Zügen kam es in der Partie zu einem Remis.
Schachtraining mit Matthias Blübaum“ ist ganz auf die Person des Großmeisters zugeschnitten, durch die Kommentierungen Krallmanns erhält man tiefe Einblicke in die Spielweise. Nicht fehlen – und inzwischen zählt es zum Standard eines Schachbuches – ist das Einbeziehen des Lesers über zu lösende Aufgaben. Ein Gewinn für Spieler jeder Stärke.
Nach dem großen Erfolg des ersten Buches zum Modell der vier Spielertypen enthält dieser Folgeband außer gezielten Aufgaben auch allgemeine schachliche Fragen wie beispielsweise: Berechnen Sie lieber konkrete Varianten oder treffen Sie Ihre Entscheidungen eher intuitiv? Haben Sie ein gutes Gespür für Harmonie und Koordination?
Dieses Herangehen soll es den Lesern ermöglichen, sich selbst einem der Spielertypen zuzuordnen und somit herauszufinden, ob man zu den Aktivspielern gehört oder eher zu den Pragmatikern, Theoretikern oder Reflektoren. Und letztendlich können aus dem Ergebnis Schlüsse gezogen werden, um eigene Stärken weiter auszubauen oder einen insgesamt universelleren Spielstil zu entwickeln.
Denn selbst, wenn man in aller Regel dank seiner Stärken gewinnt, ist es durchaus sinnvoll, auch an den eigenen Schwächen zu arbeiten. Wenn es in einer Stellung nur einen einzigen Zug gibt, sollte man diesen natürlich finden. Spielstile sind vor allem in Stellungen von Bedeutung, in denen es eine große Auswahl gibt. Allerdings spielen diese auch bei der Wahl des Stellungstyps eine Rolle, den man angesichts seines Stils möglichst herbeiführen sollte.
Interessanterweise kann ein Spielstil auch imitiert werden, worin gegen bestimmte Gegner sogar die adäquate Strategie bestehen mag. So stechen beispielsweise bei Aktivspielern gewisse Charakteristika deutlich hervor, und sich als Gegner darauf einstellen zu können ist natürlich sehr wertvoll. Ein gutes Beispiel ist Kramniks Sieg gegen den Aktivspieler Kasparow (bei der WM London 2000). Da es Kramnik gelang, das Spiel stets in die seinem Stil angemessene Richtung zu lenken, kam sein großer Gegner überhaupt nicht dazu, die ihm eigenen Stärken in Stellungen mit Angriff und Initiative auszuspielen.
Während es in ‚Spielertypen' um eine klare Abgrenzung der vier Spielstile ging, soll in diesem Buch die Universalität jedes Spielers hervorgehoben werden. Nach Lösung der auf die vier Spielertypen zugeschnittenen Aufgaben wird ersichtlich, wie die eigenen Kompetenzen verteilt sind. Dazu heißt es im Vorwort von GM Vincent Keymer:
„So wird die Weiterentwicklung der eigenen Spielerpersönlichkeit zu einem universellen Spieler, der alle Spielertypen in sich vereinigt, vielleicht eine Utopie bleiben, allerdings eine, die zu verfolgen sich lohnt."210 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension
von Christian Hoethe im Februar 2023
Eines
der faszinierendsten Themen der Schachliteratur der letzten zwei
Jahrzehnte besteht für mich zweifellos in der richtigen Einordnung
des eigenen Spielstils und den daraus resultierenden
Schlussfolgerungen, Möglichkeiten und Potenzialen – ganz im Sinne
der Aufforderung Erkenne
Dich selbst!
über dem Eingang des Apollo-Tempels in Delphi.
Im
Jahr 2005 stellte der dänische Großmeister Lars Bo Hansen in seinem
beachtenswerten Buch Foundations
of Chess Strategy
sein Konzept der '4 Spielertypen' vor. Darin unterteilte er
Schachspieler in sogenannte Aktivspieler, Reflektoren, Pragmatiker
und Theoretiker. In diesem Rahmen beschäftigte er sich intensiv mit
der Frage, wie sehr der individuelle Spielstil Einfluss auf unsere
Entscheidungsfindungen am Brett hat.
Hansen
nannte dies The
role of the human factor in chess
und forderte seine Leser auf, den eigenen Schachstil anhand
persönlicher Charakteristika und Vorlieben analog seiner Vorgaben zu
definieren. Diese Eigenschaften wurden entsprechend der jeweiligen
Spielertypen in den Kapiteln mit konkretem Inhalt gefüllt, so dass
man sich letztlich selbst einem bestimmten Spielertyp zuordnen
konnte. Ich fand dieses Herangehen damals durchaus aufschlussreich
und nützlich.
Dieses
sowohl in der Schachtheorie als auch in der Schachphilosophie
vernachlässigte Thema interessiert mich seitdem wie kaum ein
anderes, weshalb ich es mit Begeisterung aufnahm, dass die
Großmeister Dr. Karsten Müller und Luis Engel sich im Jahr 2020 in
ihrem Buch Spielertypen
– Ihre Stärken und Schwächen
genauer damit beschäftigt haben.
Müller
und Engel greifen das von Hansen vorgestellte Konzept auf und
erweitern es umfangreich anhand zahlreicher Beispiele aus dem
Schaffen solcher Schwergewichte wie Tal, Kasparow, Carlsen, Kramnik,
Anand usw.
Sobald
ich erkannt habe, welchem Spielertyp ich angehöre, möchte ich
natürlich wissen:
1.
Welches sind die Stärken und Schwächen der jeweiligen Spielertypen?
2.
Wie und gegen wen hebe ich meine Stärken besonders hervor bzw. wie
gehe ich am besten mit meinen Schwächen um?
3.
Wie spiele ich idealerweise gegen Vertreter anderer Stile oder auch
gegen Vertreter des eigenen?
4.
Wie konzentriere ich mich effektiver auf meine Stärken und werde
insgesamt zu einem schachlichen „Allrounder“?
Es
sind insbesondere diese Fragen, die Müller und Engel zum Herzstück
ihrer Arbeit gemacht haben.
Nach
dem großen Erfolg dieses Buches zum Modell der vier Spielertypen
enthält dessen Nachfolger Spielertypen
– das Testbuch
nicht nur konkrete Aufgaben, sondern auch allgemeine schachliche
Fragen wie:
Berechnen
Sie lieber konkrete Varianten oder treffen Sie Ihre Entscheidungen
eher intuitiv?
Haben
Sie ein gutes Gespür für Harmonie und Koordination?
Diese
Vorgehensweise ermöglicht es den Lesern, sich einem der Spielertypen
zuzuordnen. Darauf aufbauend lassen sich eigene Stärken
weiterentwickeln und mögliche Schwächen gezielt reduzieren, so dass
man sich letztlich zu einem universelleren Spieler entwickeln kann.
Die
Unterschiede der Spielstile kommen vorrangig in Stellungen mit vielen
Zugmöglichkeiten zur Geltung. Allerdings spielen stilistische
Überlegungen auch ganz wesentlich bei der Wahl der Eröffnung und
des Mittelspiels bzw. des Stellungstyps eine Rolle, den man
angesichts seines Stils möglichst herbeiführen sollte.
Das
wohl bekannteste und möglicherweise auch beste Beispiel ist Kramniks
Match-Strategie gegen Kasparow bei der Weltmeisterschaft in London
2000. Kramnik gelang es wie keinem anderen zuvor, Kasparow der
Möglichkeit zu berauben, seine in Angriff und Initiative bestehenden
Hauptstärken auszuspielen. Wie gelang ihm das? Indem er mit Schwarz
die mit Damentausch verbundene 'Berliner Variante' der Spanischen
Partie wählte, gegen die der Angriffsspieler Kasparow letztlich kein
Mittel fand. Und da es ihm einfach nicht gelang, die ihm eigenen
Stärken zum Tragen zu bringen, ging Kramniks exzellente
Match-Strategie voll auf!
Ging
es im ersten Buch Spielertypen
vorrangig um eine Abgrenzung der vier Spielstile voneinander,
sprechen sich die Autoren im Folgeband Spielertypen
– das Testbuch
deutlich für eine Förderung des eigenen Spielstils in Richtung
einer größtmöglichen Universalität aus.
Trauen
Sie sich: Lösen Sie die auf die vier Spielertypen zugeschnittenen
Aufgaben und finden Sie heraus, wo sich Ihre Kernkompetenzen befinden
und wie Sie am besten darauf aufbauen können!
Unsere Bestseller der Reihe "Karsten Müller" im Paket zum Schnäppchenpreis!
Buch 1: Karsten Müller - Schachtaktik
Buch 2: Karsten Müller - Schachstrategie
Buch 3: Karsten Müller - Verteidigung
Buch 4: Karsten Müller - Positionsspiel
Die detaillierten Beschreibungen und einen Blick ins Buch entnehmen Sie bitte den einzelnen Titeln. Danke.
4 types of players with their strengths and weaknessesPlaying styles in chess are an important and often discussed topic. GM Dr. Karsten Müller and GM Luis Engel take up a model by GM Lars Bo Hansen based on 4 types of players – 'activists', 'pragmatics', 'theorists' and so-called 'reflectors'. Their respective strengths and weaknesses are explained based on many examples, complemented by numerous exercises to enable the reader to assign himself to one or the other category. "As part of the preparation for my opponents, I often try to research their typical player characteristics ... In this respect, it can be helpful to draw conclusions about the type of player, and thus about strengths and weaknesses, by looking at the openings they play – or to use the characteristics of certain players to infer the likelihood of which opening lines they might choose. These and numerous other considerations are presented in this book in a condensed and systematic form. The division of players into four prototypes is extremely helpful not only in terms of game preparation, but also to determine your own characteristics as a player. In addition, the book can serve as a helpful guide for amateurs and chess fans to get a more precise picture of certain players." (Excerpts from the foreword by GM Vincent Keymer)
248 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Review from Professor Barry Hymer, Former CSO, Chessable, May 2022
As someone who has had a lifelong professional interest in and scepticism about the value of ‘learning styles’ approaches (or their family variants, like ‘player types’), and who has even penned a savage takedown of their value in the chess world - I was intrigued to read The Human Factor in Chess by Karsten Müller and his fellow GM, Luis Engel. The title alone made me wonder if there’d be any similarities with one of my all-time favourite chessbooks – Fred Reinfeld’s The Human Side of Chess, from 1953 (Faber & Faber). There weren’t many, at least in terms of the book’s aims. Almost as prolific as Reinfeld, but with an even more consistent output in terms of quality, Müller’s stellar reputation as a chess writer and theorist needs little by way of introduction of course, and I was worried that my high regard for his work wouldn’t survive this foray into the fascinating but theoretically questionable and fundamentally untestable world of ‘learning styles’. In particular, would I encounter facile conflations of playing styles (a chessplayer’s habitual preference for playing certain types of positions – and not just won ones – and in certain types of ways) with assumptions that these are built on certain supposedly innate and immoveable qualities or predispositions? Turns out F. Scott Fitzgerald was right, and it’s quite possible to hold two opposing ideas in mind at the same time, and still function. At least it is in the hands of first rate minds and authors like these.
First things first. The book builds on the classification of player types introduced by Lars Bo Hansen in his book Foundations of Chess Strategy (Gambit, 2005). Though there are some divergences from the Hansen book in the attribution of individual players from chess history to certain categories, both books posit the existence of four player types: activist, theorist, reflector and pragmatic. Having acknowledged that this won’t be the only possible model, and ‘stereotyped’ or overly dogmatic thinking inevitably brings dangers with it, the suggestion is made (endorsed by Vincent Keymer in his preface) that knowledge of one’s own and one’s opponent’s typology can be helpful in terms of game preparation and self-knowledge. Strengths and weaknesses of each type are outlined, with suggestions for leveraging one’s own strengths whilst exploiting one’s opponent’s weaknesses – in a manner analogous to the old game rock, paper, scissors: eg reflectors’ mastery of prophylaxis can trump activists, who in turn can use their knowledge of sharp opening lines to discombobulate both reflectors and theorists, who in turn can aim for quiet, technical positions in order to frustrate calculation-loving pragmatists.
It’s not an exact science of course, and it’s arguable whether it’s a science at all, but it’s no less fun and fascinating for that. The argument has considerable face-validity, however thin the theoretical base and legion the players who straddle more than one type – or perhaps even none. As a rough-and-ready heuristic for conceptualising player-types I believe it is both interesting and plausible, and it provides a helpful architecture for a player’s long-term journey towards a universal playing style (a goal acknowledged as such by the authors). Who, after all, doesn’t want to have a Botvinnik-like mastery of general principles, a dash of Smyslovian harmony and a dollop of Fischerlike pragmatism combined with an Alekhinian feel for the initiative? Come to think of it, just one of those qualities would be attractive to we amateurs!
The book is stronger for the authors’ decision to keep the theoretical overview light-touch, succinct and on-point. It recognises the dynamic evolution of many players’ styles (the early styles of Steinitz, Smyslov and Tal, for instance provide few clues to their later iterations), and for the most part it avoids assertions that are overly deterministic and mystical – though there are occasional lapses such as the unreferenced assertion that when it comes to “… a feeling for harmony and coordination like that of Karpov or Carlsen, you just have it, or you don’t” (p.99). I’d put good money on the likelihood that these sublime qualities didn’t appear fully-formed, but developed cumulatively over time. (By way of evidence, there are many early games of both these legends which are distinctly lacking in these qualities as well of course many games in which they are replete).
But for me the book’s standout strength is when the authors revert to type (!) and do what they excel at: harnessing a lifetime’s love for and high-level expertise in the game in the form of carefully-harvested and well-curated positions and exercises, powerfully and lucidly structured and annotated. Typologies provide the architecture for this assemblage, and for obvious reasons examples are included which serve to support the designations of particular players to particular types. No-one investing the time in working through these exercises can fail to benefit, and derive a huge amount of pleasure en passant – whatever their own player-type! And in terms of publication quality, the occasional translation infelicity aside, the impressive accuracy and visual attractiveness of the book comes as Joachim Beyer Verlag standard.
Find out your Player Type
After the great success of the first book (The Human Factor in Chess) on
the model of the four player types, this follow-up volume contains not only
specific tasks and exercises but also general questions such as: Do you prefer
to calculate concrete lines or do you make your decisions more intuitively? Do
you have a good sense of harmony and coordination?
This approach is intended to enable the reader to assign himself to one of
the player types and find out whether he belongs to the activists or rather to
the pragmatists, theorists or reflectors. The result allows to draw conclusions
in order to further expand the individual strengths or to develop a more
universal playing style overall.
Because even if you usually win thanks to your strengths, it makes sense to
work on your own weaknesses as well. Of course, if there is only one move in a
position, you should be able to find it. Playstyles are especially important in
positions where you have a great choice. However, they also play a role when you
choose the type of position, which you should strive for based on your
style.
Interestingly, a playstyle can also be imitated, which may even be the
appropriate strategy against certain opponents. For example, certain
characteristics stand out clearly in activists, and being able to adjust to them
as an opponent is of course very valuable. A good example is Kramnik's win over
activist Kasparov (at the London 2000 world championship match). Since Kramnik
always managed to steer the game in the direction appropriate to his style, his
big opponent never had the chance to demonstrate his own strengths in positions
with attack and initiative.
While 'The Human Factor' was about a clear distinction of the four playing
styles, this book aims to emphasize the universality of each player. After
solving the tasks tailored to the four player types, it becomes clear how your
own competencies are distributed. Accordingly, GM Vincent Keymer states in his
foreword:
"Even if the further development of one's own player personality to a
universal player who unites all player types may remain a utopia, it's still
worth pursuing."
206 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Review
by Alexey Root in August 2023
Grandmaster
(GM) Karsten Müller, GM Luis Engel, and FIDE Master Makan Rafiee are
the authors of The Human Factor in Chess - The Testbook, subtitled
„Find out your Player Type.“ Published in 2023 by JBV Books, it
is a follow-up volume to 2020’s The Human Factor in Chess,
subtitled „4 types of players with their strengths and weaknesses.“
GM Vincent Keymer wrote the forewords to both the 2020 and 2023
volumes. USCF Sales carries the 2023 book for $24.95.
The
following review also appeared on SparkChess in July 2023. I write
for SparkChess twice a month.
What
is your Player Type?
Do
you prefer to calculate concrete lines, or do you make your decisions
more intuitively? Do you have a good sense of harmony and
coordination? The Human Factor in Chess - The Testbook helps you
discover your Player Type through tasks and exercises.
The
four Player Types are Activist, Theorist, Reflector, and Pragmatic.
According to The Human Factor in Chess - The Testbook, knowing your
Player Type allows you „to draw conclusions in order to further
expand the individual strengths or to develop a more universal
playing style overall.“
Chess
Problems
While
I found excerpts from Keymer’s 2020 foreword online, I could not
find sample pages online from the 2023 volume. Publisher JBV Books
mailed a review copy of The Human Factor in Chess - The Testbook to
me. Here is a link (two problems on page 13) of the first two chess problems from the first chapter about
Activists.
Answers
For
the first problem, on the left, I initially considered 17. c3, using
my c-pawn to defend my d-pawn. Then my knight could leave that pawn’s
defense and attack Black’s king. But then I found 17.Bxg6! I was
influenced by the problem being in the „Activist“ chapter. I
figured an active move was expected.
In
my opinion, finding „How should White continue?“ in the first
problem is harder than deciding, in the second problem at right in
the photo above, if Nf5 is good or bad. After all, I have a 50%
chance to guess correctly regarding the quality of Nf5. Yet
designating Nf5 as a good move got me 2 AP (Activist Points) while
finding 17.Bxg6 got me 1 AP.
I
could not find the authors’ formula for how points are awarded.
Nonetheless, I enjoyed earning points. Also, I learned from the
authors’ explanations of why the correct answers were superior to
other moves.
Die Verteidigungskunst hat in der Schachliteratur generell weniger Aufmerksamkeit erfahren als das Angriffsspiel.
Die Autoren haben sich in diesem Buch der Verteidigung in besonderer Weise angenommen, indem sie den Leser nicht nur anhand instruktiver Beispiele in die einzelnen Themen einführen, sondern ihn gleichzeitig motivieren, als Löser von ausgewählten Übungen und Denksportauf- gaben an die „Grenzen seiner Komfortzone“ zu gehen. Zu den behandelten Themen gehören:
Prinzipien und Methoden des Verteidigers
Verteidigung gegen einen Königsangriff
Neutralisierung einer Initiative
Rettung des Remis
Passive oder aktive Verteidigung
die Entwicklung von Gegenspiel
aber auch sonst nur stiefmütterlich behandelte Fragen wie die der Verteidigung gegen den Minoritätsangriff. Einem der findigsten und zähesten Verteidiger unter den Weltmeistern, Tigran Petrosjan, ist ein eigenes Kapitel gewidmet, zudem ist die deutsche Ausgabe um ein neues Kapitel mit aktuellen Beispielen und Testaufgaben erweitert worden. Die Übungen richten sich an versierte Vereinsspieler, bei der ernsthaften Beschäftigung mit diesen „Herausforderungen“ winkt als Lohn, die eigenen Fähigkeiten in der Verteidigung erheblich verbessert und gefestigt zu haben. Nur derjenige, der auch die Verteidigung beherrscht und bis zum Partieende nicht aus den Augen verliert, wird letztlich beim Kampf am Brett reüssieren!
Großmeister Dr. Karsten Müller wurde 1970 in Hamburg geboren. Er studierte Mathematik und promovierte 2002. Seit 1988 spielt Karsten Müller für den Hamburger SK in der Bundesliga und errang den Großmeister-Titel 1998. Der weltweit anerkannte Endspiel-Experte wurde 2007 als „Trainer des Jahres“ vom Deutschen Schachbund ausgezeichnet.
Der internationale Meister Merijn van Delft (1979) lebt in Hamburg und arbeitet als Schachautor und Trainer. Seine Erfahrungen hat er zusammen mit seinem Vater Karel in Developing Chess Talent festgehalten.
262 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Heinz Däubler im Mai 2017
Verteidigung - Ein Testbuch
Endlich ist das 2010 bei Russel Enterprises, Milford (USA), erschienene Buch „Chess Cafe Puzzle Book 3“ ins Deutsche übersetzt worden. Der Joachim-Beyer-Verlag legte es als Karsten Müller „Verteidigung“ auf.
Dass bei vielen Spielern Defizite bei der Verteidigung zu sehen sind, war für den Autor Dr. Karsten Müller – Großmeister und 2007 vom Deutschen Schachbund als „Trainer des Jahres“ ausgezeichnet – eigentliche Motivation zum Schreiben dieses Werkes. Sollten auch Sie das Gefühl haben, ihre Verteidigungsfähigkeiten verbessern zu müssen, so kommt dieses Buch gerade recht. Der Autor wagt einen breiten Ansatz und geht umfassend auf Verteidigungen ein.
Nach dem einleitenden Kapitel über Prinzipien und Methoden des Verteidigens unterteilt er den zu behandelnden Stoff in die Kapitel „Gegen Königsangriff verteidigen“ (25 Seiten), „Gegen Initiative kämpfen“ (15 Seiten), „Dauerschach“ (3 Seiten), „Patt“ (10 Seiten), „Richtiger Abtausch“ (13 Seiten), „Qualitätsopfer“ (22 Seiten), „Gegen Minoritätsangriff verteidigen“ (9 Seiten) und „Schlechte Endspiele“ (15 Seiten). Dem großartigen Verteidigungskünstler Tigran Petrosjan ist ein separates Kapitel gewidmet.
Durchgängig erläutert der Autor das zu Behandelnde anhand von per Diagramm dargebotenen Stellungen aus Großmeisterpartien und erläutert die Verteidigungsressourcen ausführlich. Jedes Kapitel beschließen umfangreiche Übungsaufgaben, die im Index gründlich gelöst werden. So ist schon bei der Durcharbeitung des Stoffes aktive Mitarbeit angesagt.
Den Erläuterungsteil schließt Kapitel 11 mit 24 Aufgaben als Aufwärmübung für die abschließenden Tests ab. In Kapitel 12 kann der Leser seine Fortschritte auf dem Gebiet der Verteidigung anhand von 16 Tests zu je 8 Testaufgaben bewerten. Fazit: Ein mitarbeitsorientiertes Werk, mit dem der Leser zweifellos seine Fähigkeiten in der Verteidigung entscheidend verbessert.
Rezension"Karsten Müller - Verteidigung" ist eine bemerkenswerte Neuerscheinung aus dem laufenden Jahr 2016, die schon im Untertitel verdeutlicht, was sie will. "Teste und verbessere deine Fähigkeiten in der Verteidigung" ist die Aufforderung an den Leser. Das Werk ist eine Übersetzung des 2010 in englischer Sprache von Russell Enterprises herausgegebenen Buches "Chess Cafe Puzzle Book 3". Die deutsche Ausgabe ist dabei allerdings um das Kapitel 13 erweitert worden, das neue Verteidigungsbeispiele enthält und damit eine Aktualisierung des Stoffes erreicht. Auch wenn der deutsche Spitzenspieler und Experte der Verteidigungskunst im Schach Karsten Müller alleine im Titel vorkommt, handelt es sich doch um eine Koproduktion des Autorenduos Karsten Müller und Merijen van Delft. Es hat aber wohl eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung zwischen beiden gegeben. Während Müller für die ausgewählten Stellungen und Analysen ganz überwiegend den Hut aufhatte, war van Delft, in Hamburg lebender IM, vor allem für das geschriebene Wort zuständig. Sie betonen im Vorwort, dass "Karsten Müller - Verteidigung" dennoch eine echte Gemeinschaftsarbeit ist, weil beide Autoren alle Inhalte Punkt für Punkt durchgegangen sind. Eine der wichtigsten Voraussetzungen des Spielers, sich gut in der Partie zu verteidigen, bezeichnen die Verfasser schon auf den ersten Seiten. Er muss Spaß an der Verteidigung haben, nur dann findet er mit der richtigen Einstellung den richtigen Weg auf dem Brett. Unabhängig davon, ob man "heroisch" eine Verluststellung zu retten hat oder "alltäglich" defensive Techniken einsetzen muss - der Spieler muss die richtige Einstellung verkörpern, um sich am Brett als leistungsstarker Verteidiger beweisen zu können. In der Rangliste der Möglichkeiten, sich zu einem besseren Verteidiger zu entwickeln, sehen die Autoren das Spielen schlechterer Stellungen gegen stärkere Gegner mit der anschließenden Analyse vorne. Dann aber kommt bereits das Erlernen der Verteidigungsstrategien mit anschließenden Lösungsaufgaben und Tests. Und genau hier hakt "Karsten Müller - Verteidigung" ein. Das Werk ist in 13 Kapitel gegliedert. Man könnte auch von deren 14 sprechen, denn es gibt noch einen umfangreichen Lösungsteil im Anschluss, der nicht als Kapitel mitgezählt worden ist. Die Stoffvermittlung beginnt mit grundlegenden Techniken im Kapitel 1, in der Folge spezialisiert sie sich dann in den Kapiteln 2 bis 9. Eine Sonderstellung nimmt das Kapitel 10 ein, in dem die Verteidigungskunst des früheren Weltmeisters Tigran Petrosjan ins Scheinwerferlicht genommen wird. Der Darstellung der Verteidigungstechniken folgen Übungen und Tests. Die Lösungen darauf sind am Ende des Buches zu finden, zwischen ihnen und den Tests ist noch die Erweiterung der deutschen Ausgabe eingeordnet worden, wie schon erwähnt als Kapitel 13. Auf die Kapitelüberschriften reduziert sieht das Inhaltsverzeichnis hinsichtlich der Kernbereiche wie folgt aus: 1. Prinzipien und Methoden des Verteidigens 2. Gegen einen Königsangriff verteidigen 3. Gegen die Initiative kämpfen 4. Dauerschach 5. Patt 6. Der richtige Abtausch 7. Qualitätsopfer 8. Gegen den Minoritätsangriff verteidigen 9. Schlechtere Endspiele verteidigen 10. Der großartige Tigran Petrosjan 11. Einfache Aufgaben 12. Tests 13. Verteidigungsbeispiele. Die einzelnen Theoriekapitel sind identisch aufgebaut. Einer kurzen Einführung in die jeweilige Thematik folgt die Darstellung des zu behandelnden Verteidigungsmanövers anhand von Diagrammen und Partiefragmenten. Zumeist unterteilt sich der Stoff weiter und zwar in mehrere Elemente der Verteidigungstechnik, die dann entsprechend in Unterpunkten behandelt werden. Auch zu diesen findet der Leser regelmäßig wieder eine zumindest kurze Einführung vor, bevor die Autoren dann nach dem beschriebenen Muster fortfahren. Die Art und Weise, wie die Mittel der Verteidigung erörtert werden, halte ich für mustergültig. Die Autoren arbeiten mit kleinen Portionen, erklären und erläutern so gut wie alles, was stattfindet. Sie erreichen bei dem Spieler, der intensiv auf das Werk eingeht, ganz sicher die Entwicklung eines Spaßgefühls im Umgang mit der Verteidigungspflicht, neben der für mich unzweifelhaft eintretenden Verbesserung des Leistungsvermögens. Zu den maßgeblichen Prinzipien des Buches gehört der extensive Einsatz von Aufgaben, die der Leser lösen soll. Sie sind zu den einzelnen Themen innerhalb der Kapitel, als einfache Aufgaben im Kapitel 11 und als Tests im Kapitel 12 zu finden. Die Autoren handeln hierdurch intensiv nach einem Aphorismus von Konfuzius: "Was du mir sagst, das vergesse ich. Was du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was du mich tun lässt, das verstehe ich." Soweit diese Aufgaben innerhalb der einzelnen Kapitel gestellt werden, tragen sie unmittelbar zum Lernen des aktuell behandelten Stoffes bei. Der Leser konsumiert nicht nur die Ausführungen, sondern hat die daraus gewonnenen Erkenntnisse sogleich anzuwenden, wobei er wie in seiner eigenen Partie Lösungen sucht, verwirft oder anwendet und dabei die Qualität seiner Analysen an Erfolg oder Misserfolg messen kann. Gerade die zuvor schon genannten Tests, die weit vorgerückt im Werk verortet sind und das gesamte Stoffgebiet umfassen, haben es in sich. Der Leser soll sich jeweils eine Stunde lang mit ihnen beschäftigen und möglichst eine Schachuhr dabei einsetzen, um ein Partie-Feeling zu erzeugen. Je nach seinem Lösungserfolg darf er sich Punkte gutschreiben, die schließlich mit ihrer Summe darüber entscheiden, ob er noch einmal von vorne anfangen sollte, den Weltmeister herausfordern bzw. Stufen zwischen diesen beiden Extremen für sich reklamieren darf. Auch dieses Leistungsregister beweist, dass "Karsten Müller - Verteidigung" die Vermittlung von Spaß an der "Arbeit" zu einem Hauptanliegen erklärt hat. Ganz zum Schluss gibt es noch ein Quellenverzeichnis und zwei Fotos von den Autoren. Das Buch hat einen festen Einband, ist gebunden und hält als besonderen Pfiff ein Lesebändchen bereit, so dass man immer weiß, wo es zum nächsten Lernhäppchen weitergeht. Fazit: "Karsten Müller - Verteidigung" ist ein ausgezeichnetes Lehr- und Testbuch zur Verteidigung im Schach. Der Leser, der das Werk konzentriert durcharbeitet und diszipliniert die an ihn gerichteten Aufgaben löst, wird seine Spielstärke zweifellos heben. Der Spieler soll Freude an der Verteidigung zu entwickeln lernen, das Buch hilft ihm dabei.Uwe Bekemann, Oktober 2016, (Fernschachpost BDF und Rochade Europa)
Im Schach strategisch spielen bedeutet, langfristige Ziele zu planen und diese möglichst auch innerhalb einer begrenzten Partiephase zu erreichen. Das strategische Spiel unterscheidet sich damit im Wesen vom Kombinationsspiel, das die Umsetzung kurzfristiger Zielsetzungen mit taktischen Mitteln betreibt. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Strategie in kleinen Schritten, die meist taktischer Natur sind, zum Erfolg geführt wird. Strategisches und taktisches Vorgehen sind daher eng mit- einander verwoben und nicht scharf voneinander zu trennen. Bekanntlich gilt: Alle guten Züge haben einen strategischen Zweck, und überwiegend weisen sie zugleich taktische Elemente auf.Dies ist der vierte und krönende Schlussband von Karsten Müllers Reihe zu Lehr- und Übungsbüchern, die sich dem Mittel- und Endspiel widmen. Thematisch nahe verwandt mit dem vorhergehenden Band „Positionsspiel“, will dieses Werk weitere Schwerpunkte im Bereich der strategischen Spielführung setzen und wiederum den Leser anleiten, sich anhand zahlreicher Übungs- und Testaufgaben zu verbessern und zu vervollkommnen. Zu den Kernthemen der Autoren gehören Prophylaxe, der richtige Abtausch, Domination, Verwertung eines Vorteils, u.a.. Fraglos richtet sich dieser Trainingskurs an fortgeschrittene Spieler, die bereits auf grundlegende strategische Kenntnisse zurückgreifen können, die aber auch bereit sind, durch eine gewissenhafte Selbstschulung an ihren Fähigkeiten zu arbeiten und diese optimal zu entwickeln. Der so trainierte Spieler wird sicherlich im Prozess der strategischen Entscheidungsfindung am Brett merkliche Fortschritte erkennen lassen und durch die Wahl der jeweils richtigen Strategie seine Erfolgsquote allmählich steigern können.
Großmeister Dr. Karsten Müller wurde 1970 in Hamburg geboren. Er studierte Mathematik und promovierte 2002. Seit 1988 spielt Karsten Müller für den Hamburger SK in der Bundesliga und errang den Großmeister-Titel 1998. Der weltweit anerkannte Endspiel-Experte wurde 2007 als „Trainer des Jahres“ vom Deutschen Schachbund ausgezeichnet.Alexander Markgraf ist Internationaler Meister (2011) und spielt in der 1. Bundesliga für den SV Werder Bremen, zudem ist er als Schachtrainer aktiv.
284 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Heinz Däubler im Dezember 2017
In diesem Jahr ist im Joachim-Beyer-Verlag mit Müller/Markgraf „Karsten Müller – Schachstrategie“ – Teste und verbessere deine strategischen Fähigkeiten der vierte und letzte Band aus Karsten Müllers Reihe zu Lehr- und Übungsbüchern erschienen, der sich mit dem Mittel- und Endspiel beschäftigt. Er schließt sich wohltuend an die hohe Qualität der drei Vorgänger an.
Das Werk richtet sich ausschließlich an den fortgeschrittenen Spieler und ist bestens geeignet, die auch auf höherem Spielniveau immer wieder anzutreffenden Lücken auf dem Gebiet der Schachstrategie zu schließen.
Den angebotenen Lernstoff bereiten die Autoren in sechs Kapiteln auf. Aus Sicht der Lerntechnik als sehr vorteilhaft wird empfunden, dass Schachstrategie nicht nur an exzellenten und kompetent besprochenen Beispielen erklärt wird. Genauso nützlich sind die in die einzelnen Kapitel eingebauten 32 Übungen. Diese regen den Leser zu aktiver Teilnahme an und tragen zur Vertiefung des Lernstoffes bei.
In Kapitel 1 gehen die Autoren anhand von 20 Beispielen auf das weite Feld der Prophylaxe ein. Hier wird der Leser lernen, nicht nur über eigene Pläne nachzudenken, sondern denen des Gegners dieselbe Bedeutung beizumessen. Kapitel 2 erläutert das Prinzip der zwei Schwächen und zeigt, wie eine zweite Schwäche erzeugt und ausgenutzt wird. In den Kapiteln 3 bis 6 nehmen sich die Autoren der strategischen Themen „Der richtige Abtausch“ (15 Beispiele), „Domination“ (17 Beispiele), „Nichts überstürzen“ (8 Beispiele) und „Verwertung eines Vorteils“ (15 Beispiele) an.
Das Werk ist nicht nur als Lehrbuch, sondern auch als Testbuch konzipiert. Die Autoren bieten 14 Tests mit je 8 Aufgaben an und raten, diese innerhalb einer Bedenkzeit von jeweils einer Stunde „vom Blatt“ zu lösen. So vorgegangen kann der Leser seine „positionelle Elo-Zahl“ ermitteln.
Fazit: Ein exzellentes Übungs- und Testbuch, dass mit Sicherheit die strategischen Fähigkeiten des Lesers verbessert
Rezension von Jörg Palitzsch im Dezember 2017
Der Niederländer Max Euwe, von 1935 bis 1937 fünfter Schachweltmeister, hatte eine ganz eigene Meinung über Strategie und Taktik: Strategie braucht Denken, Taktik braucht Beobachtung, so seine Erklärung. Im militärischen Sinne ist Taktik die lokale, also begrenzte Planung, während die Strategie das große Ganze im Auge hat und die globale Planung darstellt. Großmeister Dr. Karsten Müller hat sich in einer Buchreihe im Joachim Beyer Verlag neben der Verteidigung und dem Positionsspiel bereits der Schachtaktik gewidmet und nun mit Co-Autor und dem Internationalen Meister Alexander Markgraf ein Test- und Übungsbuch über die Schachstrategie vorgelegt.
In sechs aufschlussreichen Kapiteln zeigt Karsten Müller Wege, wie man die eigenen strategischen Fähigkeiten Zug um Zug verbessern kann. Dem schließt sich ein 110-seitiger Trainingskurs inklusive Lösungen an, der sich an fortgeschrittene Spieler richtet.
Ein Schlüsselbegriff des Buches ist „Prophylaxe“. Müller erklärt damit eine Spielweise für alle Bereiche auf dem Schachbrett, in der sich Vorbeugung und Verhinderung ergänzen. Wenn dieses Konzept sorgfältig angewandt wird, kann die Zahl taktischer Versehen, die am Ende in eine Verlustpartie führen, beachtlich reduziert werden. Für den Schachspieler – und dies bedeutet einen Schritt zur Selbstdisziplinierung – muss dabei nicht nur die Beobachtung der eigenen Spielweise im Mittelpunkt stehen, gleichrangig erfordert die Prophylaxe auch eine gleichrangige Beobachtung des Gegners. Dazu gehört das vollkommene Verständnis für den Stellungstyp und die beidseitigen Pläne. „Zum Beispiel sollte der Besitzer des Läuferpaares sich dessen bewusst sein, dass der gegnerischer Hauptplan in der ,Halbierung' des Paares besteht“, erklärt Müller. Auch bei bestimmten Bauernstrukturen sei es wichtig zu wissen, welche Figuren abgetauscht und welche behalten werden sollten. Etwa zu Verwendung für einen Vorposten, so ein weiteres Beispiel Müllers.
Nun kann man sich in der Theorie vieles vornehmen, was in emotionalen Spielphasen schnell wieder vergessen wird. Schon allein der Gedanke, über den nächsten oder übernächsten Zug des Gegners nachzudenken, wird in der Regel von der Vorstellung der eigene Spielführung überdeckt, wenn nicht gar verdrängt. Karten Müllers Buch „Schachstrategie“ übt eine andere Sichtweise ein und führt vom Weg der bloßen Taktik in ganz unterschiedlichen Spielphasen zu einer umfangreicheren Spielstrategie am Brett.
Vom theoretischen Konzept aus beschreibt der Großmeister zunächst das Prinzip der „zwei Schwächen“. Gemeint sind damit Bauern oder Felder, die, etwa in der Eröffnungsphase, nicht mehr von Bauern verteidigt werden können. Eine Schwäche allein sei in der Regel noch nicht von Belang, als „bedenklich“ stuft der Autor allerdings schon zwei oder gar einen schwachen Farbkomplex ein. Geht man die Lehrbeispiele und die zahlreichen Partiebeispiele durch, wird sehr schnell klar, dass man vor allem in der Verteidigung nicht an allen Fronten präsent sein kann und deshalb die von Müller beschriebene Prophylaxe von Anfang an um so wichtiger ist. Langfristige Manöver könnten nur bewerkstelligt werden, wenn der Gegner kein effektives Gegenspiel hat, so Karsten Müller.
Ein weites Feld nimmt das Kapitel über den richtigen Figurenabtausch ein. Müller stellt dazu Richtlinien auf, die in ihrer Ausführlichkeit dem Schachnovize wie dem Schachmeister dienlich sind. So profitiert beim Abtausch immer eine Seite am Brett mehr als die andere. Im Eifer des Gefechts sollte man darauf achten, dass man natürlich selbst der Profiteur ist. Figuren sollte man nicht automatisch abtauschen. Wenn aber doch abgetauscht wird, sei es wichtig, was danach noch auf dem Brett steht.
Wohin ein Springer getrieben werden kann, wird im Kapitel „Domination“ beschrieben. Die Figur hat, trotz ihrer Wendigkeit auf dem Brett, mitunter doch Probleme, von einem Punkt zum anderen zu kommen. Strategisches Vorgehen bedeutet jedoch, dass man vielmehr bestrebt sein sollte, den Bewegungsspielraum der Figuren des Gegners so einzuengen, bis sie völlig dominiert werden. Der Springer, so der Autor, ist jene Figur, die mit einer guten Strategie am meisten darunter zu leiden hat. In einem weiteren Kapiteln warnt Autor Müller vor überstürztem Handeln, etwas wenn der Gegner keinerlei nennenswertes Gegenspiel mehr aufzuweisen hat. Im letzten Kapitel wird anhand von 15 Partien nicht nur die Verwertung eines Vorteils aufgezeichnet, es fließen auch alle vorherigen Strategien nochmals ein.
Fazit: Das Buch „Schachstrategie“ von Karsten Müller und Alexander Markgraf ist mehr als ein Lehrbuch. Mit einem umfangreichen Testteil kann man die strategischen Lehrstücke der Partien aus den einzelnen Kapiteln vertiefen und sich somit selbst trainieren. Der Erfolg wird sich einstellen. Spätestens dann, wenn man sich vom kleinteiligen Taktiker zu einem Strategen mit Überblick entwickelt hat.
Rezension von Rolf Raschka für EKZ-Bibliothekservice im Juni 2017
Das nach Karsten Müllers "Schachtaktik", "Verteidigung" und "Positionsspiel" vierte Lehr- und Übungsbuch des Großmeisters und renommierten Trainers überzeugt wieder durch eine klare und übersichtliche Aufmachung. Es behandelt anhand von Meisterpartien vorbeugende Maßnahmen gegen gegnerische Pläne, Erzeugen von Schwächen, richtiges Abtauschen und anderes. Jedem Kapitel sind Übungen zugeordnet, und am Schluss folgen Testaufgaben, um die eigene Spielstärke zu bestimmen. Die Lösungen für Aufgaben und Tests werden ausführlich erläutert. Das für ehrgeizige (Vereins-)Spieler gedachte, inhaltlich dem "Positionsspiel" verwandte Buch ist neben den Vorgängern … sehr zu empfehlen!
Teste und verbessere Deine positionellen Fähigkeiten
Das Positionsspiel unterscheidet sich grundlegend vom Kombinationsspiel, das durch taktische Manöver einen schnellen Materialgewinn oder das Matt anvisiert. Das Positionsspiel zielt hingegen darauf ab, die Stellung allmählich zu verbessern, bis diese für einen entscheidenden Schlag reif ist. Bei dieser Schritt-für-Schritt-Strategie ist in der Regel keine präzise Berechnung oder abschließende Bewertung der Abspiele möglich. Zudem besteht oft eine Wahl zwischen verschiedenen gesunden Fortsetzungen, die dem Spieler eine schwierige Entscheidung abverlangt. Meist kann diese Entscheidung nur aufgrund eines tiefen Verständnisses des Stellungsspiels getroffen werden, zuweilen lediglich intuitiv aus einem Positionsgefühl, das erst durch eine mehrjährige Spielpraxis ausgebildet und erworben werden muss.
Das vorliegende Werk will die Fähigkeiten des Spielers im Stellungsspiel verbessern, den Positionsblick schärfen und helfen, ein Gefühl für die richtigen strategischen Entscheidungen zu entwickeln. Zu diesem Zweck präsentiert der Autor eine Vielzahl von sorgfältig ausgewählten, instruktiven Übungs- und Testaufgaben. Der Leser ist aufgefordert, sich mit diesen intensiv zu befassen und die Lösungen zu erarbeiten, die nachstehend im Buch angegeben werden (häufig weiter ausgeführt bis zum Partieende). Zahlreiche dem Positionsspiel zugehörigen Motive werden thematisiert: Schlechte Läufer, Domination, Unterminierung, Prophylaxe, Blockade, positionelle Qualitätsopfer, Farbkomplex-Schwächen, u.a.m. Sicherlich richtet sich dieses Trainingsprogramm an den fortgeschrittenen Spieler, der bereits auf ein solides Grundwissen zurückgreifen kann. Wer dieses Training seriös absolviert hat, wird im Kampf am Brett merklich besser gewappnet sein bei der Konfrontation mit positionellen Problemstellungen, deren Bewältigung für eine erfolgreiche Spielführung unabdingbar ist.
Großmeister Dr. Karsten Müller wurde 1970 in Hamburg geboren. Er studierte Mathematik und promovierte 2002. Seit 1988 spielt Karsten Müller für den Hamburger SK in der Bundesliga und errang den Großmeister-Titel 1998. Der weltweit anerkannte Endspiel-Experte wurde 2007 als „Trainer des Jahres“ vom Deutschen Schachbund ausgezeichnet.354 Seiten, gebunden, mit Leseband, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Gerd Schowalter im März 2017
Der Hamburger Großmeister Karsten Müller ist promovierter Mathematiker und erfolgreicher Autor. Er gilt nicht nur als Endspielexperte, sondern er wagt sich auch an andere Themen des königlichen Spiels heran, etwa an Schachtaktik und hier an das Positionsspiel. Das grundsolide Werk aus dem renommierten Beyer Verlag ist auf 354 Seiten ein beachtenswertes Lehrbuch für fortgeschrittene Vereinsspieler. Es ist seit 2017 auf dem deutschen Buchmarkt. Es war aber schon im Jahre 2008 in Amerika bei Russels Enterprise, Milford in englischer Sprache, unter dem Titel „Chess Cafe Puzzle Book 2“ erschienen.
Es beginnt mit einem kurzen Vorwort von Susan Polgar. Es folgt ein weiteres Vorwort des Autors, bevor er mit einer ausführlichen Einleitung seine Absichten erklärt, wie der Schachfreund das Werk am besten nutzen soll. Er weist darauf hin, dass es viel mehr Taktikbücher gibt als Bücher, die sich auf positionelle Aufgaben und Übungen konzentrieren. Warum ist das so? Er gibt darauf die Antwort, die er mit Gevatter Computer begründet. Dieses nicht mehr wegzudenkende technische Hilfsmittel kann Lösungen auf Korrektheit und Einzigartigkeit präzise überprüfen. Hingegen können positionelle Übungen durch verschiedene Computer-Programme in ihren Lösungen sehr unterschiedlich bewertet werden. Das ist jedoch bei taktischen Aufgaben nicht der Fall. Daher ist es bei positionellen Problemen schwierig, genau die einzige Lösung zu finden. Der Großmeister ist daher großzügig, wenn er bei den Tests der Übungen stets erwähnt, wenn er auch alternative Züge für das Erreichen von Punkten anerkennt. Er ist der Ansicht, dass der gewissenhafte Leser durch das Buch sein Positionsspiel verbessern und seine Spielstärke heben kann. Er soll durchaus seine Intuition nutzen um klare Beurteilungen herbeizuführen.
Den Leser erwarten zwei Teile des Buches. Im ersten Teil geht es auf 88 Seiten um 14 unterschiedliche Motive. Dazu gehören u. a. „Blockade, gute und schlechte Läufer, Vorposten, Stellungsöffnung, Verbesserung der Figurenstellung, Schaffung einer zweiten Front, positionelles Qualitätsopfer, Vereinfachung“ usw. Zu jedem Motiv gibt es ca. fünf Übungsaufgaben.
Im zweiten Teil finden sich auf weiteren 90 Seiten 21 Tests mit unterschiedlichen Testaufgaben, die vom Diagramm gelöst werden sollten. Dafür sollte man sich jeweils zwei Stunden Zeit lassen. Weiterhin empfiehlt der Großmeister, man sollte nur einen Test pro Tag durchführen und die eigene Lösung schriftlich festhalten. Die Hinweise unter den sauber abgedruckten Diagrammen haben klare Fragenstellungen, geben aber wenige Ratschläge zum Knobeln.
Der Schlussteil nimmt fast die Hälfte des Buches ein. Er bringt die Lösungen mit angemessener Beschreibung und Ansage der erreichten Punkte. Diese werden in sog. Positionelle Elopunkte umgerechnet. Der Autor mahnt aber selbst, dass die erreichte „positionelle Elozahl“ mit Vorsicht zu genießen sei, da auch die Taktik im Schach eine extrem wichtige Rolle spielen würde.
Fazit: In gewohnt gewissenhafter Weise legt unser Hamburger Großmeister ein weiteres Lehrbuch vor, das den lernwilligen Schachfreund weiterbringen will. Seine Aufgaben sind wiederholt überprüft, auch von dem skandinavischen Meister Jacob Aagaard. Leicht sind sie allerdings nicht; man muss sich schon in die Materie reinbeißen! Das ganze Buch ist professionell gestaltet. Es hat ein hilfreiches Lesebändchen. (Vielleicht hätte man noch ein zweites dazubinden können, um das Blättern nach der Lösung zu erleichtern.)
Wer dieses Werk gewissenhaft durcharbeitet, kann gewiss seine Spielstärke heben. So gesehen, kann es nur empfohlen werden!
Rezension von Heinz Däubler im Januar 2017
Eröffnungs- und Taktikbücher gibt es wie Sand am Meer. Viel seltener trifft man Bücher an, die das Positionsspiel zum Gegenstand haben.
Ein solches hat der Joachim Beyer Verlag mit Karsten Müller – „Positionsspiel“ Anfang des Jahres auf den Markt gebracht.
In für den Verlag bekannt guter Buchqualität hat sich der Autor – deutscher Großmeister und 2007 vom Deutschen Schachbund als „Trainer des Jahres“ ausgezeichnet – mit dem Werk zum Ziel gesetzt, das Stellungsspiel des fortgeschrittenen Vereinsspielers zu verbessern, seinen Positionsblick zu schärfen und so ein Gefühl für die richtigen strategischen Entscheidungen zu treffen. Dies wird mit Sicherheit die Spielstärke des Lesers verbessern.
Das Werk untergliedert sich in zwei Hauptteile.
Teil 1: Der erste mit 88 Seiten eher knapp ausgefallene Teil ist der Beschreibung und Erklärung von 14 strategischen Motiven, wie zum Beispiel „gute/schlechte Läufer, Domination, Vorposten, Unterminierung, Blockade, Prophylaxe, zweite Front, Vereinfachung, Schwächen“, um nur einige zu nennen, gewidmet. Jedem Motiv sind circa fünf Übungsaufgaben angefügt. Als Quelle der Motive und Übungen dienen per Diagramm übersichtlich angebotene Partiestellungen zumeist aus der Großmeisterpraxis.
Teil 2 des Werks ist auf 90 Seiten 21 praxisnahen Tests mit jeweils 16 gemischten Testaufgaben gewidmet. Auch diese werden per Diagramm angeboten. Der Autor empfiehlt, nur einen Test pro Tag zu absolvieren und sich dafür rund zwei Stunden Zeit zu gönnen. Im letzten Abschnitt des Buches sind auf 170 Seiten die ausführlich kommentierten Lösungen der Übungs- und Testaufgaben zu finden. Als Test-Bewertungshilfe rechnet der Autor die Punktausbeute des Lesers in „positionelle Elopunkte“ um.
Fazit: Ein praxisnahes Testbuch zur Verbesserung der positionellen Fähigkeiten und jedem aufstrebenden Vereinsspieler zu empfehlen!
Teste und verbessere Deine taktischen Fähigkeiten
Unter den Übungs- und Testbüchern nimmt GM Karsten Müllers Schachtaktik einen hervorragenden Platz ein, wie man aus dem Erfolg der englischen Erstauflage ableiten darf. Das nun erstmals in deutscher Übersetzung erhältliche Werk versammelt insgesamt 565 Denksport- aufgaben aus dem Bereich der Taktik, wobei sämtliche Phasen der Schachpartie berücksichtigt werden. Der erste Teil des Buchs stellt alle erdenklichen Elemente und Motive der Schachtaktik in kurzer Form vor und verknüpft diese jeweils mit einer Reihe von lehrreichen Übungen, die sich vornehmlich an fortgeschrittene Anfänger richten. Der zweite Teil bietet Testaufgaben variierender Schwierigkeit, die den ambitionierten Vereinsspieler bis hin zum Meister ansprechen. Die Beispiele sind überwiegend der zeitgenössischen Turnierpraxis entnommen und befinden sich häufig auf großmeisterlichem Niveau. Kurze Hinweise (Lösungshilfen) zu den Tests werden in einem separaten Kapitel angeboten. Zwischen den beiden Hauptteilen des Buchs präsentiert der Autor außerdem eine kleine Auswahl der schönsten Kombinationen der Schachgeschichte sowie einige taktische „Perlen“ aus jüngeren Turnieren. Da die Taktik ein essentielles Element des Spiels darstellt, ohne die ein Erfolg nicht möglich ist, erscheint deren Einübung und Verinnerlichung von überragender Bedeutung für jeden aufstrebenden Spieler. Diesem wird durch das vorliegende Buch eine wertvolle Hilfe an die Hand gegeben, um sich auf jegliche Herausforderung taktischer Natur vorzubereiten. Großmeister Dr. Karsten Müller wurde 1970 in Hamburg geboren. Er studierte Mathematik und promovierte 2002. Seit 1988 spielt Karsten Müller für den Hamburger SK in der Bundesliga und errang den Großmeister-Titel 1998. Der weltweit anerkannte Endspiel-Experte wurde 2007 als „Trainer des Jahres“ vom Deutschen Schachbund ausgezeichnet.Unter den zahlreichen Publikationen zählen „Bobby Fischer“ (New In Chess) und die 14-teilige DVD-Reihe „Schachendspiele“ (ChessBase), sowie die Co-Produktion mit Frank Lamprecht „Grundlagen der Schachendspiele“ (Gambit) als Belege seiner erfolgreichen Schaffenskraft.
268 Seiten, gebunden, Leseband, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Uwe Bekemann im Mai 2016
"Karsten Müller - Schachtaktik", eine deutsche Übersetzung der englischsprachigen Originalausgabe (USA) "Chess Cafe Puzzles Book 1" aus dem Jahre 2004, zählt zu jenen Werken, die mich ganz schnell von ihrer Qualität überzeugt haben. Verfasser ist der deutsche Großmeister Karsten Müller, was bereits der Buchtitel unschwer erkennen lässt.
Das Konzept hinter diesem Buch ist ausgezeichnet durchdacht. Zunächst werden die Elemente der Schachtaktik, vom Grundreihenmatt bis zum Zwischenzug, einzeln vorgestellt. Sie werden anhand von Beispielen entsprechend erläutert. Gleich im Anschluss hat der Leser die Gelegenheit, das frisch Erlernte beim Lösen von Aufgaben anzuwenden. Hierzu bekommt er Ausgangsstellungen via Diagramm angeboten, ergänzt um Hinweise zur Lösung. Ob er richtig liegt, kann er feststellen, wenn er den Bereich mit den gesammelten Lösungen hinten im Buch aufschlägt. Die Beispiele stammen überwiegend aus der Zeit unmittelbar vor dem Erscheinungsjahr der Originalausgabe. Müller hat daneben aber auch eindrucksvolle Fragmente aus historischen Partien verwendet. Grundsätzlich ist es ohne große Bedeutung, ob die Partie, aus der die jeweilige Wendung stammt, aktuell gespielt worden ist oder aus früheren Zeiten stammt. Allein für den erfahrenen Spieler mag dies von einem gewissen Interesse sein, da ihm ältere Beispiele vielleicht schon früher mal begegnet sein können.
Zurück zum Konzept: Sobald alle Taktikelemente vorgestellt sind, stößt der Leser auf einen Aufgabenteil, in dem er für eine Lösung alle einzelnen erlernten Methoden anwenden muss. Die Steigerung zu den vorherigen Aufgaben liegt somit darin, dass er das passende Element zunächst identifizieren muss, um die Lösung zu finden.
Besondere taktische Anforderungen ergeben sich für den Spieler im Zusammenhang mit dem Endspiel, mit Eröffnungsfallen und generell mit der Verteidigung. Dem tragen entsprechende weitere Abschnitte im Werk Rechnung.
Ein Lehr- und Trainingswerk ist nur so gut, wie es den Leser bei der Stange halten kann. Dies weiß auch Karsten Müller. So hat er auch unterhaltsame bzw. den Leser animierende Inhalte eingebaut. Hierzu zählen "Die zehn schönsten Kombinationen" sowie "Taktische Perlen aus aktuellen Turnieren". Vor allem aber kann sich der Leser auf umfangreiche Tests freuen, an denen er sich abschließend beweisen kann. Die einzelnen Aufgaben unterliegen unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Die Tests bestehen aus 16 Teilaufgaben, die in einem Zug und ohne Brett gelöst werden sollen. Aus Zeitgründen kann das Pensum auch gestückelt werden. Müller gibt die aufzuwendende Zeit vor und trifft Regelungen zum Punktesystem.
Mit Ausnahme der besonders schwierigen Aufgaben kann sich der Leser Hinweise zur Lösung holen, indem er in eine entsprechende Sammlung vorblättert. Dann aber werden ihm zugleich Punkte abgezogen. Dies stachelt den Ehrgeiz an. Auf den letzten Buchseiten findet der Leser die Eingruppierung seiner Leistung anhand einer Punktetabelle.
Der aufstrebende Spieler, der "Karsten Müller - Schachtaktik" konsequent und diszipliniert - vielleicht auch mehrfach - durcharbeitet, wird zweifellos deutlich an Spielstärke gewinnen.
Mit seinem robusten Einband und seiner qualifizierten Bindung wird das Werk auch einer intensiven Nutzung standhalten. Das Lesebändchen ist ein besonderer Service, der die Arbeit mit ihm noch ein Quäntchen angenehmer macht.
Fazit: "Karsten Müller - Schachtaktik" ist ein ausgezeichnetes Lehr- und Trainingsbuch zur Schachtaktik. Für den Spieler etwas jenseits der reinen Anfangsgründe bis tief in den Bereich der Klubspieler hinein ist es eine klare Empfehlung.
Mit einem Werk wie diesem kann man übrigens auch nichts falsch machen, wenn man ein Schachbuch verschenken möchte und hierfür einen "Allrounder" sucht.
Rezension von Heinz Däubler im März 2016
Karsten Müller – Schachtaktik Ein Testbuch
Wieder ist es dem Joachim-Beyer-Verlag gelungen, dem geneigten Leser mit dem in diesem Jahr erschienenen Karsten Müller „Schachtaktik“ ein äußerst bemerkenswertes Buch anzubieten.
Mit dem Werk begibt sich der Autor – seit 1998 GM, anerkannter Endspielexperte und 2007 vom Deutschen Schachbund als „Trainer des Jahres“ ausgezeichnet – auf für ihn eher ungewohntes Terrain. Dass er die Aufgabe „Taktik“ dennoch hervorragend gemeistert hat, zeigt schon der Aufbau des Werkes, für dessen Inhalt sich der Autor im Wesentlichen aus der Großmeisterpraxis der Jahre 2000 bis 2003 bedient hat.
Im ersten Block, der zunächst 233 der insgesamt 565 Aufgaben umfasst, ordnet er Taktikstellungen systematisch 20 verschiedenen Taktikmotiven zu. Diese Vorgehensweise hilft dem Lernenden, den Blick für bestimmte Kombinationsmuster am Brett zu schärfen. Es schließen sich 100 „einfache“ Aufgaben ohne Motivzuordnung an, die derjenige Leser meistern wird, der den ersten Block aufmerksam durchgearbeitet hat.
Der zweite Block ist 160 Testaufgaben gewidmet, mit denen der Leser seinen Fortschritt bei der Lösung von Taktikaufgaben testen kann. Dabei empfiehlt der Autor, täglich 16 Aufgaben ohne Brett zu lösen. Die Aufgaben sind nicht klassifiziert und variieren im Schwierigkeitsgrad. Ein vom Autor vorgeschlagenes Bewertungssystem erlaubt die ungefähre elomäßige Einordnung des Lernerfolges.
Zwischen die beiden Hauptblöcke hat der Autor 38 Endspiele, 9 Eröffnungsfallen und 20 Beispiele zum Thema „Finde die Verteidigung“ eingeschoben. Die zehn schönsten Kombinationen der Schachgeschichte sowie fünf Partien mit taktischen Perlen runden das Werk trefflich ab.
Fazit: Ein ausgezeichnetes Taktikwerk und bestens geeignet, das taktische Gespür des Lernenden nicht unwesentlich weiterzuentwickeln.
Rezension von Rolf Raschka im Mai 2016
Der als Endspielexperte bekannt gewordene Großmeister Karsten Müller legt ein hervorragendes Trainingsbuch für starke, ehrgeizige (Vereins-)Spieler vor, die ihre taktischen Fähigkeiten in allen Phasen des Spiels verbessern wollen. In 405 meist aus modernen Großmeisterpartien stammenden, unterschiedlich schwierigen Übungsaufgaben wird der Blick für taktische Motive in der Eröffnung, im Mittel- und Endspiel geschärft. Anhand von weiteren 160 Testaufgaben lässt sich anschließend die taktische Stärke bestimmen. Im Anhang finden sich zu allen Aufgaben die Lösungen. "Schachtaktik" ist auch angesichts der guten Ausstattung mit deutlichen Stellungsdiagrammen und angenehmem Schriftbild nachdrücklich zu empfehlen.
Meister gegen Meister ist der dritte Band einer längst klassisch zu nennenden Trilogie, die mit den beiden ersten Bänden Meister gegen Amateur und Amateur wird Meister ein grundlegendes Lehrwerk der gehobenen Partieführung im Schach darstellt. Der hier vorliegende Band enthält die ursprünglichen 25 Partien aus dem Zeitraum 1970-75 sowie 5 ergänzende Partien aus den Jahren 2008-2010.
Das Buch richtet sich an interessierte Schachspieler, die sich durch das Studium hochklassiger und trefflich kommentierter Meisterpartien weiterentwickeln wollen: im Hinblick auf die strategische Behandlung aller Partiephasen, die schachliche Technik, die Ausnutzung von Fehlern, wie sie für Meister spezifisch erscheinen, und auch bezüglich der psychologischen Spielführung. Jede Partie ist mit einer ausgesuchten Thematik verknüpft, behandelt aber zugleich viele weitere Themen und Motive, die in der Partie zwangsläufig auftauchen. Bei den Eröffnungen stehen die strategischen Grundprinzipien im Vordergrund, die keinem signifikanten Wandel unterworfen sind. Der Leser erhält damit einen Einblick in meisterliche Spiel- und Denkweisen über den gesamten Partieverlauf, gleichzeitig werden ihm die Unterschiede zu amateurhaftem Spiel aufgezeigt.
Die in diesem Buch verwendeten Beispielpartien wurden von den Autoren didaktisch auf höchsten Niveau aufbereitet und mögen als Grundlage für ein weiterführendes Studium dienen, das den Aufstieg zum Meister anvisiert.
258 Seiten, gebunden, Joachim Beyer VerlagRezension von Martin Huber vom Borromäusverein:In 25 Partien wird der Leser an die Denkweise eines Schachmeisters herangeführt. Zu Beginn einer jeden Partie werden Begriffe oder Spielweisen erklärt, die eine wichtige Rolle spielen werden. Gut ist die Erläuterung der Ideen, die hinter den gewählten Schacheröffnungen stecken. Die Schachpartien sind ausführlich kommentiert. Viel Wert wird auf die Erläuterung mit Worten gelegt. Konkrete Variantenberechnungen werden zwar auch durchgeführt, sind aber zum allgemeinen Verständnis der Partien nicht erforderlich. Somit kann auch ein weniger geübter Schachspieler etwas lernen. Angenehm ist die große Anzahl von Diagrammen, die eine Übersicht über den Spielfortgang geben. - Dieses Buch ist eine gute Ergänzung zum Buch Meister gegen Amateuer, das in gleicher Konzeption Verlustpartien eines Amateurs gegen einen Schachmeister beleuchtet. Die hier analysierten Partien wurden zwar allesamt in den Jahren 1971-1974 gespielt und sind damit nicht mehr aktuell. Insgesamt ist das Buch aber sehr zu empfehlen, da es einen Klassiker der Schachliteratur darstellt und einen guten Einstieg in die anspruchsvollen Strategien der Schachmeister bietet.Martin HuberDieser Klassiker aus dem Jahre 1981 geht mittlerweile in die dritte Auflage und das nicht ohne Grund. Das Autorengespann Euwe/Meiden stellt in diesem Buch 25 ausgewählte Meisterpartien aus dem Zeitraum 1970 bis 1975 vor, all diese Partien dienen als Anschauungsmaterial für breitgefächerte schachspezifische Themen wie zum Beispiel dem direkten Königsangriff, dem isolierten Bauern oder Ausnutzung kleiner Vorteile zum Sieg, kurzum, alles was ein guter Schachspieler an Technik und notwendigem Rüstzeug für eine erfolgreiche Schachpartie benötigt. Jede einzelne Partie wird also unter dem Gesichtspunkt eines bestimmten Themas vorgestellt, ausreichend kommentiert und erläutert. Ziel des Buches ist nach Aussage der Autoren, dass durch eingehendes Studium der Partien die eigene Technik verbessert wird. Bei der dargebotenen Themenvielfalt ist für jeden etwas dabei, die richtigen Schlüsse muss aber jeder selbst daraus ziehen. Euwe und Meiden helfen dem Leser aber das ganze Buch hindurch mit wertvollen Kommentaren und Hinweisen auf die richtige Spur zu kommen. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der sein allgemeines Verständnis vom Schachspiel vertiefen will, allerdings sollte der Leser bereits einiges an Erfahrung mitbringen (ab ca. 1600 DWZ).
Martin Rieger
Amateur wird Meister ist der erste Band der längst als Klassiker geltenden Euwe/Meiden-Trilogie, die aufgrund der hervorragenden Sachkompetenz der Autoren und der didaktischen Qualität im Aufbau des Werks eine hohe Popularität erlangt hat. In einem einleitenden Kapitel werden die wesentlichen Unterschiede zwischen amateurhaftem und meisterlichem Spiel aufgezeigt und die Aspekte der Spielführung diskutiert, die auf Seiten des Amateurs der Verbesserung bedürfen, will dieser den Rang eines Meisters erreichen. Es folgen 25 ausführlich und sorgfältig kommentierte Partien zwischen einem jeweils anonymen Amateur und Meister in der Weise, dass die Spielstärke des Amateurs sukzessive zunimmt, bis er in den letzten drei Partien – zum Meisteranwärter gereift – den Meister bezwingen kann. Bezüglich der aufgenommenen Eröffnungen haben die Autoren eine geschickte Auswahl getroffen, wobei jegliche eröffnungstheoretische Überfrachtung bei der Kommentierung vermieden wird. Besonders eingehend erörtert wird die kritische Übergangsphase von der Eröffnung ins Mittelspiel, da hier anhand von adäquaten Strategien die Weichen gestellt werden für den weiteren Partieverlauf, und weil Amateure an diesem Punkt oft merkliche Schwächen in der korrekten Planfindung erkennen lassen.Die Zielgruppe der aufstrebenden Amateure verfügt hiermit über ein Lehrbuch der schachlichen Spielführung, das alle Partiephasen einbezieht und dabei einen instruktiven Einblick in die Gedankenwelt des Meisters gewährt. Gewiss wird die nun vorliegende 9. durchgesehene und korrigierte Auflage auch der heutigen Generation junger Schachspieler ein solides Fundament an die Hand geben, um die weitere Entwicklung zur Meisterschaft anzugehen und abzuschließen.
260 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Der zweite Band der beliebten, längst als klassisch geltenden Euwe/Meiden-Trilogie liegt nun in der 10. Auflage vor. Anhand von 25 ausführlich erläuterten Partien zwischen unbekannten Kontrahenten, lediglich spezifiziert als Meister und Amateur, geben die Autoren eine grundlegende Einweisung zur Führung einer Schachpartie. Einzig fundamentale Vorkenntnisse von gängigen taktischen Motiven werden vorausgesetzt. Jeder Partie ist eine Einführung vorangestellt, die eine Zusammenfassung der dort auftretenden, thematisch relevanten Aspekte liefert. In den Partien selbst werden vorrangig die charakteristischen, in allen Phasen auftauchenden Fehler des Amateurs und deren Ausnutzung durch den Meister diskutiert. Häufig beruhen diese Fehler auf einem mangelhaften Verständnis strategischer Zusammenhänge, aber auch auf taktischen Unzulänglichkeiten oder unzureichenden eröffnungstheoretischen Kenntnissen. Bei den letzteren stehen die unveränderten allgemeinen Prinzipien der Eröffnung im Blickfeld und nicht etwa ständig wechselnde Modeströmungen.
Dieses wegweisende Lehrbuch des Schachspiels richtet sich an fortgeschrittene Anfänger und Vereinsspieler, die noch keine Meisterstärke erlangt haben, aber durch die Aneignung meisterhafter Denkweisen und Spielstrategien den Grundstein für eigene Fortschritte legen wollen. Eine graduelle Steigerung dieser Zielsetzung wird in den beiden Nachfolgebänden der Trilogie realisiert. Die didaktisch gelungene Umsetzung, insbesondere die Ausgewogenheit von leicht verständlichen Textkommentaren und analysierten Varianten ist sicher dafür verantwortlich, dass dieses instruktive Werk über Generationen eine umfängliche Leserschaft angezogen und begeistert hat.
212 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
In seinem Grundlagenwerk, das mit gutem Recht als Klassiker bezeichnet werden darf, führt uns der Autor die Vielfältigkeit des Themas Verteidigung vor Augen. Zunächst wirft er einen genaueren Blick auf deren Unterformen wie z.B. die passive Verteidigung im Kontrast zur aktiven Version. Sodann weckt er des Lesers Neugier herauszufinden, was sich hinter der automatischen Verteidigung verbergen mag - der wissenschaftlichen – oder gar der philosophischen.
Auch untersucht er den interessanten Aspekt, inwiefern die Belange der Verteidigung bei großen Meistern der Vergangenheit wie beispielsweise Wilhelm Steinitz, Siegbert Tarrasch und Emanuel Lasker stilprägend waren.
Und für die gründliche Kommentierung der zahlreichen Beispiele aus Meisterpartien werden eigens neue Begriffe geprägt – z.B. Leukopenie und Melanpenie für eine weißfeldrige bzw. schwarzfeldrige Schwächung ganzer Felderkomplexe. Oder es werden Begriffe verwandt, die eigentlich gar nicht in der Schachsprache zu Hause sind, wenn z.B. veranschaulicht werden soll, worin der Unterschied besteht, ob eine Bauernschwäche gedeckt – oder betreut wird.
Alles in allem ein Lesegenuss aus einer Zeit, in der es einem Autor nicht allein um die schachlichen Inhalte ging, sondern in der ihm auch deren sprachliche Darbietung am Herzen lag.
172 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Jörg Palitzsch im Oktober 2018
„Die Kunst der Verteidigung“ war das erste Buch des österreichischen Schachmeisters und Schachjournalisten Hans Kmoch, es ist 1927 erschienen. Im Joachim Beyer Verlag liegt jetzt die sechste Auflage vor. Das Buch hält für den Schachspieler auch heute noch viele An- und Einsichten als Grundlagen bereit, die helfen können, einen Spielverlauf in der Phase der Verteidigung positiv zu beeinflussen.
Kmoch vertrat im Erscheinungsjahr 1927 sein Land bei der Schacholympiade. Als Schachprofi war er immer auch für Zeitungen tätig. So berichtete er für Publikationen auf der ganzen Welt über die internationale Schachszene. 1933 erschien sein Buch „Rubinstein gewinnt“, ein Jahr zuvor war er mit seiner jüdischen Frau zunächst in die Niederlande übergesiedelt. Danach führte ihn sein Weg nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA, wo er 1973 in New York starb.
Hans Kmoch hat sich tiefschürfende Gedanken über die Verteidigung gemacht, die dem Buch auf neun Seiten vorangestellt sind. „Als Beweggrund der menschlichen Handlungen lässt sich viel häufiger die Verteidigung als der Angriff feststellen, immer wieder deshalb, weil die Verteidigung aus Zwang, der Angriff aus Freiwilligkeit entspringt.“ Würde Kmoch heute leben, würde er der Freiwilligkeit beim Angriff vielleicht noch die Bosheit hinzufügen.
Anders beim Schachspiel: Kmoch schreibt, dass die meisten Schachspieler für den Angriff schwärmen und dies sei auch leicht zu erklären. Ein Mensch, der in seinem Leben vielleicht nur selten einmal wirklich etwas wagen dürfe, könne auf dem Schachbrett ein wütender Angreifer werden und seine Angriffslust hemmungslos austoben. Daher komme es, dass die Verteidigung im Schachkampf vernachlässigt wird und in der Entwicklung zurückgeblieben ist.
Mit einer ganzen Reihe von bekannten Namen, darunter Partien von Steinitz, Tarrasch und Lasker, bringt Kmoch dem Leser das Thema Verteidigung näher. Dies geht bis zur wissenschaftlichen Betrachtungen, wo Begriffe wie „Schein-offene-Linie“, „Verwaisung“ und „Widder“ erklärt werden.
Fazit: Hans Kmochs Buch ist kein Lehrbuch im klassischen Sinne. Wer sich für Schachhistorie interessiert, kann vieles entdecken. Die etwas antiquierte Sprache ist dabei überhaupt kein Hindernis, sondern macht einen besonderen Reiz aus.
Strategie
und Taktik im Schachspiel
Der Angriff,
das aktive Vorgehen gegen ein bestimmtes Ziel, und die Verteidigung, die die
Abwehr eines Angriffs vorsieht, sind fundamentale Elemente der Spielführung im
Schach, die sich gegenseitig bedingen.
Dieses Buch
stellt zunächst die verschiedenen Waffen des Angreifers vor und die kritischen
Stellungsmerkmale, die es vorab zu erkennen und zu beurteilen gilt, will man
einen Angriff positionsgerecht einleiten.
Auf dieser
Grundlage werden der strategische Aufbau und die Methoden der taktischen
Realisierung des Angriffs behandelt, dies stets anhand von didaktisch
ansprechenden und ausführlich kommentierten Partien.
Ein
abschließender Exkurs widmet sich den Möglichkeiten und Techniken der
erfolgreichen Verteidigung, die häufig auf der Nutzung verborgener Ressourcen
beruht.
Dieser vom
Verfasser so genannte „Lehrgang des Sehens“ vermittelt dem aufstrebenden
Spieler die wesentlichen strategischen und taktischen Grundlagen, um im
Wechselspiel von Angriff und Verteidigung stellungsgemäß vorzugehen und damit
sein Spiel erfolgreich zu gestalten.
Der
Österreicher Hans Müller (1896 - 1971) war beruflich ein Multitalent,
dazu ein hervorragender Sportler in diversen Disziplinen (Florettfechten,
Tennis, Skisport). Seine vielseitigen Interessen hinderten ihn allerdings
daran, sich ausschließlich dem Schach zu widmen, so blieb der 1950 verliehene
IM-Titel die höchste Stufe auf seiner Erfolgsleiter.
Seine größten
Turniererfolge fielen in den Zeitraum 1933 bis 1944, einen späten Turniersieg
konnte er noch 1954 feiern.
Zudem war er
sehr erfolgreich im Fernschach sowie als Simultanspieler, und er besaß einen
ausgezeichneten Ruf als Theoretiker ?
Seine große
Eröffnungskartothek hat er über Jahrzehnte aktuell gehalten. Beachtlichen Fleiß
zeigte er überdies als Autor, zwischen 1928 und 1970 erschienen 15 Schachbücher
aus seiner Feder, weitere Broschüren nicht einbezogen. Angriff und
Verteidigung (Erstauflage 1960) ist seinem Spätwerk zuzurechnen.
226 Seiten,
kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension
Seit mehr als
fünf Jahrzehnten behauptet sich das Werk „Angriff und Verteidigung“
(Untertitel: Strategie und Taktik im Schachspiel) in der Welt der
Schachliteratur.
Seine
Erstausgabe datiert aus dem Jahr 1960, nunmehr ist die 5. Auflage
herausgekommen. Diese ist gegenüber der 4. Auflage aus 2006 unverändert
geblieben, während jene rein sprachlich von Dr. Ralf Binnewirtz an die
Ausdrucksweise unserer Zeit angepasst worden war.
Uwe Bekemann im August 2015
Erschienen
ist die neue Ausgabe als Imprint des Schachverlags Ullrich im Joachim Beyer
Verlag.
„Angriff und
Verteidigung“ richtet sich besonders an den Spieler, der noch keine erhebliche
Spielstärke im Schach aufgebaut hat. So möchte ich den Adressatenkreis in
erster Linie in der Spanne vom gesichert Regelkundigen bis irgendwo in ein
mäßiges Klubniveau hinein verorten. Für die sich hier einordnenden Spieler ist
das Werk eine sehr systematische gestaltete Quelle, um sich grundlegende
Kenntnisse zur Angriffsführung wie auch zur Verteidigung anzueignen, und ein
Hilfsmittel, um deren Einsatz in der eigenen Partie zu erlernen. Für stärkere
Spieler kann das Buch eine gute Trainingsgrundlage sein.
Mit rund 180
Seiten liegt der thematische Schwerpunkt eindeutig beim Angriffsspiel, während
sich Müller der Verteidigung auf etwas mehr als 30 Seiten widmet.
Was man sich
unter den Inhalten des Werkes vorzustellen hat, wird sehr konkret über das
Inhaltsverzeichnis deutlich. Aus Platzgründen kann ich es in dieser Besprechung
allerdings nicht vollständig aufnehmen. Ich reduziere die Einträge angemessen
und zeige Stellen der Auslassung mit „(…)“ an.
Vorbemerkung
Vom
Wesen des Angriffs Strategie des Königsangriffs
Sonstige
Ratschläge für den Angreifer
Wann
ist der König gefährdet?
Die
Waffen des Angreifers
Die
Drohung
Das
Opfer
Die
Kombination
Von
der Stellungskontrolle zur Kombination
Zur
Psychologie des Angreifers
Ist
die Angriffstechnik erlernbar?
Felderschwächen
Wie entstehen
Felderschwächen
Wie werden
Felderschwächen
ausgenutzt?
Der
Vertikalangriff
Der
aufgerissene Königsflügel
Ungeschwächter
Königsflügel
Opfer
auf h7
Opfer
auf f7
Wie
ein Angriff entsteht
Der
positioneile Königsangriff
Bauernstellung
und Angriffsplan
Die
Gefahren der Passivität
Die
Verteidigung
Unzureichende
Verteidigung Zweckmäßige Verteidigung
Ich
finde, dass eine Passage aus dem Rückentext sehr anschaulich beschreibt, was
„Angriff und Verteidigung“ leistet.
Zitat:
„Dieser vom
Verfasser so genannte "Lehrgang des Sehens" vermittelt dem
aufstrebenden Spieler die wesentlichen strategischen und taktischen Grundlagen,
um im Wechselspiel von Angriff und Verteidigung stellungsgemäß vorzugehen und
damit sein Spiel erfolgreich zu gestalten.“ Der 1971 verstorbene Autor Hans
Müller war ein österreichischer Schachspieler, der den IM-Titel besaß.
Einen
besonderen Namen aber hat er sich als Schachbuchautor gemacht. „Angriff und
Verteidigung“ zählt neben „Botwinnik lehrt Schach“ zu seinen bekanntesten
Arbeiten. Das Alter des diesem Buch zugrundeliegenden Manuskriptes spielt so
gut wie keine Rolle, von vielleicht wenigen Randaspekten abgesehen. Die Materie
ist weitgehend zeitlos. Ihre Beherrschung ist heute wie damals eine
unabdingbare Voraussetzung, um Erfolg im Schach zu haben.
Fazit:
Angriff und
Verteidigung ist auch in seiner 5. Auflage ein für den aufstrebenden Spieler
sehr wertvolles Buch zum – wie schon der Untertitel sagt – Erlernen und
Verstehen sehr wichtiger Elemente der Strategie und der Taktik im Schach.
64 Begriffe zur Schachstrategie – von A bis Z
Dieses Buch bietet jungen Schachspielerinnen und -spielern einen Einstieg zum Verständnis der wichtigsten strategischen Bausteine des königlichen Spiels. Dabei schlagen didaktisch sorgfältig ausgewählte und übersichtliche Beispiele und Aufgaben eine Brücke zwischen Theorie und Praxis. Insgesamt geht Großmeister Sebastian Bogner ganz neue Wege, um seinen Lesern selbst kompliziertere Lehrinhalte leicht verständlich zu vermitteln.
Sebastian Bogner (*1991 in Pforzheim) ist Schachgroßmeister, lizenzierter FIDE-Schachtrainer und Betriebswirt. Seine größten sportlichen Erfolge sind der Gewinn der deutschen Jugendmeisterschaft U10 (2001) und U16 (2007) sowie der Schweizer Meistertitel (2018). Seine bisher höchste Elo-Zahl ist 2619. Seit 2013 spielt er für die schweizerische Nationalmannschaft und arbeitet als selbstständiger Schachtrainer in Zürich.
188 Seiten, kartoniert, Farbdruck, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Jörg Palitzsch im April 2021
Kleines Lexikon der Schachstrategie
Das Design des Frontcovers täuscht. Die Buchstaben des Titels sehen ein wenig nach Kartoffeldruck aus, vielleicht, weil sich das Buch an junge Schachspielerinnen und Schachspieler richtet. Der Autor, der 1991 in Pforzheim geborene Großmeister Sebastian Bogner, findet in allen Beispielen in seinem „Kleinen Lexikon der Schachstrategie“ immer den richtigen Ton. Er bietet in alphabetischer Reihenfolge – von Abwartezug bis Zwischenzug – grundlegende Spielbeispiele, die zum Wissensfundus eines jeden Spielers zählen sollten.
Es sind oftmals nicht ganz einfache Aufgaben wie etwa die Lucena-Stellung, eine elementare Situation im Turmendspiel bei der man mit Hilfe des „Brückenbaus“ die Partie gewinnt, oder das Qualitätsopfer, mit dem man bewusst einen Turm gegen eine Leichtfigur tauscht, um für sich einen zusätzlichen Vorteil zu erhalten. Die Aufgaben, jeweils auf der linken Buchseite, werden anhand von farbigen Diagrammen gestellt. Am unteren rechten Eck des Schachbretts ist entweder ein kleiner weißer oder schwarzer Punkt, der vorgibt, mit welcher Farbe man ziehen muss. Ebenso sind die Aufgaben durch Farben als unterschiedliche schwer gekennzeichnet. Blau sind leichte Aufgaben, Gelb mittelschwere und Rot schwere. Ergänzend dazu, und damit stellt der Großmeister den Novizen eine weitere Hilfe zur Verfügung, gibt er Hinweise zur Problemlösung. Bei der Lucena-Stellung heißt es: „Die Brücke wird immer mit dem Turm über die 4. und 5. Reihe gebildet, damit der Bauer umgewandelt werden kann.“ Auf der gegenüberliegenden Seite gibt es auf Diagrammen weiterführende Aufgaben, die das Problem aufgreifen und nach einer Lösung verlangen. So wird, um beim Beispiel der Lucena-Stellung zu bleiben, ein Gewinnplan von Weiß eingefordert und auch die Frage, wie man mit Weiß eine Gewinnstellung herbeiführen kann muss beantwortet werden.Dazu gibt es, ganz praktisch, neben dem Diagramm genügend Platz, um die Antworten aufzuschreiben – oder sich Notizen zu machen. Dies alles dient der Vertiefung, natürlich darf ein umfangreicher Lösungsteil nicht fehlen.
Fazit: Das Lexikon macht schon allein durch die bunte Aufmachung Lust, sich mit den Aufgaben zu beschäftigen. Gerne schaut man den jüngeren Spielern deshalb beim Aufgaben lösen über die Schultern.
Der Kubaner José Raúl Capablanca (1888 – 1942) war
zweifellos eines der größten Naturtalente in der Geschichte des Schachspiels.
Die Sicherheit seines Stils war so verblüffend und geradezu übermenschlich,
dass er auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn von begeisterten Zeitgenossen als
„Schachmaschine" bezeichnet wurde.
1921 errang er durch seinen Sieg über Emanuel Lasker die
Weltmeisterschaft und schrieb im gleichen Jahr das vorliegende Buch (unter dem
Originaltitel 'Fundamentos del Ajedrez'). Ein wahrhaftiges Grundlagenwerk,
welches in fast 100 Jahren noch nichts von seiner Bedeutung eingebüßt hat und
auf das wohl – und ohne jede Übertreibung – die Bezeichnung 'von zeitlosem
Wert' zutrifft.
Hier nur eine kleine Kostprobe:
„Ein Schachspieler muss alle Züge zu verhindern wissen, die
zu einer Schwächung seiner Stellung führen können. Auch sollte er stets danach
streben, dem Gegner durch einen überraschenden Angriff die Initiative zu
entreißen. Die Fähigkeit, sich schnell eine gute Übersicht zu verschaffen und
dabei alle Details und Entwicklungsmöglichkeiten zu erkennen – sowie eine stark
ausgeprägte Fantasie bilden die grundlegenden Voraussetzungen für erfolgreiches
Spiel."
„Der Schachspieler muss alle Züge zu verhindern wissen, die
zu einer Schwächung seiner Position führen können und stets bestrebt sein,
durch überraschenden Angriff dem Gegner die Initiative zu nehmen. Schneller
Überblick, klare Erkenntnis der Einzelheiten und Entwicklungsmöglichkeiten
sowie eine starke Fantasie sind die grundlegenden Voraussetzungen für ein
erfolgreiches Spiel."
José Raúl Capablanca 146 Seiten, kartnoniert, Joachim Beyer
Verlag
Rezension von Jörg Palitzsch im August 2019
„Die meisten Schachspieler verlieren nicht gern und halten
den Verlust für etwas Beschämendes.
Das ist eine falsche Ansicht. Wer nach Vervollständigung
trachtet, muss seine verlorenen Partien genau unter die Lupe nehmen und aus
ihnen lernen, was künftig zu vermeiden ist.
“ José RaúlCapablanca, Schachweltmeister aus Kuba von 1921
bis 1927, hat viele kluge Dinge gesagt, in seinem Buch „Grundzüge der
Schachstrategie“ kann man die Denkweise eines perfekten Strategen durchdringen.
Und Strategie ist dringend nötig. Denn wer in einer Partie immer nur von Zug zu
Zug denkt, kann zwar taktische Drohungen abwehren oder selbst Drohungen
aufstellen. Er verliert nicht so schnell Material, aber damit ist er noch
keinen Schritt näher an seinem Ziel, dem Partiegewinn. Das gilt vor allem, wenn
man einem Spieler gegenübersitzt, der nach der Beurteilung der eigenen Stellung
einen strategischen Kampfplan aufstellt und dabei auch die taktischen Dinge auf
dem Brett berücksichtigt.
Capablanca gibt in seinem Grundlagenwerk mehr als allgemeine
Hinweise. Er zeichnet Problemlösungen auf, die von einfachen Mattführungen über
Gewinnwege im Mittelspiel bis hin zu ausgefuchsten Strategien im Endspiel
reichen.
Capablanca rät etwa, von Anfang an die Initiative zu
übernehmen, Drohungen nur aufzubauen, wenn es wirklich etwas zu holen gibt,
warnt aber auch vor sicheren Stellungen.
„Unbesiegbarkeit gibt es im Leben wie im Schachspiel nicht.
Auch unser Tagewerk ist ein dauernder Kampf gegen Irrtum und Fehler“, so der
Weltmeister, der 1942 gestorben ist. Bemerkenswert an dem Buch ist, dass auch
eine ganze Reihe von Verlustpartien Capablancas, der den Beinamen
„Schachmaschine“ trug, aufgeführt sind.
In den Kommentaren dazu kommt eine Selbstkritik zum
Vorschein, die vielen Schachspielern fremd ist. Vielleicht war José Raúl
Capablanca auch deshalb so erfolgreich. Mit wenigen Mitteln, aber ausgefeilter
Strategie, den Gegner zu schlagen.
Seine Bilanz belegt dies: Von 1914 bis 1927 verlor er nur
fünf Turnierpartien, von 578 ernsten Partien nur 35. Fazit: Capablancas Buch
„Grundzüge der Schachstrategie“ ist 1927 erstmals in deutscher Sprache
erschienen und hat an seinem Reiz nichts verloren.
Für die eigene Spielstärke kann man einen großen Nutzen
daraus ziehen.
Rezension von Gerald Berghöfer
Dass ein Schachweltmeister, der in seiner Karriere nur 35
Partien verlor, sein Wissen weitergibt, ist schon eine besondere Sache!
Worauf legte er Wert, wie fühlte und dachte er, dass er gar
als unbezwingbare “Schachmaschine“ galt?
Er war nicht nur gut, sondern auch extrem schnell - wie
konnte er in Sekunden die Besonderheiten der Stellung besser erfassen als
andere Meister mit langer Nachdenkzeit? Zweifellos musste hier eine besondere
Denkweise dahinterstecken.
Das Werk des kubanischen Weltmeisters von 1921-1927 wurde
1927 veröffentlicht und zeigt seine Herangehensweise ans Schach und seine
Strategien. Vor dem ursprünglichen Buch wurden auf ein paar Seiten Capablancas
allgemeine Bemerkungen aus dem im deutschen Sprachraum wenig bekannt gewordenen
“A Primer of Chess“ von 1935 hinzugefügt. Zweifellos hatte inzwischen selbst
der große Capablanca durch seine Niederlage gegen den gut vorbereiteten
Aljechin noch einmal dazugelernt, doch gab ihm der neuen Weltmeister leider nie
die Chance auf einen Retourkampf.
Capablanca galt weiterhin als bester Spiele und seine Siege
in den gut besetzten Turnieren zeigen, wie bedeutend seine Aussagen sind.
Capablanca betont, dass Eröffnungsbücher erst für den Meister von Nutzen sind
und er selbst, im Gegensatz zu Tarrasch, sie nicht für das Training benutzte,
sondern im Gegenteil zahlreiche Fehler darin entdeckte und “was weit wichtiger
war, auch sehr ernste strategische Fehleinschätzungen, die sich als tödlich in
einer Partie mit einem erstklassigen Meister erweisen mochten.“ Problemlösen
(vor allem von partiewahrscheinlichen Stellungen) hält er als gute Übung für
die Vorstellungskraft und für noch wichtiger hält er das Lösen von Endspielen,
weil sie eher praxisnah sind und die Genauigkeit fördern - einer wertvollen
Eigenschaft für jeden Schachspieler.
Das Studieren der Endspiele hielt er auch deswegen für
vorrangig, da Mittelspiel und Eröffnung seiner Meinung nach in Bezug auf das
Endspiel studiert werden sollten. Durch diesen Lehrsatz zeigt sich bereits,
warum Capablanca so schnell die Stellung erfassen konnte. Er beherrschte die
Endspiele und erkannte rasch, welche Züge eine Schwächung seiner Position
ergeben würden, wobei er vor allem bedachte, wie eine Abwicklung ins Endspiel
aussehen würde. Die schnelle Auffassungsgabe erinnert an Morphy, wobei dieser
aber nicht die Wandlung in vorteilhafte Endspiele, sondern in vorteilhafte
Angriffstellungen im Auge hatte.
Schon die Gliederung von Grundzüge der Schachstrategie zeigt
eindrucksvoll die neue Prioritätensetzung des damaligen Weltmeisters:
Einführende Betrachtungen über Endspiele, Mittelspiele und Eröffnungen Weitere
Richtlinien für das Endspiel Einige Gewinnwege im Mittelspiel Grundzüge der
allgemeinen Schachstrategie Strategie des Endspieles. Weiteres über Eröffnungen
und Mittelspiel Ausgewählte Partien Capablanca lehrt also zuerst Regeln,
wichtige Grundsätze und Techniken für Endspiel, Mittelspiel und Eröffnung,
sodann genauere Richtlinien, wiederum mit dem Endspiel beginnend, und erst dann
geht er ins höhere Schach über - die allgemeine Strategie plus
Endspielstrategie, gefolgt von Bauernstellungen im Mittelspiel samt deren
Folgen für das Endspiel.
Selbst bei Angriffen dachte Capablanca an positionelle
Aspekte. Lehrreich ist seine Anmerkung zu seiner Partie gegen Blanco: “Damit
ist der eigentliche Angriff von Weiß aus (pariert); aber er hat zu einer
deutlichen Schwächung im schwarzen Spiel geführt. Der ganze Plan von Weiß
besteht nun darin, diese Schwäche auszunutzen.“ Die Partie erschien unter der
Überschrift “Die Bedeutung der Drohung“, wobei einleitend erklärt wurde:
“Bietet sich keine Gelegenheit zu einem direkten Mattangriff, so muss man versuchen,
jede Schwäche im feindlichen Lager zu vergrößern, oder, wenn noch keine
vorhanden ist, solche zu schaffen. Eine Drohung bedeutet stets einen Vorteil;
aber man soll die Drohung nur dann wirklich ausführen, wenn auch etwas dabei zu
holen ist.“ Capablanca bietet in jedem Kapitel eine Weisheit nach der anderen
und durch die anschaulich kommentierten Beispiele verbessert sich der
ambitioniert Lernende Schritt für Schritt bis zum Meister.
Dabei ist das Lehrbuch Capablancas dünner als die dickeren
Wälzer von Lasker (den Capablanca auch sehr schätzte) oder Tarrasch, wodurch
der Anreiz des Lernens verstärkt wird.
Für Einsteiger ist die Kenntnis der Schachnotation
Voraussetzung für das Nachvollziehen des Inhalts.
Fazit:
Eine Perle unter den Schachbüchern! Der Einsteiger, und noch
mehr der Fortgeschrittene, der sich für eine Spielweise mit Bedacht aufs
Endspiel entscheiden möchte, bekommt von der fast unschlagbaren
“Schachmaschine“ eine klar durchdachte Anleitung, die dem ambitioniert
Studierenden zur Meisterschaft in dieser Spielweise verhelfen kann.
Edmar Mednis (1937-2002) war ein US-amerikanischer Großmeister lettischer Herkunft, der sich als Autor zahlreicher tiefgreifender Schachbücher sowie als Kolumnist in „Chess Life“ mit ungezählten Beiträgen einen Namen gemacht hat und zudem als ausgewiesener Experte im Endspiel galt.
Das vorliegende Werk, erstmals 1991 unter dem Titel „How to be a complete tournament player“ publiziert, wendet sich an den noch unfertigen Turnierspieler, der sein schachliches Niveau durch ein effektives und zielgerichtetes Training verbessern möchte und Fortschritte durch eine sorgfältige Vor- und Nachbereitung (Analyse) der Partien anstrebt. Das Buch kann daher als Trainingsleitfaden dienen, der dem Leser mit vielen konkreten Ratschlägen den Weg zum Erfolg aufzeigt. Selbstredend gehört hierzu die Auswahl und Erweiterung eines auf den Spieler abgestimmten Eröffnungsrepertoires, wobei der Autor z.B. auch den wirkungsvollen Einsatz von verfeinerten Zugumstellungen diskutiert. Die Möglichkeiten der spezifischen Vorbereitung auf Partie und Gegner, das turniertaktische Verhalten am Brett, die Vermeidung unrealistischer Ziele, das Vorgehen bei Zeitnot oder bei einer (heutzutage seltenen) Vertagung der Partie sind wesentliche Inhalte des Buchs. Die nun erschienene vierte Auflage wurde leicht überarbeitet und hinsichtlich der Literaturempfehlungen aktualisiert. Die technische Revolution durch den Computer, die auch das Schach längst tiefgreifend verändert hat, wurde durch entsprechende Anmerkungen und Hinweise berücksichtigt, so dass das Buch auch für den heutigen Turnierspieler eine Quelle hilfreicher Informationen und Anregungen darstellt.
124 Seiten, gebunden, Verlag Joachim Beyer
7,95 €*
12,80 €*(37.89% gespart)
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