Konikowski, Bekemann & Müller: Schach-WM 2021 - Jan Nepomnjaschtschi gegen Magnus Carlsen
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Produktinformationen "Konikowski, Bekemann & Müller: Schach-WM 2021 - Jan Nepomnjaschtschi gegen Magnus Carlsen"
170 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag
Rezension von Christian Koschetzki im April 2022
Wer kennt Sie nicht – die spannenden WM-Kämpfe der 80er und 90er Jahre zwischen Kasparow und Karpow? Oder auch die fachlich hochwertige Sendereihe von Dr. Helmut Pfleger mit eingehenden Analysen sowie die von ihm geschriebenen WM-Bücher?
Nicht nur darauf zurückblickend, sondern auch unter dem neuen Aspekt des Online-Schachs, haben viele Schachfreunde wohl auch wieder den letzten Weltmeisterschafts-Kampf herbeigesehnt, zumal dem russischen Herausforderer Jan Nepomnjaschtschi speziell aufgrund seiner taktischen Stärke gute Chancen eingeräumt wurden.
Er hatte sich die Herausforderung zu Recht verdient und es wurde spekuliert, ob er es schaffen würde, den amtierenden Weltmeister, mit dem er seit fast 2 Jahrzehnten bestens bekannt ist, zu besiegen. Leider waren bereits die Ereignisse in der 6. Partie entscheidend, denn die Auswirkungen von deren Verlauf führten in der Folge zu einem frühen Ende – und schon nach der 11. Partie zu einem mühelosen Sieg des alten und neuen Weltmeisters Magnus Carlsen.
Das Buch Schach-WM 2021 von Jerzy Konikowski und Uwe Bekemann unter Mitarbeit von Dr. Karsten Müller (erschienen in der 1. Auflage im Dezember 2021) enthält auf 170 Seiten (mit einer Fülle von Diagrammen) neben den elf gespielten und kommentierten Partien eine Vielzahl von zusätzlichen Informationen und Details.
So gibt es eine historische Einleitung, die einen Überblick über die rund 135-jährige Schachgeschichte von 1886 bis in die Jetztzeit gewährt – vom 1. Weltmeister Wilhelm Steinitz bis zum aktuell 16. Weltmeister Magnus Carlsen.
Auf den folgenden Seiten werden die beiden Kontrahenten in einem auf biografischen Beschreibungen beruhenden Kurz-Portrait vorgestellt – sowie anhand von jeweils fünf Partien, so dass der Leser einen gelungenen Einstieg im Hinblick auf die WM-Partien erhält. In der Folge gehen die Autoren auch auf die zurückliegenden Duelle beider Spieler und ihre Endspielfähigkeiten ein.
Besonders interessant fand ich das 3. Kapitel, das dem Leser die Möglichkeit bietet, anhand von 24 taktischen Stellungen aus den Partien der WM-Protagonisten die eigenen taktischen Fähigkeiten einzustufen.
Somit bietet das Buch dem Leser neben den reinen WM-Ereignissen auch Spaß und Unterhaltung.
Die Autoren scheuen nicht vor dem ausdrücklichen Hinweis zurück, dass konstruktive Kritik erwünscht ist.
Als weiteres Highlight folgt im vierten Kapitel „Prognosen vor dem Kampf“ ein Interview mit Dr. Karsten Müller, in dem er über die Chancen der beiden Kontrahenten Auskunft gibt. Anhand von ausgewählten Endspielen (jeweils fünf von jedem der beiden WM-Kämpfer) erhält der Leser vom weltbesten Endspielexperten fundierte Einblicke in diesen Spielabschnitt.
Weitere Interviews mit dem renommierten rumänischen Großmeister Mihail Marin und dem Präsidenten des Deutschen Schachbundes, Ullrich Krause, runden diesen Teil des Buches ab.
In Kapitel 5 werden die elf WM-Partien analysiert und kommentiert.
Das Buch Schach-WM 2021 ist auch neben der Hauptthematik sehr gut strukturiert. Mittels vieler Zugaben – wie z.B. taktische Aufgaben und Endspielwissen – wird dem Leser viel mehr geboten als nur die Ereignisse rund um die WM. Von daher ist es eine lohnenswerte Lektüre.
Rezension von Christian Hoethe im Februar 2022
Der Weltmeisterschaftskampf zwischen Titelverteidiger Magnus Carlsen und Jan Nepomnjaschtschi ("Nepo") Ende des Jahres 2021 war der sehnlichst erwartete schachliche Höhepunkt für die Millionen Anhänger des königlichen Spiels. Da die Pandemie täglich neue Negativ-Rekorde hinsichtlich Infektionszahlen und Inzidenzen verzeichnete, waren die eigenen Möglichkeiten zur schachliche Partizipation bei Turnieren auf ein Minimum reduziert. Umso sehr freute man sich auf ein spannendes und enges Match um die höchste Krone sowie auf intensive mediale Berichterstattung, um dem trüben Dauergrau des Winter zumindest temporär zu trotzen.
Das neue Buch von Jerzy Konikowski, Uwe Bekemann und Karsten Müller blickt nun zurück auf diesen schachhistorisch in mehrfacher Hinsicht einzigartigen Weltmeisterschafts-Kampf. Es beschränkt sich dabei jedoch nicht nur auf Fotos und die reine Analyse der gespielten Partien oder die schachlichen Interna abseits des Schachbrettes rund um die Weltmeisterschaft.
So befasst sich die Einleitung beispielsweise kurz und prägnant mit allen 15 Weltmeistern vor Carlsen und beschreibt dabei auch Nepos Weg vom Kandidatenturnier zum Herausforderer des Weltmeisters und den jeweiligen Chancen zum Titelgewinn bzw. der -verteidigung.
Im ersten Kapitel werden die Protagonisten dann anhand fünf aktueller Gewinnpartien portraitiert, was mir sehr gut gefallen hat. Hier zeichnen die Autoren ein konkreteres Bild von Nepo und seiner aggressiven Spielweise, den die meisten Schachspieler vor dem Kandidatenturnier wohl nur vage als einen regulären Top 10-Spieler kannten, wohingegen die Partien des Weltmeisters dem Schachkenner naturgemäß geläufiger sind. Dass Nepo dabei in den direkten klassischen Begegnungen mit Carlsen bisher knapp die Nase vorne hatte, verlieh ihm die Aura des Underdogs, der durchaus für eine Überraschung gut sein konnte.
Das zweite Kapitel befasst sich dann mit den vorangegangenen Duellen von Carlsen und Nepo. Dieses Kapitel war für mich, gerade nach dem Ende des WM-Kampfes, besonders interessant. Hier sieht man einen Herausforderer, der zu jeder Zeit ungezügelt aggressiv auf Carlsen zugeht und sich und seinem Spielstil unbeeindruckt treu bliebt.
Im dritten Kapitel kann man sich im Lösen von Kombinationen aus dem Schaffen von Carlsen und Nepo versuchen. Die 24 Aufgaben vermitteln einen recht guten Eindruck der kombinatorischen Fähigkeiten beider Spieler und sind teilweise spektakulär, relativ wenig bekannt und nach meinem Empfinden gut ausgewählt - jedenfalls machen sie durchaus Spaß!
Im vierte Kapitel finden sich dann Interviews mit den Großmeistern Karsten Müller und Mihail Marin sowie dem Präsidenten des Deutschen Schachbundes und Fide-Meister Ullrich Krause zu den Stärken und Schwächen und damit den Chancen beider Spieler. Großmeister Müller befasst sich erwartungsgemäß intensiv mit den Endspielfähigkeiten beider Spieler, wobei mich besonders die Partien Kramnik-Carlsen, Wijk aan Zee 2011 und Carlsen-Caruana, Bilbao 2012 beeindruckt haben. Die Evaluierungen von Großmeister Marin sind gewohnt ausführlich, präzise und gut fundiert. Sein Vergleich von Carlsen mit Fischer ist zweifellos zutreffend, wie viele von Carlsens Gegner mehrfach bestätigt haben. Interessant ist auch seine Feststellung zu Nepos typischer Spielweise in ausgeglichenen Stellungen. Ullrich Krause gibt eine absolut zutreffende Prognose des WM-Matches ab und den von ihm gewünschten Veränderungen in der Schachwelt kann ich nur uneingeschränkt zustimmen!
Das fünfte Kapitel beinhaltet das Herzstück des Buches - die elf kommentierten Partien des WM-Kampfes zwischen Carlsen und Nepo! Hier leben kritische Stellungen neu auf, Fragen zur Eröffnungswahl und -vorbereitung werden fachkundig beantwortet und Endspiele werden fundiert kommentiert, besonders natürlich Carlsens magisch geführtes Rekord-Endspiel über 136 Züge der 6. Partie.
Natürlich gibt es auch spannende Fragen, die die Autoren dieses Buches leider nicht beantworten können, als da wären:
Warum war Nepo kaum vom Spanier wegzubekommen, der ihm nicht auch nur eine einzige realistische Vorteilschance ermöglichte?
Weshalb wechselte ein aggressiver Spieler wie Nepo von seinen Hauptwaffen Sizilianisch Najdorf und Französisch zur ultrasoliden russischen Verteidigung bzw. vom Grünfeld-Inder zum orthodoxen Damengambit gegen Katalanisch?
War diese Spielweise eine Idee seiner Sekundanten oder gar seine eigene?
Aljechin, Spassky und Kasparov mussten im Verlauf ihrer Weltmeisterschaften gegen Capablanca, Petrosjan bzw. Karpow ihre jugendliche Aggressivität auch erst einmal zugunsten einer solideren Spielweise anpassen, um im Match Fuß zu fassen.
Erklären die ungewohnten Mittelspielstellungen seine ungewohnt hohe Fehlerquote und die teils ungewöhnlichen Fehler? Ein Fehler wie 21. ...b5? in der russischen Verteidigung der 8. Partie ist auf WM-Niveau arg selten, aber wann spielt Nepo auch schon einmal Stellungen mit einem König auf f8? Solche Positionen liegen eher Karpow, wie in dessen Match gegen Kamski.
Das Auslassen von 15. b4! und der grobe Bock 27. c5?? in der 9. Partie sind auf GM-Level schon recht unerklärlich, so auch 23. g3?? in der elften und letzten Partie.
Ist der plötzliche Einbruch Nepos nach der 6. Partie wirklich im mentalen Bereich anzusiedeln, nachdem er die ersten fünf Partien so gut mitspielen konnte?
Sind Najdorf und Französisch in Wettkämpfen um die Weltmeisterschaft - wie es Fischer, Kortchnoi und Kasparow erfolgreich spielten - im Engine-Zeitalter nicht mehr praktikabel?
Antworten darauf können nur die Spieler selbst geben - vielleicht in einer eigenen Veröffentlichung ihrer Partien?
Insgesamt haben Konikowski, Bekemann und Müller ein gutes Buch über ein lang erwartetes Match abgeliefert, bei dem man sich des Eindruckes nicht erwehren kann, dass der Herausforderer deutlich unter seinen Möglichkeiten geblieben ist und damit reelle Chancen ausgelassen hat. Dass sich Weltmeister Magnus Carlsen weiterhin konstant auf seinem schachlichen Zenit befindet und ein unerreicht hohes Spielniveau demonstriert, hat diese ohnehin undankbare Aufgabe natürlich deutlich erschwert. Letztlich ist die Dominanz Carlsens auch nach dem Match, z.B. in Wijk aan Zee 2022, unbestreitbar und der Sieg Carlsens gegen Nepo wohl verdient.
Rezension von Jörg Palitzsch im Januar 2022
In diesem Buch gibt es gegen Ende ein Foto von Jan Nepomnjaschtschi, dem unterlegenen Herausforderer von Magnus Carlsen bei der Schach-WM im letzten Jahr in Dubai. Auf diesem Foto lächelt der 31-jährige aus Russland siegessicher in die Kamera – nur entspricht dieses Foto nicht der Realität. Der Großmeister konnte bei der WM Carlsen zwar in den ersten fünf Partien ein Remis abtrotzen, ging dann aber mit 7;5:3,5 Punkten gegen den Norweger unter wie ein Schiff. Das Buch über die Schach-WM 2021 zeichnet nicht nur den Kampf um die Schachkrone nach. Es bietet auf den ersten 100 Seiten Porträts und die Duelle der Kontrahenten, sowie Prognosen in Form von Interviews mit den Großmeistern Karsten Müller (der am Buch mitgearbeitet hat) und Mihail Marin, ergänzt durch Ullrich Krause, Präsident des Deutschen Schachbundes. Alle drei räumten Carlsen mehr Chancen ein als Nepomnjaschtschi, was sich letztendlich auch bewahrheitete. Aufschlussreich auch, wie unterschiedlich der Weltmeister eingeschätzt wurde. Müller attestiert Carlsen ein tiefes Schachverständnis, dessen Gespür für Harmonie an das absolute Gehör von Ausnahmemusikern erinnere. Carlsen habe sich als weitsichtiger Stratege und rücksichtsloser Kämper durchgesetzt, so der Befund von Großmeister Marin, während Krause Carlsen als Top-Spieler mit den besten Nerven bezeichnet. Es sind erhellende Interviews, die zum Kern des Buches, dem Titelkampf mit seinen elf Partien hinführen, die ausführlich kommentiert werden. Zu jeder Partie gibt es eine Einleitung und eine Zusammenfassung. Dies ermöglicht es dem Leser, die Wettkämpfe einzuordnen und macht sie verständlich. Im Nachgang fällen die Autoren dann ein eindeutiges Bild. So sei Carlsen gut auf das Match vorberietet gewesen, nach einem langsamen Start sei er richtig in Fahrt gekommen. „Er bewies einmal mehr, dass er weiterhin keinen gleichwertigen Rivalen hat“, ist nachzulesen. Jan Nepomnjaschtschi habe sich weniger vorbereitet gezeigt und konnte die hohen Erwartungen, die man im Vorfeld in ihn gesetzt habe, nicht erfüllen – ein vernichtendes Urteil.
Fazit: Da Schach nicht die mediale Aufmerksamkeit wie etwa Fußball erfährt, gibt dieses gelungene WM-Buch Anlass genug, in einen Schach-Wettkampf mit allen Details einzutauchen. Nachvollziehbar und spannend aufgearbeitet.
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7. Januar 2022 14:46
Sehr zu empfehlen
Ein Buch wie ich es mag, einiges zum Lesen, Lösen und jede Menge Informationen.
1. März 2022 15:42
Magnus der Dampfhammer
Wie so oft wenn es drauf ankommt, macht Magnus den Dampfhammer und alles platt. Das ist das einzige Manko an diesem sonst guten Buch.