Vidmar: Goldene Schachzeiten

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Produktinformationen "Vidmar: Goldene Schachzeiten"

Vidmar: Goldene Schachzeiten

 

Mit Milan Vidmars Erinnerungen tauchen wir ein in ein längst vergangenes, „goldenes“ Zeitalter des Schachs, das den Leser noch heute in seinen Bann zieht. In seinen Schilderungen werden die alten Schachlegenden wieder lebendig, die die großen Turniere im Zeitraum 1900 bis 1940 dominiert haben und mit denen er sich am Brett so manchen Kampf geliefert hat. 35 Partien und Partiefragmente, meist mit eigener Beteiligung und von ihm selbst mit luziden Kommentaren versehen, sind eingebettet in Erzählungen, die die faszinierende Atmosphäre in den Turniersälen und Schachcafés jener Tage widerspiegeln. Es sind nostalgisch anmutende Memoiren, die aber keineswegs frei sind von kritischen Gedanken, etwa wenn Vidmar über Auswüchse und Entartungen des Spitzenschachs in der Nachkriegszeit sinniert. Seine Ausführungen sind von bemerkenswerter Weitsicht, und manche seiner Befürchtungen und Klagen haben bis heute ihre Berechtigung nicht verloren.

 

Dieses fesselnde Alterswerk Vidmars, ein gutes Jahr vor seinem Tod erschienen, ist ein unvergänglicher Klassiker der Schachliteratur und eine unverzichtbare Lektüre für den historisch interessierten Schachfreund. Zeitzeugen, die über die besagte versunkene Ära des Schachs authentisch berichten könnten, sind längst ausgestorben. Vidmar war einer der letzten, und er gehörte zu den Wenigen, die vorzüglich schreiben und dabei glänzend unterhalten konnten. Auch Sie sollten nicht zögern, sich in die „goldenen Schachzeiten“ entführen und verzaubern zu lassen!

 

280 Seiten, kartoniert, Joachim Beyer Verlag

 

 

 

 

 

Rezension von Uwe Bekemann im August 2016

 

Zur Vorbereitung dieser Rezension habe ich das Werk „Goldene Schachzeiten“ mit dem Untertitel „Erinnerungen“ von Milan Vidmar komplett durchgearbeitet. So ist es zu erklären, dass deren Abschluss etwas auf sich warten lassen hat, denn die jetzt aktuelle 4. Auflage ist bereits im fortgeschrittenen Jahr 2015 auf den Markt gekommen. Damit wird ein Klassiker im Joachim Beyer Verlag als Imprint des Schachverlags Ullrich wieder neu verfügbar.

 

Milan Vidmar, geboren 1885 und gestorben 1962, war nie Schachprofi, und doch zählte er in seinen besten Zeiten zur Weltspitze. Er hat mit den größten Meistern der Vergangenheit gerungen und ihnen oftmals auch die Grenzen aufgezeigt. Von Beruf war er Ingenieur der Elektrotechnik und dann auch Hochschullehrer. Geld verdient hat er auch als Autor, „Goldene Schachzeiten“ war sein letztes Buch.

 

Wer wie Vidmar über Jahre hinweg aktiv und intensiv ins Turniergeschehen eingebunden war, kann viel erzählen. Und genau das macht er in „Goldene Schachzeiten“. Er hat sehr viele Schachgrößen kennen gelernt, am und auch abseits des Brettes. Er berichtet von Freundschaften und persönlichen Abneigungen, von generösem Verhalten und unschicklichem Tun, von meisterhaften Einfällen bis groben Patzern – schlicht, er berichtet von allem.

 

Das Werk ist in neun Kapitel gegliedert. Das Inhaltsverzeichnis sieht diesbezüglich wie folgt aus:

 

1.       Nottingham 1936

 

2.       Ein gewaltiges Ringen um die Weltmeisterschaft

 

3.       Die Schachsirene

 

4.       Erinnerungen an S. Tarrasch

 

5.       Das Berufsschachmeisterproblem

 

6.       Die den großen Meistern tickende Uhr

 

7.       Das Fallenstellen in der großen Schachpartie

 

8.       Das Ende eines Weltmeistertraumes

 

9.       Ist das heutige hohe Schach krank?

 

Mehrere Kapitel bedürfen ein paar weiterer Worte, damit sich der Leser dieser Rezension etwas darunter vorstellen kann bzw. einen Anhalt findet, worum es darin geht.

 

Im 3. Kapitel geht es um Lockungen und Verführungen des Schachspiels. Es geht darin also nicht um die Sirene als technisches Gerät auf den Dächern des Landes, sondern um Sirengesänge nach mythologischem Vorbild.

 

Milan Vidmar zählte zu den Bewunderern Siegbert Tarraschs. Und doch hat er sich dessen Ungnade eingefangen, als er in einer für ihn gewonnenen Stellung ein Remisangebot des großen Lehrmeisters abgelehnt und ihn dann geschlagen hat. Die Erinnerungen des Autors sind ambivalent, aber nicht nachtragend.

 

Samuel Reshevsky – dessen Identität wird aber erst im Verlauf des 6. Kapitels gelüftet – schlug als angeblich erst Fünfjähriger alle Gegner, die ihm am Brett gegenüber Platz nahmen. Alle, nein, nicht alle, denn Vidmar machte dem Lauf ein Ende, ganz zur Enttäuschung des Kindes. Das Alter und dessen Auswirkungen auf die Spielstärke ist ein Kernpunkt aus den Erinnerungen Vidmars, die in diesem Kapitel dem Vergessen trotzen.

 

Die über dem 9.Kapitel thronende Frage, ob das heutige hohe Schach krank ist, ist aus der Sicht unserer Tage wie das Anschauen des Spielberg-Klassikers „Zurück in die Zukunft“. Vidmar konnte die Entwicklung des Schachspiels natürlich nicht vorausschauen, aber er haderte etwas mit Dingen, die heute nicht nur Realität, sondern auch völlig normal sind. Er sinniert über Bedenkzeitregeln, den „Unfug des Sekundantenwesens“, über das Fernschachspiel und einiges mehr.

 

Besonders haben mich seine Gedanken zum Fernschach interessiert. Im Ergebnis stellt er für sich fest, dass die Fernschachspieler kein besseres Schach als die Spieler am Brett spielen, sie diesen nicht wirklich ebenbürtig sind und das Fernschachspiel wichtige Fähigkeiten des Brettschachs, z.B. das Rechenvermögen mittels Vorstellungskraft, nicht abverlangt. Und er berichtet über seine eigenen Fernschach-Erfahrungen.

 

Man muss Vidmar nicht in allen Punkten zustimmen, aber man kann ihm nicht absprechen, an Nahtstellen von kontroversen Sichtweisen angesetzt zu haben.

 

Goldene Schachzeiten“ ist ein gelungenes Potpourri aus Berichten und Erzählungen und 35 kommentierten Partien und Partiefragmenten. Das Werk ist höchst unterhaltsam und vermittelt den Eindruck der allzeit authentischen Darstellung. Viel davon betrifft natürlich das Leben und das Wirken Milan Vidmars selbst, aber seine Ausführungen sind zugleich ein weit geöffnetes Fenster in vergangene (Schach-)Zeiten, die vielleicht goldener waren als heute, vielleicht aber auch nicht.

 

Fazit: „Goldene Schachzeiten“ ist ein Buch, das ich demjenigen wärmstens empfehlen kann, den auch die historische wie die nostalgische Seite des Schachspiels fasziniert. Milan Vidmar hat als Zeuge der Zeitgeschichte Wichtiges, Interessantes oder auch „nur“ Unterhaltsames für ihn zusammengetragen und nett, teilweise auch brillant in Worte gefasst.

 

 

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